Wie schon im letzten Jahr erhofft, wurde die Konzertreihe Schloss Classix nun fortgesetzt. In diesem Jahr stand sie ganz unter dem Motto „100 Jahre Filmmusik“. Und die präsentierte passenderweise das Deutsche Filmorchester Babelsberg, das als Nachfolger des legendären UFA-Sinfonieorchesters immer wieder gefragt ist, um Soundtracks für deutsche und internationale Filme einzuspielen.
Musik, die eigens für Filme komponiert worden ist, war der Schwerpunkt des Samstags bei den diesjährigen Schloss Classix. Am Freitag waren zunächst Stücke von klassischen Komponisten wie Mozart, Wagner oder Verdi an der Reihe, die alle im Lauf der Jahrzehnte mal in bekannten Filmen eingesetzt wurden. Mitunter spielen sie dabei eine zentrale Rolle – und weil das nicht jeder im Publikum für jeden einzelnen Film im Kopf haben kann, erzählte Moderator Tim Eberhardt zwischen den Stücken im lockeren Tonfall davon. Da manche Titel in mehreren Spielfilmen verwendet worden sind, überließ er es den Zuhörern, welchen davon sie sich nun zur gehörten Melodie vorstellen könnten. Bei der „Nacht auf dem kahlen Berge“ von Modest Mussorgsky entschieden sich die Kenner wahrscheinlich eher für den bildgewaltigen Disney-Klassiker „Fantasia“ aus dem Jahr 1940 als für die eher lächerliche Drachenszene aus dem Monty Python-Film „Jabberwocky“. Noch mehr hatten aber sicher die schockierenden Szenen über den amerikanischen Hubschrauberangriff auf ein vietnamesisches Dorf aus Coppolas „Apocalypse Now“ im Sinn, als Richard Wagners „Walkürenritt“ erklang. Auch wenn Tim Eberhardt zuvor noch darauf hingewiesen hatte, dass sich dieses Orchestervorspiel aus der Oper „Die Walküre“ erstmals 1941 in einer deutschen Wochenschau über den Angriff der Wehrmacht auf Kreta als Hintergrundmusik wiederfand.
Was das Deutsche Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Dirigent Robert Reimer bot, war allerdings alles andere als Hintergrundmusik. Sie lud aber immer wieder zum verträumten Schwelgen ein, besonders bei den etwas ruhigeren Sätzen. Wer sich an den Visconti-Film „Tod in Venedig“ erinnerte, ließ daher beim Adagietto aus Gustavs Mahler 5. Sinfonie im Geiste möglicherweise ein Dampfschiff im Morgengrauen in die Lagune der Stadt Venedig gleiten. Und beim Adagio aus dem Klarinettenkonzert von Mozart mag der Blick auf den rund um die Bühne ausgelegten Sand geholfen haben, um an die Steppen aus „Jenseits von Afrika“ mit Meryl Streep und Robert Redford zu denken. Der Sand, die lange Tribüne und die gesamte Infrastruktur mit Theken und Imbiss-Ständen sind allerdings nicht allein für diese Veranstaltung vor das Münstersche Schloss gebracht worden, sondern eigentlich für das Turnier der Sieger am kommenden Wochenende. Eine geschickte Doppelnutzung also, die wie bei der Premiere im letzten Jahr wieder gut beim Publikum ankam.
Höhepunkte waren am Freitagabend zwei Arien, gesungen von der Sopranistin Henrike Jacob aus dem Ensemble des Theaters Münster. Mit der Titelrolle in Donizettis „Lucia di Lammermoor“ gab sie 2009 ihr gefeiertes Rollendebüt in Münster. Da passte es gut, das eine Arie daraus, „Il dolce suono“, eine zentrale Rolle in Luc Bessons „Das fünfte Element“ spielt, dargeboten von einer außerirdischen Diva. Henrike Jacob sang es sehr irdisch, mit viel Tiefe – wesentlich reifer als Inva Mula 1997 für den Soundtrack – und mit einem leichten Hauch von Manie, wie es bei dieser sogenannten „Wahnsinnsarie“ erwartet wird. Der eigens für den Science Fiction komponierte zweite Teil im elektronischen Dancefloor-Stil erklang natürlich nicht bei den Schloss Classix – vermisst hat ihn wohl auch kaum jemand.
Nachdem bei Beginn des Konzerts zunächst die knapp über dem Münsterschen Schloss stehende Sonne geblendet hatte, ließ die Dämmerung nach der Pause allerhand künstliche Lichteffekte zu, was die Atmosphäre noch stimmungsvoller machte. Hervorragend war auch die Klangqualität, was bei open air dargebotener Orchestermusik nun wirklich nicht selbstverständlich ist. Dazu trugen zahlreiche gut platzierte Mikrofone und Lautsprecher sowie eine sichere Abmischung bei. Geräusche aus der Umgebung ließen sich dadurch natürlich nicht ausblenden, was keiner bei einer vorbeifahrenden Polizeisirene übelnahm, wohl aber bei den ständig vernehmbaren Trittgeräuschen von den hölzernen Rampen direkt hinter der Tribüne. Hierzu sollten sich die Veranstalter für die nächste Ausgabe von Schloss Classix 2019 eine Lösung einfallen lassen.
Weitere Bilder und Impressionen von den Schloss Classix 2018 gibt es nicht nur bei uns, sondern auch auf der Homepage des Veranstalters schloss-classix.de
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