Am Mittag informierte die Stadt über die Kontakte des Kiepenkerl-Amok-Fahrers zum Gesundheitsamt. Nach Erkenntnissen der Behörden ergaben sich keine Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung. Oberbürgermeister Lewe sprach von einer schwarzen Stunde für Münster, auf die man sich nicht habe vorbereiten können und nahm die Behörden in Schutz.
Der Täter hatte nach Angaben der Stadt Kontakt mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes. Zwischen 2015 und 2016 habe es „sporadische Kontakte“ gegeben, danach bis März dieses Jahres nicht mehr. Am 27. März erschien der 48-Jährige unangemeldet und legte ein umfangreiches, von ihm verfasstes Schreiben vor und bat darum, es seiner Akte beizufügen. Im Gespräch und aus dem Inhalt des Schreibens ergaben sich keinerlei Hinweise auf eine unmittelbar drohende Suizidgefahr oder Fremdgefährdung.
Einen Tag später gab der eine Kopie desselben Schreibens in der Verwaltungsabteilung des Gesundheitsamtes ab. Auch dort „ergaben sich keine Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung“, heißt es von der Stadt Münster. Die E-Mail, die der Täter am 29. März an zahlreiche Empfänger verschickt hat, sei nicht an das Gesundheitsamt gegangen. „Dem Gesundheitsamt lagen auch keinerlei Hinweise von Dritten zu einer möglichen Gefährdung vor“, betonte Oberbürgermeister Markus Lewe.
Grundsätzlich sei, unabhängig vom hier vorliegenden Fall, einer freiheitsentziehende Unterbringung psychisch Kranker „sehr hohe Hürden gesetzt“. Nur bei schwerwiegenden und beweisbaren Anhaltspunkten für eine Selbst- oder Fremdgefährdung darf eine freiheitsentziehende Unterbringung durch die Ordnungsbehörde (in Münster ist die Feuerwehr zuständig) veranlasst werden. Für eine solche Unterbringung wird ein ärztliches Zeugnis benötigt. Die Entscheidung über die Unterbringung trifft das Amtsgericht.
Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können den Blick nach vorn richten und versuchen, wieder in die Normalität zurückzufinden.
Morgen werden die Gaststätten Kiepenkerl und Deckenbrocks Kleiner Kiepenkerl wieder öffnen. Die Entscheidung dazu, so die Betreiber, habe man ganz den Mitarbeitern überlassen. Schnell sei man sich jedoch einig gewesen: „Unsere Teams haben das große Bedürfnis, den Ausnahmezustand zu beenden und wieder in ihr gewohntes (Arbeits-)leben zurückzukehren. Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können den Blick nach vorn richten und versuchen, wieder in die Normalität zurückzufinden.“