Huit Femmes Rosa Latour, Münsters vielgestaltigste Musikerin, in der 2. Folge der Künstlerinnen-Interviews @Home mit der Hausfrau

Das zweite Soloprogramm der Sängerin und Pianistin Rosa Latour trägt nicht zufällig den Titel des gleichnamigen Films „8 femmes“ (deutsch: 8 Frauen; Foto: Promo)

Rosa Latour ist Sängerin, Chorleiterin, Hochschuldozentin, Songschreiberin und äußerlich so wandelbar, dass ihr aktuelles Bühnenprogramm nebst Album den Titel „8 Femmes“, zu deutsch „Acht Frauen“ bekam. Nicht nur dazu befragte sie unsere Kolumnistin Iris Brandewiede für die Interviewreihe „Münster, deine Künstler:innen“.

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IB: Liebe Rosa, herzlich Willkommen in der guten Stube @Home bei der Hausfrau.

RL: Hallo liebe Iris…

IB: Du präsentierst ein Album mit französischem Titel und trägst einen französischen Nachnamen. Einen Akzent höre ich nicht. Wie ist das mit dir und der französischen Sprache?

RL: Noch nachvollziehbare französische Wurzeln habe ich nicht. Meine Familie väterlicherseits kommt aus Duisburg und Latour ist halt ein alter Hugenottenname. Mütterlicherseits soll es wohl eine sizilianische Ur ur… großmutter gegeben haben…

Mein Album und Soloprogramm heißen „8 femmes“, weil ich Stücke aus dem gleichnamigen französischen Film spiele und singe.

IB: Wie das Albumcover zeigt, bist du äußerlich ein überaus wandelbarer Mensch. Beim Blick auf deine musikalische Vita bestätigt sich der Eindruck: Von Münsters erster Frauen-A-Cappella Band „Always Ultra“ über Big-Band Arbeit als Saxophonistin, als Sängerin in der Band Lou Canova, der Teilnahme bei „Die besten Chöre…“ .

RL: Da hast du jetzt was durcheinander gebracht, lass es mich mal eben ordnen:

Always Ultra war eine Frauen-Rockband. Die wiederum war schon eine Nachfolgeband der „Jeannies“. Die Jeannies haben ab Ende der 80er Jahre Rockhits der 60er und 70er Jahre gecovert, Always Ultra in den 90ern so Grungerocksachen.

Iris Brandewiede im Online-Gespräch mit Rosa Latour. (Foto: Iris Brandewiede)
Iris Brandewiede im Online-Gespräch mit Rosa Latour. (Foto: Iris Brandewiede)

Das hört sich jetzt ja alles ganz schön museumsreif an! (Rosa lacht.)

In den beiden Bands habe ich Keyboard und Saxophon gespielt und gesungen. Gleichzeitig war ich mit „Scream & Shout“ unterwegs. Hier noch etwas mehr Museum:

A Cappella-Pop war zu der Zeit was ganz Neues. In Münster gab es schon die 6-Zylinder, die stilistisch eher konventionell unterwegs waren. Wir dagegen wollten einen möglichst „bandmäßigen“ Sound herstellen. Heute gibt es ja sehr viele tolle A Cappellagruppen, die das auf höchstem Niveau verwirklichen. Aber damals gab es kaum Vorbilder und auch keine Arrangements. So sind wir dazu gekommen, selbst zu arrangieren. Wir haben zwei Alben aufgenommen und ein paar Jahre lang deutschlandweit viel live gespielt.

IB: Danke für so viel geballtes Fach-Wissen, Rosa, von wegen Museum! Hast du schon darüber nachgedacht, deine universitäre Lehrtätigkeit auf eine Professur in lokaler Musikhistorie auszudehnen?

RL: Oh vielen Dank für die Blumen! Fürs Erste könnte mein Lehrauftrag für Rock/Pop/Jazzgesang am Institut für Musikpädagogik vielleicht in eine feste Stelle umgewandelt werden. 😉

IB: Headhunter aufgepasst, Sie können sich über die Redaktion bei Frau Latour melden! Zur Sicherheit gib uns doch bitte noch das Update zu deiner musikalischen Vita, Rosa!

