„Insekten pupsen nicht“ Lebensmittel-Experte der FH Münster äußert sich zu UV-behandelten Mehlwürmern

Vor Corona gab es um Insekten als Lebensmittel einen großen Hype. Das hat sich inzwischen geändert. (Foto: FH Münster/Wilfried Gerharz)

Insekten als Lebensmittel sind in der EU schon länger zugelassen. Jetzt erlaubt Brüssel auch den Einsatz von UV-behandeltem Mehlwurmpulver. Welche Vorteile das bietet, ob Insekten immer mehr Einzug in Supermärkte und Küchen nehmen und weshalb die Krabbeltiere eine sinnvolle Ergänzung zur Ernährung sind, ordnet der promovierte Oecotrophologe Prof. Dr. Guido Ritter von der FH Münster ein.

Prof. Ritter, warum werden Lebensmittel mit UV-Licht behandelt?

„Das UV-Licht wandelt eine Vorstufe von Vitamin D in dieses um – also im Prinzip ganz ähnlich zu dem, was passiert, wenn Menschen in der Sonne sind. Durch die UV-Strahlung der Sonne erzeugen wir Vitamin D in unserer Haut. Das ist eine biochemische Reaktion, die der Körper mit Hilfe von Sonnenlicht durchführen kann. Unter normalen Bedingungen reicht es aus, wenn Menschen bei schönem Wetter immer mal wieder draußen spazieren gehen und dadurch die Vitamin-D-Produktion ankurbeln. Wer aber unter einer Lichtallergie leidet oder wenn es in den Wintermonaten oft wenig Sonnenlicht gibt, können Menschen Vitamin D zusätzlich aufnehmen, um einem Mangel entgegenzuwirken. Das geht über entsprechende Tabletten oder über Lebensmittel wie Fisch und Eier oder auch Hefe und Pilze, die schon länger UV-behandelt werden dürfen.“

Wie genau funktioniert das?

„Das Verfahren ist patentiert und nicht offengelegt, weshalb ich dazu zurzeit nichts sagen kann. Vielleicht aber so viel: Bei UV-behandelten Lebensmitteln kommt es zu einer biochemischen Reaktion, die aber völlig ungefährlich ist – und jetzt eben auch bei Mehlwurmpulver funktioniert.“

Nehmen Mehlwürmer und Co. denn immer mehr Einzug in die Küchen und Supermärkte?
Prof. Dr. Guido Ritter ist promovierter Oecotrophologe. Er lehrt und forscht an der FH Münster. (Foto: FH Münster/Wilfried Gerharz)

„Inzwischen leider nicht mehr. Vor Corona hatten wir einen großen Hype. In dieser Zeit sind viele Start-ups entstanden und einige davon konnte ich auch im Institut für Nachhaltige Ernährung (iSuN) an der FH Münster begleiten. Doch die Pandemie hat dafür gesorgt, dass sich Menschen eher auf Bekanntes und Sicheres besinnen – auch im Bereich Ernährung. Viele Start-ups haben sich inzwischen zurückgezogen und wenn wir uns heute den Markt anschauen, haben wir zwar Zulassungen für Lebensmittel, die mit bestimmten Insektenproteinen angereichert werden können, de facto passiert das aber selten. Die Menschen sind eher zögerlich und die Akzeptanz hat sich nicht wirklich weiterentwickelt. Allerdings spricht eine Menge dafür, Insekten künftig auf den Speiseplan zu setzen.“

Warum?

„Insekten sind sehr gesund für die Menschen, sie liefern wertvolle Omega-3-Fettsäuren, Mineralstoffe und hochwertiges Protein – und jetzt durch die UV-Behandlung auch noch Vitamin D. Aber auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit wäre es gut, wenn Menschen Insekten essen würden. Denn die Tiere produzieren deutlich weniger CO2 als zum Beispiel Kühe. Bei der Zucht wandeln sie ihr Futter viel effizienter in hochwertige Proteine um und sie benötigen weniger Wasser. Außerdem: Insekten pupsen nicht, es gibt also weniger Treibhausgase, sie brauchen weniger Platz und mögen Massentierhaltung.“

Was vermuten Sie – schaffen es Insekten langfristig als Lebensmittel?

„Ich bin da momentan eher skeptisch, so gut ich das auch finden würde. Aktuell regelt der Markt vieles und es geht sehr stark darum, wie sich Nachfrage und Angebot entwickeln. Nahrung bestehend aus Insekten ist eher im höheren Preissegment angesiedelt und falls das nicht günstiger wird, bleiben Menschen schnell dabei, dass Insekten zwar lecker, aber eigentlich relativ teuer und deshalb uninteressant sind. Es bräuchte ein Massenprodukt, damit das preislich passt – und dafür sind derzeit die Marktgegebenheiten nicht da.“

Spiegelt sich das auch in Ihrer Forschung wider?

„Absolut. Wir haben unsere Forschung im Bereich der Insekten momentan stark zurückgefahren und konzentrieren uns eher auf andere alternative Proteine. Aktuell arbeiten wir intensiv mit Hülsenfrüchten und forschen an der Fermentation, also dem Umwandeln organischer Stoffe.“

Letzte Frage: Wie schmecken Mehlwürmer?

„Eher unspektakulär. Als Mehl verarbeitet sind sie leicht nussig und angenehm vom Mundgefühl her. Wenn man Mehlwürmer anröstet, kommt eine schöne Geschmacksnote dazu.“

Transparenzhinweis: Dieser Inhalt wurde uns von der FH Münster zur Verfügung gestellt.

 

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