Wenn der Essener Frührentner Herbert Knebel mit seinen Freunden Ozzy, Trainer und Ernst im Congress-Saal der Halle Münsterland auftritt, kann man sich leicht vorstellen, dass da nicht in traulicher Runde über Kleingartenkultur diskutiert wird. Allerdings entern oder stürmen andere Bands die Bühne, Knebels „Affentheater“ schlurft eher, als das Programm „Männer ohne Nerven“ am Freitag Abend präsentiert wird.
Das mag daran liegen, dass die vier Herren seit immerhin schon anderthalb Jahren damit touren. Aber natürlich ist die Band so konzipiert. Allen voran der Trainer am Schlagzeug mit einer Jogginghose, die fast unter den Achseln sitzt und einer extrem langsamen Sprachmelodie, sehr bedächtig und leise, überzeichnet die Band. Dazu kommt Gitarrist Ozzy Ostermann im schrill bunten Hemd mit glitzernder Gürtelschnalle und schlecht sitzender Perücke, der ständig seinen Bauch präsentiert – stolz wie eine Hochschwangere. Dagegen nimmt sich Bassist Ernst fast schon normal aus. Kopf der Kleeblatt-Formation ist natürlich Herbert Knebel mit Hosenträgern und Schiffermütze, der singt, Geschichten erzählt und durch den Abend führt.
Die „betagten Herren“ erweisen sich als richtig gute Musiker, egal ob sie da Queens „We will rock you“ (Wir tun Euch jetzt rocken) oder „Ring of fire“ von Johnny Cash („Liebe ist ein heißes Ding“) inszenieren. Und da zeigen sie dann auch fließende Bewegungen, Herbert Knbel schüttelt seine Extremitäten und das Auditorium fällt schnell in ein rhythmisches Klatschen. Die meisten Zuschauer im ausverkauften Congress-Saal dürften auf Knebels Geschichten gewartet haben, die er zwischendurch immer wieder in typischer Manier, etwas unsicher dastehend, sich die Brille hochschiebend, kundtut. Geschichten, wie die, als er mit seiner Frau Guste Sandalen kaufen geht, damit seine Füße mal wieder belüftet werden, weil „die nämlich eigentlich in einem Salzstock eingelagert werden müssten.“ Guste hatte ihrem Gatten allerdings zuvor zum Dank für „Kotzmetik-Beratung“ ein Eis in der Waffel gekauft, 12 Bälle Schoko im Hörnchen. Der Verkäufer will Knebel mit Eis eigentlich nicht hinein lassen, doch Knebel wäre nicht Knebel, würde er sich nicht durchsetzen. Und sofort reicht ihm „Al Bundee“ ein Paar braune Wildleder-Sandalen. Leider hat Herbert Knebel nur eine Hand frei und reicht dem Verkäufer das Eis „nicht lecken“, schickt ihn – mit tropfendem Eis in der Hand – ins Lager, zwischenzeitlich rutschen schon mal zwei Eiskugeln auf die helle Auslegeware und eine Kundin in Stilettos läuft durch die Pampe, die sich mehr und mehr durch das Geschäft trägt. Irgendwann ist der Schuh-Verkäufer nervlich am Ende und verweist die Knebels nach draußen. „49,95 €“, sagt Knebel „stell Dir vor, wir hätten die Schuhe noch bezahlen müssen.“
Und schon wird wieder gerockt, zur Not auch mal Wolfgang Petrys Hölle, Hölle, Hölle. Die Stimmung steigt nach der Pause immer mehr an. Da merkt man einfach, dass das Affentheater aus echten Profis besteht, die mit Routine den Saal im Griff haben, und wenn Herbert Knebel erzählt, dass er auf den großen Bühnen der Welt aufgetreten ist, in Rio, Mailand, London und Telgte, dann ist man bereit, Telgte im südlichen Afrika zu verorten.
Ein schöner Abend, der die Besucher zufrieden stellte.
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