RL: Saxophon habe ich an der Musikhochschule Münster studiert. Ich habe als Saxophonlehrerin gearbeitet, Chöre und A Cappella-Ensembles geleitet und parallel dazu immer viel gesungen. Irgendwann wollte ich das mit dem Gesang auf ein professionelleres Niveau bringen und habe eine Ausbildung in funktionaler Stimmpädagogik gemacht. Im Laufe der Jahre wurde der Gesang mein Schwerpunkt, das Saxophonspielen und -unterrichten weniger.

Heute spiele ich nur noch bei „Lou Canova“ Saxophon. Das ist meine Soulband, die ursprünglich in Dortmund beheimatet war und deren Bandmitglieder heute weit verstreut leben. Bei Lou Canova teilen mein Mann Marko Adam-Latour und ich uns die Leadvocals und ich spiele im Bläsersatz mit den drei Matthiassen: Die anderen drei Bläser heißen wirklich alle Matthias. (Rosa lacht.)

Übrigens habe ich in der „Swingin`Affair Big Band“ ganz früher mal Saxophon gespielt – und jetzt singe ich dort.

IB: Historischer Fun-Fact: In den 90er Jahren, als Saxophonistin dieser Bigband, trugst du passend zum Namen eine rosa Haarpracht. Dafür kann ich persönlich bürgen.

RL: Ja, ich habe immer gerne meine Frisuren und Haarfarben geändert!

IB: Vom Äußeren gehen wir über zu den inneren Werten: Was liegt dir bei all deiner Vielfalt gerade besonders am Herzen?

RL: Das ist ganz klar mein Soloprogramm. Erst vor ein paar Jahren habe ich wieder angefangen, Klavier zu üben. Nach und nach sind erst eins, dann ein zweites Programm entstanden, in denen ich singe und mich am Klavier begleite.

Das ist gleichzeitig die größte Herausforderung und das größte Vergnügen für mich. Ich genieße es sehr, keine Kompromisse eingehen zu müssen, alles selbst zu entscheiden. Dabei hat sich, teilweise zu meiner eigenen Überraschung, ein stilistisch für mich ganz neues Programm herausgeschält. Ursprünglich war ich beispielsweise keine Freundin von Chansons. Mehr oder weniger durch Zufall habe ich dann aber entdeckt, dass ich total gerne auf Französisch singe und mir das gut liegt.

Das gute Gefühl, alles im wahrsten Sinne des Wortes selbst in der Hand zu haben, ist aber eben auch die Herausforderung und manchmal sehr anstrengend wenn keine Mitmusiker:innen da sind, die mich auffangen, wenn mal was daneben geht.

IB: Dient dein allerneuestes Projekt, ein Trio mit dem Pianisten Daniel Masuch und dem Kontrabassisten Chris Kühne vielleicht zum Ausgleich genau dafür?

RL: Ja, genau! Ich genieße ich es total, mal wieder einfach nur zu singen, während die beiden virtuos die Begleitung übernehmen, und natürlich auch solistisch hervortreten. Wir haben ein ganz tolles Programm geprobt, ausschließlich mit Stücken des französischen Komponisten Michel Legrand.

IB: Mögen wir euch drei bald live erleben dürfen!!! Die unvermeidliche Frage in der Situation muss auch ich dir stellen: Wie geht es dir?

RL: Den ersten Lockdown habe ich für mich persönlich tatsächlich überwiegend positiv empfunden. Der ganze Stress fiel von mir ab. Sogar, dass ich nicht auftreten konnte, hat mich irgendwie leicht gemacht. Obwohl ich natürlich gerne vor Publikum spiele, macht mir das doch auch immer enorm viel Druck, vor allem mit dem Soloprogramm. Ich bin einfach keine, die so was mal eben locker aus dem Ärmel schüttelt.

Mittlerweile bin ich aber doch oft etwas niedergeschlagen. Auch mir machen mir die Länge dieser Pandemie und die Isolation zu schaffen.

Trotzdem sehe ich aber immer noch auch positive Aspekte: Deutschland hat seine Klimaziele 2020 erreicht, das wär ohne den Lockdown nie passiert. Wir erleben im Moment, auf was man alles verzichten kann, davon sollten wir ein paar Dinge mit in die Zeit danach nehmen. Ich finde, man kann etwa durchaus infrage stellen, ob Wirtschaftswachstum als oberstes Ziel einer Gesellschaft wirklich sinnvoll ist.

