Im September soll ein neuer Stadtrat gewählt werden. Doch wegen des Corona-Lockdowns hätte man fast den Eindruck bekommen können, dass der Wahlkampf in Münster eingeschlafen wäre. Aber so langsam nimmt er etwas Fahrt auf, die Ratsparteien liefern sich wieder kleine Scharmützel. So streiten sich gerade CDU und SPD darüber, wie die Messung der Luftqualität von Münster in den letzten Wochen zu deuten ist.
Denn aufgrund der Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise ist schließlich auch bei uns der Berufs- und Freizeitverkehr stark zurückgegangen. Messungen haben nun ergeben, dass sich die Luftschadstoffe jedoch kaum verändert haben. „Ein etwas überraschendes und verblüffendes Ergebnis“, wird CDU-Ratsherr Walter von Göwels in einer Pressemitteilung seiner Partei zitiert. Als ihr verkehrspolitischer Sprecher hatte von Göwels die Stadtverwaltung gefragt, ob und in welchem Maß sich in Münster der motorisierte Verkehr und infolgedessen die Luftqualität verändert haben.
Nach dem Bericht der Fachverwaltung wurde an repräsentativ untersuchten Knotenpunkten ein erheblicher Rückgang der Gesamtverkehrsbelastung festgestellt, und zwar bis zu 40 und im Mittel um 35 Prozent. Ungeachtet weiterer Einflussfaktoren wie der Wetterlage ist für von Göwels klar, dass das erheblich niedrigere Verkehrsaufkommen keine positiven Effekte auf die Luftqualität in Münster gehabt hat. Erfreulich ist aus Sicht der CDU Münster, dass sich nach Feststellung der Verwaltung die verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastungen durch die auf allen Ebenen ergriffenen Maßnahmen so positiv entwickelt hätten, dass die Grenzwerte seit Jahren eingehalten werden.
SPD: „Analyse der CDU vermittelt falschen Eindruck – Verkehrswende jetzt zügig angehen!“
Die SPD Münster widerspricht dieser Deutung nun: „Die Pressemitteilung der CDU, nach der die Ergebnisse der Luftschadstoffmessungen in der Corona-Krise auffällig zeigten, dass ein verringertes Verkehrsaufkommen nicht zur Verbesserung der Luftqualität geführt hat, vermittelt einen falschen Eindruck“, kritisiert Ludger Steinmann, planungs- und verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion. „Zur objektiven Analyse und Bewertung hätte gehört, dass selbst in Zeiten eines europaweiten bzw. weltweiten Shutdowns mit einem stark reduzierten Aufkommen aller Verkehrsträger Luftschadstoffe im Stadtklima verbleiben, also nicht adhoc abbaubar sind.“ Vielmehr müsse man davon ausgehen, dass ein Abbau dieser Schadstoffe nur über noch längere Zeiträume erfolge. „Umso dringender ist es, das PKW-Verkehrsaufkommen auf Dauer zu reduzieren und den klimafreundlicheren ÖPNV sowie Radverkehr durch mehr Busvorrangspuren, eine Stadtbahn und den Ausbau von sicheren Radwegen nachhaltig zu stärken“, fordert Dr. Michael Jung, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion.
Die Bewertung der CDU komme eher einem Zugeständnis an die Kritiker der Klimadiskussion gleich, „frei nach dem Motto: ‚Egal welche Maßnahmen man ergreift, es bringt ja doch nichts’“, heißt es in der Replik der SPD. „Eine solche Diskussion droht uns in unserem Bemühen um eine deutliche Reduzierung der Verkehrsbelastungen und negativen Folgen des Verkehrs zurückzuwerfen“, unterstreichen daher Jung und Steinmann. Die Eignung von Grenzwerten als Gradmesser der Luftqualität solle stattdessen kritisch hinterfragt werden. „Unser Ziel ist der nachhaltige Klimaschutz, nicht die kurzfristige Einhaltung von Grenzwerten. Daher müssen wir die Verkehrswende jetzt zügig angehen“, so die SPD-Politiker.
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