
Die Geschichte der dreizehnjährigen Emmi aus Fürstenau (Niedersachsen) ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Anfang März war sie im Schulunterricht leblos zusammengesackt. Sitznachbarin Johanna reagierte richtig und alarmierte den Lehrer, der wiederum den vorhandenen Schulsanitätsdienst. Per Herzdruckmassage und Defibrillator wurde gemeinschaftlich reanimiert. Mit dem Rettungshubschrauber wurde Emmi schließlich ans Universitätsklinikum Münster (UKM) gebracht. Um solche Ereignisse künftig auszuschließen, bekam sie hier einen neuartigen Defibrillator implantiert, der erst zum zweiten Mal bei einem Kind in Deutschland verwendet wurde.
Bis Anfang März war Emmi Figlarz ein augenscheinlich gesundes Mädchen und Schülerin an der Integrierten Gesamtschule (IGS) in niedersächsischen Fürstenau. Nach Unterrichtsende wollte sie eigentlich mit Freundin Johanna zu einer Arbeitsgruppe aufbrechen – doch dazu kam es nicht. Emmi sackte in sich zusammen und war nicht mehr ansprechbar. Geistesgegenwärtig legte Johanna Emmis Beine hoch – und stellte dabei fest, dass ihre Freundin nicht mehr atmete. Der per Telefon herbeigerufene Schulsanitätsdienst, der Klassenlehrer und eine Lehrerin versuchten eine Wiederbelebung mit Herzdruckmassage und schließlich kam sogar ein Defibrillator zum Einsatz – dass es einen solchen überhaupt an der Schule gibt, ist durchaus keine Selbstverständlichkeit. Bange Minuten später wurde Emmi über die Landesgrenze nach Münster ans UKM geflogen, da hier mit einer gut aufgestellten Kinderherzmedizin die schnellstmögliche und beste Versorgung gegeben war.
Am UKM wurde Emmi stabilisiert und trotz eines mehr als 20-minütigen Herzstillstands ohne neurologische Ausfälle wach. „Emmi litt offenbar zum Zeitpunkt ihres Zusammenbruchs unter akuten Herzrhythmusstörungen, einer sogenannten ventrikulären Tachykardie, die dann zu einem plötzlichen Herztod geführt hatte“, sagt der Kinderkardiologe Prof. Matthias Sigler. Und sein Kollege Dr. Philippe Grieshaber, Direktor der Kinderherzchirurgie am UKM, erläutert weiter: „Ein solch schweres kardiales Ereignis ist bei Kindern und Jugendlichen extrem selten und Emmi hatte Glück, dass die Rettungskette von der Schule, über den Notarzt bis hierher reibungslos und gut funktioniert hat“, erklärt Grieshaber. „Nur mussten wir sicherstellen, dass solche Ereignisse sich nicht wiederholen können und so haben wir in enger interdisziplinärer Absprache mit der Rhythmologie, Herzchirurgie sowie der Kinderkardiologie alle gemeinsam nach der für Emmi bestmöglichen Therapie gesucht.“
„Ein neuartiges ICD-System war nach unser aller Meinung die beste Lösung für Emmi.“
Schnell war klar: Ein implantierbarer Defibrillator (ICD) ist in Emmis Fall unumgänglich. Allerdings: Die gängigen Systeme für Erwachsene sind für Kinder gleich aus mehreren Gründen problematisch und können gerade für ein schlankes und sehr sportliches Mädchen wie Emmi sehr belastend sein. Die Herzmediziner entschlossen sich gemeinsam zu einem ungewöhnlichen Schritt: „Ein neuartiges ICD-System, wie es für die Behandlung von Erwachsenen zur Verfügung steht, war nach unser aller Meinung die beste Lösung für Emmi.“ Das System wird bisher nur von wenigen spezialisierten Herzzentren in Deutschland eingesetzt und in Emmis Fall wurde es überhaupt erst das zweite Mal bei einer unter 18-jährigen Patientin verwendet“, erklären Dr. Florian Reinke, leitender Oberarzt der Klinik für Kardiologie II, Rhythmologie und Dr. Andreas Löher, leitender Oberarzt der Herz- Thoraxchirurgie am UKM. Beide setzen das neue ICD-System erst seit diesem Jahr erfolgreich bei Erwachsenen ein.
Am dritten Tag nach der OP konnte Emmi nach Hause und geht, im Anschluss an eine Kurz-Reha, nach den Osterferien wieder in ihre Schule. Ihre Rettung hat sie Freundin Johanna, dem Schulsanitätsdienst der IGS Fürstenau, dem dort vorhandenen Defibrillator, dem guten Reagieren der Notärzte und nicht zuletzt den Herzmedizinern des UKM zu verdanken – viele kleine Zahnräder die optimal ineinandergegriffen haben. Ein Fall, der zeigt, wie wichtig es ist, dass auch Laien im Ernstfall, den man nie planen kann, Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten können. Dieser Überzeugung ist auch Dr. Andreas Atzeni, ärztlicher Leiter der Notarztversorgung im Landkreis Osnabrück. Er findet: „Ein Training für lebensrettende Laienreanimation gehört in jede Schule und sollte am besten flächendeckend bundesweit etabliert werden.“ Mit der Arbeitsgemeinschaft präklinische Notfallmedizin e.V. (AGPN) bietet er ehrenamtlich Fortbildungen zu Reanimationen an. 54 Schulen hat er in seiner Region inzwischen in Sachen Laienreanimation trainiert. Und wen wundert es: Die IGS Fürstenau war übrigens eine der ersten.
Transparenzhinweis: Dieser Inhalt wurde uns vom Universitätsklinikum Münster (UKM) zur Verfügung gestellt.
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