IB: Apropos Wirtschaft – gehörst du zu denjenigen, deren Existenz durch die kulturellen Einschränkungen bedroht ist?

RL: Als Künstlerin, die ihr Haupteinkommen mit Unterrichten verdient, bin ich in einer sehr privilegierten Situation. Ich habe glücklicherweise wenige finanzielle Einbußen. Mein Unterricht in der Uni und privat läuft fast die ganze Zeit weiter. Online ist das ist nicht so schön, aber eine Zeit lang durchaus möglich.
Mit den beiden Chören, die ich leite, habe ich „Chorona-Videos“ produziert. Das ist sehr viel Arbeit, macht aber auch Spaß. Auf meinem YouTube-Kanal sind die zu sehen.

Rosa Latour 2020 (Foto: Markus Brambrink)
Rosa Latour 2020 (Foto: Markus Brambrink)

IB: Erinnerst du dich an deinen letzten Live-Auftritt?

RL: Immerhin konnte ich zwischen den Lockdowns zwei Konzerte geben!

„8 femmes“ habe ich im Sandsteinmuseum Havixbeck gespielt, natürlich mit großem Abstand in der Bestuhlung, vorbestellten Plätzen und unter strengen Hygieneregeln. Nach längerer Abstinenz wieder aufzutreten, war für mich wie fürs Publikum etwas sehr Besonderes.

Mit dem Trio konnte ich das Michel Legrand-Programm „The other side of midnight“ in einem Seniorenheim aufführen. Auch eine besondere Erfahrung. Als Sängerin musste ich von uns Dreien den größten Abstand zum Publikum halten – das war sehr ungewohnt. Die Stimmung war dennoch toll. Mein letzter Auftritt vor dem ersten Lockdown fand im Kulturbahnhof Hiltrup statt.

IB: Der Kulturbahnhof hat gerade eine Online-Veranstaltungs-Reihe an den Start gebracht, richtig?

RL: Ja, genau: Unter dem Titel „Solosounds“ nehmen verschiedene Künstler im Kulturbahnhof Videos auf. Auch ich habe eines beigesteuert, das auf dem YouTube-Kanal des Kulturbahnhofs Hiltrup zu sehen ist. Im Song „Die Welt steht still“, habe ich meine eher positiven Beobachtungen aus dem ersten Lockdown verarbeitet. Aus vielen Reaktionen habe ich erfahren, dass auch viele andere die Entschleunigung als wohltuend empfunden haben.

IB: Wie geht es für dich in nächster Zeit weiter?

RL: Es gibt ein paar Optionen für Auftritte, wenn man wieder spielen darf, aber im Moment kann ich leider nichts ankündigen. Das Sommersemester geht an den Start.

Das Cover für die CD "8 femmes"
Das Cover für die CD „8 femmes“

IB: Das Beste kommt zum Schluss. Die gute Fee schenkt dir die Erfüllung dreier Wünsche! Hier ist der Ort, sie zu äußern, auf dass sie in Erfüllung gehen mögen!

RL: Oh Gott, wie ist das denn gemeint? Weltpolitisch, gesamtgesellschaftlich oder ganz persönlich?? Utopisch oder realistisch?

Sagen wir mal Weltfrieden, Klimarettung und Liebe für alle.

Oder mal wieder ne Party mit allen meinen Freund:innen, ein schönes, erfolgreiches Konzert und dass meine Familie glücklich und gesund bleibt.

IB: Wird gemacht! Liebe Rosa, danke für deine Zeit!

RL: Danke dir!

Besucht Rosa Latour auch auf www.rosalatour.de, auf Facebook und ihrem YouTube-Kanal und auf Spotify.

2 Kommentare

  1. So kenne ich Rosa, absolut authentisch, hochqualifiziert, humorvoll, eine tolle Künstlerin. Bin in ihrem Chor „Chornichons“ erlebe sie dort, freue mich auf ihr nächstes Konzert.

  2. Super Interview, locker, positiv, witzig, und nicht das übliche Corona-Gemurre! Ausserdem habe ich sogar noch Neues über meine eigene Schwester gelernt. Toll, so zuversichtliche Äusserungen zu hören.

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