Epilepsie. Für die Differentialdiagnose anfallsartiger Bewegungsstörungen im Kindesalter ist Prof. Dr. Gerhard Kurlemann nicht nur in der Region, sondern in der Fachwelt bekannt. Mit seiner Tätigkeit am UKM ist nun leider Schluss: Nach knapp 40 Jahren in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin – Allgemeine Pädiatrie und 20 Jahren als Bereichsleiter der Neuropädiatrie geht der 65-Jährige in den Ruhestand.
Kurlemann prägte sein Fach, begleitete Patienten vom Kindes- bis in das Erwachsenenalter und scheute dabei auch keine Entscheidungen, die anderen als untypisch galten, zum Beispiel die Gabe von Cannabis bei Kindern. „Bei einem Jungen mit einer schweren Epilepsie ist daraufhin die Zahl der Anfälle deutlich gesunken, bei einem Mädchen haben wir mit Cannabis überhaupt erstmals einen Therapieerfolg gesehen“, erzählt der Mediziner. „Da man jedoch aus Tierversuchen weiß, dass Cannabis möglicherweise die Funktion der Nervenzellen verändert und so die weitere Hirnreifung und die Ausbildung kognitiver Funktionen gestört werden können, muss man jedes Mal abwägen und bei jedem Kind neu entscheiden.“
Der Arzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkten der pädiatrischen Epileptologie und seltenen neurologischen Erkrankungen war in zahlreichen medizinischen Beiräten tätig und hat diverse Leitlinien mitentwickelt, zuletzt wurde er mehrfach als Top-Mediziner in der Liste des Focus-Magazins geführt. Als Referent brachte er die Themen schon mit Titeln wie „Nicht alles, was zuckt, ist epileptisch!“ auf den Punkt. Von seinen Wegbegleitern erhält er ein ausgezeichnetes Zeugnis: „Er begeisterte Generationen von Studentinnen und Studenten sowie Kollegen in der Weiterbildung, aber auch langjährige Kinderärzte durch seine mitreißenden Vorträge und Videos. Praxisrelevante Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft lagen ihm immer am Herzen“, schreiben sie in ihrer Einladung zum 17. Neuropädiatrie Praxis-Seminar Münster-Bethel, das am 14. April anlässlich seines Ausscheidens stattfinden wird. Tagungsort ist – wie könnte es nach knapp 40 Jahren auf dem Campus anders sein – das Lehrgebäude des UKM, denn der über zwei Meter große Mediziner mit der markanten Frisur ist ein „Gewächs“ des Klinikums: Schon sein Studium finanzierte der gebürtige Ibbenbürener als Pförtner der Kinderklinik, der er bis heute treu geblieben blieb. Auch seine Frau Marianne lernte er am UKM kennen.
Die Verbindung zur münsterschen Universitätsmedizin wird auch zukünftig bleiben – und das nicht nur, weil Gerhard Kurlemann auf die Kliniktürme schaut, wenn er zu Hause im Garten sitzt. „Ich bin in Gesprächen mit der medizinischen Fakultät, weiter in der Lehre tätig zu sein. Ich denke, davon profitieren beide Seiten“, sagt der „Prof. des Jahres 1998“, der sich außerdem in sozialen Projekten wie beispielsweise der Kinderklinik in Bethlehem engagieren möchte.
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