Ich muss gleich voranschicken, dass ich nur ziemlich wenig von den wirklich vielen Veranstaltungen beim Katholikentag wahrgenommen habe und dem ganz großen Trubel sogar bewusst aus dem Weg gegangen bin. Trotzdem erlaube ich mir, das Ganze aus dem Blickwinkel eines Bürgers von Münster zu betrachten.
Wahnsinnig viele Besucher mit ihren mintgrünen Schals bevölkerten für eine halbe Woche die ganze Stadt, auf manchen Straßen und Plätzen gab es kaum noch ein Durchkommen. Münsteraner waren sicher auch darunter, wenn sie nicht gerade arbeiten mussten (zum Beispiel als Verkäufer oder in der Gastronomie) oder gleich ausgeflogen waren – wie immer an den Brückentagswochenenden. Gut gelaunt und freundlich waren sie, die Katholikentagsbesucher und die vielen Helfer mit ihren gelben Tüchern, die in münsterischen Schulen ein Obdach für ihren Aufenthalt hier bekommen hatten. Aber es erinnerte auch ein bisschen an die Zeit der Weihnachtsmärkte, wenn „dat Duorp to’t Stadt kummt“, manchmal sogar an einen gigantischen Junggesellenabschied.
Zahlreiche Inhalte wurden abgeklappert und viele Lieder von noch mehr Chören und Sakropop-Gruppen gesungen. Haufenweise wurden Prominente und internationale Gäste aus Kirche und Politik herangekarrt – und so nach und nach auch fast alle Mitglieder der neuen Bundesregierung. Hängen geblieben sind davon nur ein paar Zitate von Angela Merkel oder von Bundespräsident Steinmeier, denen Donald Trump die geradezu perfekte Vorlage dazu lieferte, sich unter dem Katholikentagsmotto „Suche Frieden“ zur Weltpolitik zu positionieren. Und als am Sonntag alles vorbei war, äußerte sich vom Bischof und dem ZdK bis zu den Rettungsdiensten und der Polizei praktisch jeder ausgesprochen positiv darüber, wie toll doch alles geklappt hat.
Beinah wäre alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ geblieben, hätte es nicht den kleinen Aufreger gegeben, dass erstmals ein Vertreter der AfD offiziell zu einer Diskussion auf dem Katholikentag eingeladen war. Dass sich dem vom Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ dagegen organisierten Protest am Samstagmittag gut eintausend Demonstranten anschlossen, war sicher mit einkalkuliert, der Tumult danach im Saal vermutlich nicht. Denn direkte Konfrontation war nicht so sehr die Sache dieses Katholikentags. Hier blieb eigentlich jeder auf seiner eigenen Wolke: die Gläubigen beim Beten, die Politischen beim Diskutieren – allerdings ohne echte Gegner – und die Atheisten unter sich bei ihrem alternativen Ketzertag im CUBA, der unter dem ironischen Motto „Suche Streit“ stand.
Ein echtes Streitgespräch aber wurde auf diesem Katholikentag offenbar vermieden. Dabei hätte die Kampagne „Ruf! Mitten im Beruf“, mit der dem deutschen Priestermangel mit dem Lockangebot „Priester werden ohne Abitur“ begegnet werden soll, genügend Munition dafür geboten. Schließlich hängen die Plakate zurzeit überall in der Stadt und füllten große Anzeigenseiten in den Zeitungen zum Katholikentag. Aber eine Diskussion darüber, in der Katholischen Kirche endlich auch Frauen zum Priesteramt zuzulassen oder wenigstens eine Perspektive dahin zu öffnen, wollte anscheinend keiner führen. Chance verpasst.
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