Die meisten Werke der Skulptur Projekte sind in dieser Woche schon abgeräumt worden und das Team hat eine Art Kassensturz gemacht. Dazu gehören nicht nur Zahlen.
Für Kasper König waren es wohl die letzten Skulptur Projekte als Künstlerischer Leiter, er ist immerhin schon 72 Jahre alt. Daher macht er sich Gedanken, wie es weiter gehen könnte, er möchte vor allem die Unabhängigkeit der Ausstellung sichern. „Die politische Inbesitznahme muss unbedingt verhindert werden,“ meint er und bringt als Idee die Gründung einer Stiftung oder einer gemeinnützigen Gesellschaft (gGmbH) ins Spiel. Außerdem hatte er schon in der letzten Woche vorgeschlagen, die Ausstellung erst wieder in 11 Jahren stattfinden zu lassen, „außerhalb dieses übermächtigen ‚Superkunstsommers‘“ mit der documenta in Kassel und der Kunstbiennale in Venedig. Darauf hatten bei der Abschlussveranstaltung am Samstag die wichtigsten Geldgeber schon ihre Antworten gegeben. Oberbürgermeister Markus Lewe erntete da viel Applaus für seine Aussage: „Skulptur Projekte 2017 müssen Skulptur Projekte 2027 nach sich ziehen!“ und LWL-Direktor Matthias Löb sagte, dass für den Landschaftsverband Westfalen Lippe eine eigenständige Gesellschaft für die Skulptur Projekte – so wie es sie in Kassel für die documenta gibt – nicht in Betracht kommt.
„Das spiegelt auch ein Stück weit unsere flüchtige, bewegte und unsichere Zeit,“ damit antwortete Kuratorin Britta Peters auf die gelegentlich geäußerten Vorwürfe, dass nur wenige Exponate der Skulptur Projekte dem „klassischen Verständnis von Skulptur“ entsprochen haben. Viel interessanter ist Kunst für sie „immer dann, wenn sich auch zu anderen Lebensbereichen Verbindungen herstellen lassen.“ Das sei dieses Jahr in vielen Fällen gelungen. Das meint auch ihre Kollegin Marianne Wagner, sie hebt besonders einige Arbeiten hervor, die sich mit Fragen nach Gemeingut und dem ‚Common Ground‘ auseinandergesetzt haben. Als Beispiele nannte sie Koki Tanaka, der fragte, wie wir zusammen leben, Oscar Tuazon, der ein Objekt mit Feuerstelle geschaffen hat, und Jeremy Deller, der die Ergebnisse seines 2007 begonnenen Langzeitprojekts mit den Münsteraner Kleingärtnern präsentierte.
Unglaublich viele Zahlen haben die Veranstalter gemeldet. Am schwierigsten zu messen ist aber gerade die wichtigste: wie viele Besucher hatten die Skulptur Projekte 2017 denn nun wirklich? Schließlich erhebt sie als Ausstellung im öffentlichen Raum keinen Eintritt, damit entfällt die Anzahl von Ticketverkäufen als Bezugsgröße. An den einzelnen Standorten wurde aber gezählt, was „dennoch eine Hochrechnung zulässt“, wie sie sagen. Demnach gab es insgesamt mehr als 650.000 Besucher, „von denen aber nicht alle jeden der 35 Standorte gesehen haben“, wie selber einräumen. Ob sie zufrieden waren, schon mal gar nicht. „Es kann ja keiner kommen und sagen: ich will meinen Eintritt zurück, ist ja umsonst und draußen,“ hatte Kasper König bei der Abschlussveranstaltung am Samstag festgestellt.
Immerhin 156.279 Tickets wurden für den Ausstellungsteil im LWL-Museum für Kunst und Kultur ausgegeben, kostenfrei übrigens. An Führungen und ähnlichem „Programm der Kunstvermittlung“ haben 47.836 Kunstfreunde teilgenommen, 26.582 Kataloge wurden verkauft und 89.713 der häufig bemängelten Orientierungskarten. Auch zu einzelnen Skulpturen hat das Team Zahlen gemeldet: etwa 250 Menschen sind vom Steg von Ayşe Erkmen in den Dortmund-Ems-Kanal gefallen, 250 Tattoos sind im Rahmen des Projekts „Not Quite Under_Ground“ von Michael Smith gestochen worden, davon etwa 75 an Menschen über 65, 575 Dateien wurden von Besuchern auf den Router beim Standort Fernmeldeturm von Aram Bartholl hochgeladen – und in der Arbeit von Pierre Huyghe in der ehemaligen Eissporthalle wurden zwei Besucher von Bienen gestochen.
Die hochgerechneten 650.000 Besucher bedeuten laut Veranstalter einen Anstieg ca. 11,5%, sie stellen daher fest, dass die fünfte Ausgabe die bisher bestbesuchte der Skulptur Projekte war. Aus Sicht des Ausstellungsteams ist mit diesen Zahlen „ein Maximum an Besuchern sowohl für die Infrastruktur der Ausstellung als auch den städtischen Raum erreicht.“ Komisch: so voll kam es uns nur an einigen wenigen Skulpturen vor.
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