Wer hätte gedacht, dass die Frau von Knecht Ruprecht am liebsten Trecker fährt? Impro-Theater lebt von den Zuschauern und die hatten auf die Frage, was das Hobby von Frau Ruprecht sei, eben eingeworfen: Treckerfahren. Nun mussten die „Improniten“ nicht einfach nur eine Szene auf einem Bauernhof spielen. Was die Sache zusätzlich erschwerte, war der Umstand, dass drei Schauspieler auf der Bühne sich gegenseitig synchron sprechen mussten. Schon seit Ende November laufen die Weihnachts-Shows von Impro 005 im Kreativ-Haus. Wir waren am Nikolaustag da – in der Hoffnung, dem echten Nikolaus zu begegnen mit Bischofsstab und -mütze. Stattdessen erlebten wir den Weihnachtsmann mit weißen Lackschuhen als Moderator, Schauspieler in Top-Form und ein gut gelauntes Publikum.
Es gibt ja immer noch Menschen, die bislang nie im Impro-Theater waren – aber es werden weniger. Für jene sei an dieser Stelle erklärt, dass es das Jahr über einen Wellenbeauftragten gibt, der oder die eine Welle wie in Fußballstadien initiiert. In der Vorweihnachtszeit nennt er sich allerdings Beauftragter für Schneegestöber. Ein solches Schneegestöber soll regelmäßig dann stattfinden, wenn die gespielte Szene außergewöhnlich gut, emotional, witzig, aufgeheizt oder schockgefroren war. Da kann man gleich hinzufügen, dass es die über zweistündige Spielzeit gestern reichlich Schneegestöber gab. Natürlich – wie soll es auch anders sein – fand sich ein williges Opfer für diese rituelle Handlung in der ersten Reihe.
Bevor es aber weihnachtlich wurde, mussten sich die Schauspieler erstmal warm spielen, und manchmal konnte man den Eindruck haben, dass Marcell Kaiser ein bisschen den Faden verlor, wenn er etwa eine haarsträubende Geschichte erzählte, die sich um das Sprichwort drehte „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst herein“. Nun sind die Schauspieler von Impro 005 alles andere als Laien, und es zählt zu den Grundsätzen des Impro-Theaters, in brenzligen Situationen den Partner zu retten. Marcus Loebe-Keuter, Jürgen Werner und eine wie immer grandiose Irmhild Willenbrink haben dann auch aufgefangen, was bei Marcell Kaiser nicht so richtig rund lief. Zwischendurch wurde reichlich Glühwein verteilt und der Teller mit Lebkuchenherzen und Walnüssen ging herum.
Wie stets beim Impro-Theater läuft der Wechsel zwischen Szenen und (Fantasie)sprachen sehr schnell. Alle Achtung, mit welcher sprachlichen Raffinesse Loebe-Keuter Willenbrink einen Bungee-Gurt anlegt. Das muss er nämlich mal in Deutsch kommentieren, mal in einer Südseesprache. Dann pickte sich der Weihnachtsmann Ingrid aus dem Publikum heraus. Ingrid sollte von ihrem letzten Weihnachtsfest berichten, das sie mit ihren Schwestern gefeiert hatte. Die „Improniten“ spielten es nach. Ingrid, auf einen Barhocker am Bühnenrand geklebt, musste klingeln oder hupen, wenn die Geschichte aus dem Ruder oder eben genau richtig lief. Natürlich entwickelte sich eine lustige Szene mit allerlei Sackgassen und Einbahnstraßen. Eine Zuschauerin hatte eine Wichtelgeschenk mitgebracht, das später durch eine amerikanische Versteigerung zu Gunsten von „herzkranken Kindern“ die Besitzerin wechselte. Über 100 Euro kamen so zusammen. Eine schöne Aktion.
Am Flügel saß natürlich Marcus Urban-Fischer, der stets die passenden Melodien entwickelte. Bei „Stiefel raus, Nikolaus“ haben tatsächlich nicht nur die Schauspieler gesungen, sondern das ganze Publikum. Hätte Fischer weitergespielt, die Zuschauer würden wohl immer noch singen.
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