
Eine kleine Reihe mit ungewöhnlicher Performance-Kunst ging gestern in die letzte Runde. Ausgedacht hat sich das Martin Schlathölter, Meisterschüler von Prof. Irene Hohenbüchler. Er studiert noch bis zum baldigen Examen Freie Kunst in der Klasse für Kooperative Strategien an der Kunst Akademie Münster. Für die „Hörbare Malerei“ hat er begleitend zu seiner Werkschau in der „Zukunftswerkstatt Kreuzviertel“ an der Schulstraße jeden Monat ein neues Stück präsentiert und dafür meistens Gastkünstler eingeladen. Am Sonntag war es Ruppe Koselleck aus der benachbarten Ateliergemeinschaft Schulstraße, der seinen Beitrag gewohnt hintersinnig und witzig in dem von ihm erdachten „Sprengdruckverfahren“ leistete.
Alle Werke der „Hörbaren Malerei“ sind auf vorgefertigten Stickrahmen entstanden. „Ich habe dieses Format gewählt, weil es perfekt auf eine Trommel gepasst hat“, verriet uns Martin Schlathölter, den wir ursprünglich mal als Musiker Hans Vogel in dem anarchischen Duo „Kaum ein Vogel“ kennengelernt haben. Die Idee war, auf dem Schlagzeug mit Pinseln statt mit Trommelsticks zu spielen. So hatte er es auch im November umgesetzt, als Billi Thanner zu Gast in der Zukunftswerkstatt sein sollte. Sie war nach dem Wiederaufbau ihrer Himmelsleiter dann leider doch schon eher wieder zurück nach Wien gefahren, hatte aber Anweisungen für die Umsetzung hinterlassen: „Sie hatte sich dieses Motiv gewünscht und die Farben ausgesucht und dann habe ich das für sie hergestellt“, erzählte uns der Künstler.
Und so malte Schlathölter das vereinfachte Bild einer violetten Lambertikirche samt goldener Himmelsleiter und goldenen Sternen auf das Tuch. Dabei waren die Geräusche fast wichtiger als das dadurch entstandene Bild, es klang zeitweilig wie ein Schlagzeugsolo. „Hier ging es auch immer um das Performative und das, was sich fortwährend verändert, aber vor allen Dingen um das, was man dabei hört“, betonte Martin Schathölter, der die Prozesse stets mit Mikrofon aufgenommen hat. Man könne das alles auch als Musik werten, meinte er, zumindest sei es der Versuch, Musik und Malerei zu verbinden. So hat seine Professorin Irene Hohenbüchler eine Komposition in den Rahmen gestickt. „Ich werde sie irgendwann nochmal vertonen“, versprach Schathölter.
Auch der Klang eines Böllers könne so etwas wie Musik sein, meinte er zu der aktuellen und letzten hörbaren Malerei von Ruppe Koselleck. Weil es so explosiv sei, hatte der diese Aktion nach draußen verlegt, vor den Eingang zur Ateliergemeinschaft Schulstraße, wo zeitgleich der „Tag der Druckkunst“ begangen wurde. Aus vorsichtiger Entfernung beobachtete das Publikum, wie Koselleck verschiedene fossile Brennstoffe in eine gußeiserne Hydrantenkappe gab, wie sie früher im Straßenbau üblich war: Steinkohlenkoks („das gehört zum Energiemix dazu“), ein wenig Braunkohle und schließlich etwas Rohöl von einem Teerklumpen, wie er sie immer wieder an den Nordseestränden findet. Mit „Sprengstoff“, nämlich einem kleinen Silvesterböller, setzte der launige Künstler diese Mischung kurz in Brand und sorgte zugleich für das erwünschte Geräusch der „hörbaren Malerei“. Mit Haarspray fixiert bleibt tatsächlich ein „Sprengdruck“ zurück, der symbolisch zeigt, was wir der Welt mit dem Verbrennen dieser fossilen Stoffe antun.
Da die Gemeinschaftsausstellung von Eckhard Ischebeck und Martin Schlathölter in der Zukunftswerkstatt unter dem Titel „Somnimorphosen“ (Traumhafte Wandlungen) läuft, hatte Schlathölter sich vorgenommen, in einer begleitenden Lesung aus Ovids „Metamorphosen“ vorzulesen. Zur Freude des Publikums beließ er es auf ein paar einleitende Absätze zur Geschichte von Phaeton und präsentierte lieber abwechselnd mit Marian Heuser einige im eigenen Archiv wiedergefundene Gedichte und Poetry Slam-Texte vor, die sie zum Teil zuletzt vor Jahren bei der „culture corner open stage“ vorgetragen haben. Passend zu den älteren, mal skurril-witzigen, mal erschreckend aktuellen Texten schlüpften beide in ihre damaligen Alter Egos: Heuser war wieder Peter Panisch, Schlathölter natürlich Hans Vogel – sogar mit dem dazu passenden Outfit.
Am Freitag, dem 11. April wird die Ausstellung ab 20 Uhr mit einer Finissage beendet. Dann wird noch so einiges zu sehen sein, außerdem soll mit Live-Musik und DJ-Set gefeiert werden.
Zu den Bürozeiten der Zukunftswerkstatt (mittwochs 11-13 Uhr) kann man sich die Ausstellung bis zur Finissage ansehen.
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