
Die Stadtbücherei Münster darf ein Buch mit einem Einordnungshinweis versehen, in dem sie auf dessen umstrittenen Inhalt hinweist. Das hat das Verwaltungsgericht Münster mit einem Beschluss vom 11. April 2025 entschieden. Der Autor des betroffenen Buches hatte in einem Eilverfahren verlangt, dass die Stadt den Hinweis entfernt und künftig unterlässt – ohne Erfolg.
Wie das Verwaltungsgericht Münster in einer Medienmitteilung erklärte, hatte die Stadtbücherei im Jahr 2024 zwei Bücher mit einem Hinweis versehen. Darin heißt es: „Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt.“ Der betroffene Autor sah sich dadurch in seinen Grundrechten verletzt.
Das Gericht sah dies anders: Öffentliche Bibliotheken hätten nach dem nordrhein-westfälischen Bibliotheksgesetz einen Bildungsauftrag und dürften sich daher auch kritisch zu bestimmten Werken äußern – sofern dies sachlich bleibe. Das gelte laut Gericht sowohl für Empfehlungen als auch für warnende Hinweise. Eine Bibliothek dürfe nicht nur als „passiver Ausleiher“ fungieren, sondern auch inhaltlich Stellung beziehen.
„Sachlich korrekt gehandelt“
Eine spezielle gesetzliche Grundlage für den Hinweis sei nicht nötig, da der Autor dadurch lediglich faktisch, aber nicht gezielt in seinen Grundrechten beeinträchtigt werde, so das Gericht weiter. Auch eine Neutralitätspflicht, wie sie etwa im Umgang mit politischen Parteien gelte, bestehe gegenüber dem Autor nicht. Vielmehr habe die Stadtbücherei sachlich korrekt gehandelt: Der Einordnungshinweis sei ein Werturteil, das sich auf einen überprüfbaren Tatsachenkern stütze.
In dem Buch würden gesicherte historische Ereignisse wie die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki oder die Mondlandungen infrage gestellt. Die Bewertung des Inhalts als „umstritten“ sei daher nachvollziehbar. Dass bislang nur zwei Bücher einen solchen Hinweis erhalten hätten, sei laut Gericht ebenfalls nicht zu beanstanden – die Bücherei handele in der Regel anlassbezogen, etwa wenn Beschwerden aus der Nutzerschaft eingehen.
„Anlass für kritische Einordnung“
Auch sei der Hinweis nicht unverhältnismäßig. Ein Autor, der kontroverse Thesen aufstelle und dabei historische Tatsachen leugne, müsse damit rechnen, dass öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken dies zum Anlass für eine kritische Einordnung nähmen. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.
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