Fast könnte es sich um Science-Fiction handeln. Denn dieser Spiegel kann mehr, als seinem Betrachter schöne Augen machen. Er erkennt sein Gegenüber, begrüßt ihn oder sie, und er lädt den individuellen Vorlieben nach ein Profil auf die Spiegeloberfläche: die Verkehrslage auf dem Weg zur Arbeit, das aktuelle Wetter, die Lieblingslieder bei Spotify. Das Ganze lässt sich mit Handgesten oder der eigenen Stimme steuern – Schneewittchen 2.0 quasi.
Aber mit Märchen hat dieser „Smart Mirror“ nichts zu tun, sondern mit Elektrotechnik. Gleich vier solcher Spiegel haben Masterstudierende der FH Münster in ihrem Praktikum „Embedded Systems“ bei Prof. Dr. Peter Glösekötter konstruiert und gebaut. „Die Aufgabe war extra sehr frei gestellt“, berichtet Glösekötter. „Die Spiegel-Features und auch die Umsetzung sollten sich die Studierenden selbst überlegen. Wichtig dabei war allerdings, ressourcensparend zu arbeiten und ein möglichst energieeffizientes Ergebnis zu präsentieren.“
Und dafür hatten die Studierenden sehr viele Ideen. Die Gruppe von Lukas Scharlau lässt den Google Kalender auf den Bildschirm springen, das Internetradio geht an, die Tagesschau in 100 Sekunden flackert über den halbdurchlässigen Spiegel. Der Spiegel vom Team um Robin Weiß begrüßt den Morgen mit „Hey, Beauty“ und zeigt den aktuellen Mensaspeiseplan an. Ludwig Horsthemke, Kevin Ostenried und Janos Buttgereit haben vor allem an der Hardware getüftelt und eine Spiegelversion mit nur 44 Millimetern Breite gebaut. Dazu mussten sie sogar eigene Sensoren und Bewegungsmelder programmieren und einbauen, da die gängigen zu groß für ihren Spiegelrand waren. Der Spiegel lässt sich per Sprache steuern. Andere Modelle funktionieren mit Gesten – zum Beispiel reicht ein berührungsloses Wischen wie beim Smartphone, um die Oberfläche zu wechseln.
Neben den kreativen Features von Aktienkursentwicklungen bis hin zum Schminktipp mussten die Studierenden ihren Spiegeln aber auch eine künstliche Intelligenz einprogrammieren. „Sie müssen schließlich Gesten und verschiedene Personen erkennen“, erklärt Scharlau. „Und sie von einer vorbeifliegenden Fliege unterscheiden können.“ Weiß ergänzt: „Außerdem ermöglicht die Gesichtserkennung ein personalisiertes Benutzererlebnis.“
Ein ganzes Semester haben die Teams an ihren Prototypen getüftelt. „Es ist spannend, wie die Studierenden ihr Wissen aus den Vorlesungen interdisziplinär auf auftauchende Probleme anwenden“, sagt Glösekötter begeistert. „Momentan steht auch die Idee im Raum, mit den ,Smart Mirrors‘ eine Firma zu gründen.“
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