Seit Samstagnachmittag ist es „offiziell“, das alte Briefzentrum der Deutschen Post am Hansaring, an dessen Stelle in Zukunft ein neues Einkaufszentrum errichtet werden soll, ist von Hausbesetzern in Beschlag genommen worden.
Die Polizei ist seitdem vor Ort und beobachtet die Lage. Zunächst wurde der Zugang zum Gelände abgesperrt, um es weiteren Besetzern zu erschweren, auf das Gelände zu gelangen, diese Absperrung wurde aber in den späten Abendstunden aufgehoben und das Gelände ist wieder frei zugänglich. Auf Nachfrage erkläre Polizeisprecherin Angela Lüttmann, dass man lediglich vor Ort ist, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, ein weiteres Vorgehen aber davon abhänge, ob der Grundbesitzer einen Strafantrag stellt. Grundsätzlich, so Lüttmann, ist aber der Grundstückseigentümer für die Sicherung des Geländes erst einmal selbst verantwortlich.
Zeitgleich mit der Besetzung luden die Besetzer auf ihrer Homepage am Abend zu einer Party vor der Post ein, zu der sich auch etliche Unterstützer einfanden. Friedlich solidarisierte man sich bei Musik und Gesprächen mit den Hausbesetzern, zwar gelang es einigen Aktivisten die Absperrung zu durchbrechen, was aber für relativ wenig Aufregung auf beiden Seiten sorgte.
Im Interview sprachen wir mit „Momo“ von den Hausbesetzern über die Situation und Intention:
Warum habt ihr euch dieses Gebäude für die Besetzung ausgesucht?
Wir haben uns das Gebäude nicht einfach so ausgesucht, sondern wegen des politischen Kampfes, der im Viertel um dieses Gebäude geführt wird. Die Investoren-Brüder Stroetmann haben eine riesige Immobilie aufgekauft, um dort auf 5000 qm ein E-Center zu erbauen. Das in einem Viertel, in dem es eine Rundumversorgung gibt, was ja sogar durch eine Studie belegt ist, und zudem zu einer Zeit, in der wir weder Platz für Studierende, junge Familien, Flüchtlinge oder wohnungslose Menschen. Wir halten das für eine Schande, es gibt ja nicht mal genug Treffpunkte ohne Konsumzwang für Menschen die im Viertel wohnen um Kultur zu leben und Münster lebenswert zu machen.
Was gibt euch den Glauben, mit Hausbesetzungen konkrete Ziele zu erreichen? Gibt es Beispiele, wo mit solchen Aktionen konkret etwas erreicht wurde?
Grevener Str. 31, die Frauenstr. 24, zwei konkrete Beispiele, wo aus der Not heraus Wohnprojekte erkämpft wurden, die bis heute bestehen. Wir reihen uns da auch ein und fühlen uns mit diesen Menschen verbunden. Dieses Gebäude hier jedoch ist ja bereits „vergeben“ und soll für ein Einkaufscenter platt gemacht werden, deswegen möchten wir vor allem eine politische Frage stellen: Wem gehört die Stadt, der Summe ihrer Investoren oder den Menschen, die darin leben?
Wie gestaltet ihr die Zeit, in der ihr das Haus besetzt?
Wir werden hier ein soziales Zentrum eröffnen, haben es ja mit dieser Aktion quasi schon getan, werden es langsam auf- und ausbauen, werden konkret mit den Leuten hier im Viertel Perspektiven für dieses Gebäude entwickeln. Daran kann uns eigentlich nur Repression und Bürokratie hindern, ob dies auch passiert, werden wir sehen. Wir werden dieses Gebäude nutzen, für die Menschen, die hier leben.
Ist das nicht schwierig, etwas aufzubauen, das sich erst mal im Bereich der Straftaten bewegt und durch rechtsstaatliche Mittel jederzeit eigentlich beendet werden kann?
Die Beendigung der Besetzung durch rechtsstaatliche Mittel ist ja kein Automatismus. Zum einen muss ja erst mal Anzeige erstattet werden. Dies obliegt den Brüdern Stroetmann, die ja auch darauf verzichten könnten, immerhin gibt es etliche hundert Einsprüche gegen das Bauvorhaben. Zum anderen kann ja auch die Politik einwirken und auf Klientel-Politik verzichten. Der mediale Diskurs und die Solidarität im Viertel kommen ja auch noch hinzu, dies alles wird über den Ausgang entscheiden.
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