Das Talkformat „Die Runde Ecke“ ist leicht erklärt: Menschen stehen auf einer Bühne und erzählen live ihre ganz persönliche Geschichte. So wie Ena, Claudia, Tanja, Sier, Markus, Svenja und Michael am vergangenen Freitag in der Adventskirche. Moderiert von Initiator Patrick Lynen sowie Antenne Münster-Moderatorin Melina Hemmer.
„Storytelling“ ist zurzeit in aller Munde. 33 Millionen Menschen sind in Deutschland in den sozialen Medien unterwegs und wissen: Es geht darum die Follower so zu begeistern, dass sie ihre eingestellten Inhalte teilen. Aber die Kunst, Geschichten zu erzählen, gibt es nicht erst seit es die sozialen Medien gibt. In vielen anderen Bereichen des Lebens werden Emotionen genutzt, um Inhalte zu transportieren. Beispielsweise um Kunden für ein Produkt zu begeistern, oder bei einem Vorstellungsgespräch zu überzeugen. Seit Anbeginn der Zeit erzählen sich Menschen Geschichten – um zu unterhalten, zu beruhigen, Wissen weiterzugeben, Erfahrungen zu teilen und um Werte zu vermitteln.
Zusammen mit Radio Antenne Münster und der Sparkasse Münsterland Ost brachte Patrick Lynen sein Storytelling-Format nach Münster. Dafür rief der münstersche Radiosender seine Hörer auf, ihre Geschichte zu erzählen. Vor einigen Jahren schaffte Lynen mit der Idee zur „Runden Ecke“ eine Plattform dafür. Seitdem standen viele Menschen in vielen Städten auf der Bühne und berichteten live aus ihrem Leben. Auch in Münster präsentierte „Die Runde Ecke“ einen bunten Mix lustiger, spannender und trauriger Geschichten. Die Gäste der „Runden Ecke“ in der Adventskirche hörten Dinge, die nachdenklich machten, Schicksalsschläge, lustige Anekdoten, skurrile Erlebnisse und traumatische Erfahrungen, erzählt von sieben Münsteranern. „Wir glauben immer, dass nur wir Geschichten erleben. Das ist aber nicht so. Wir alle erleben im Grunde ähnliche Dinge“, sagte Patrick Lynen. „Die Geschichte von Sier beispielsweise, ist eine Geschichte der großen Angst und am Ende der Wiederauferstehung. Solche Geschichten kennen wir alle.“
Sier war nervös, als er auf der Bühne stand. Da nahm er sich den Rat seiner Frau zu Herzen. Er schloss seine Augen, stellte sich vor, dass sein kleiner Sohn in der ersten Reihe sitzt und er ihm seine Geschichte erzählt. Sie handelte von seiner Flucht aus Afghanistan über Pakistan und Russland nach Deutschland. Von verschlossenen Grenzen, Schleusern, davon wie er und seine Familie sich in einem Transporter voller Leichen totstellen mussten, um über die Grenze zu kommen. Aber auch von Hoffnung auf ein besseres Leben. Nach einer langen Odyssee, die etwa ein Jahr dauerte, kamen sie in Berlin an. Heute lebt Sier in Münster und arbeitet in einem großen Modehaus.
Manchmal wurde es zwischen zwei Geschichten ganz still in der kleinen Kirche, wie bei der Geschichte von Sier. Dann zauberte Musiker Lukas Schlattmann mit Klavier, Gitarre, Mundharmonika und Gesang die passende musikalische Untermalung.
Michael erlebte vor 30 Jahren eine schöne Geschichte. Er war Student und mit seiner Traumfrau zusammen bis sie ihn von einem Tag auf den anderen verließ. Weil er dadurch in ein tiefes Loch fiel, nahm sich ein Mitstudent seiner an und schenkte ihm eine Bibel. „O Gott, ich habe ein echtes Problem und der schenkt mir eine Bibel“, dachte er damals. Aber er ließ sich darauf ein und las ab und zu darin. Sein Mitbewohner, der eingefleischter Atheist war, spielte ihm einen Streich. Er legte eine Banane auf die Bibel und einen Zettel mit der Aufschrift „Lieber Gott, warum ist die Banane krumm?“. Damals fand er das nicht witzig. Er legte die Banane zur Seite, schlug die Bibel auf und las dort folgenden Satz: „Freu Dich, wenn Du einen Glückstag hast und wenn Du einen Unglückstag hast, dann denke daran, Gott schickt Dir beide und Du weißt nicht, was als Nächstes kommt. Aber vergiss nicht, dass es bei allem auf Gottes Tun ankommt. Wer kann gerade biegen, was er krumm gemacht hat.“ Diesen Zufall hielt er für ein Zeichen. Als er tags darauf in die Mensa ging, gab es
dort zum ersten Mal Bananen zum Nachtisch. „Ein gelbes Meer von Bananen.“ Er nahm zwei, aß eine und wollte sich bei seinem Mitbewohner revanchieren, indem er ihm eine Bibel auf seinen Tisch legte, eine Banane drauf und die Stellenangabe des Zitates in der Bibel. „Ich habe nie wieder ein ketzerisches Wort von ihm gehört.“ Was er damals noch nicht wusste: Die vermeintliche Traumfrau war gar nicht die Richtige. Die lernte er wenig später kennen und ist nun schon seit 27 Jahren mit ihr zusammen.
Neben Patrick Lynen stehen noch drei weitere "Storyteller" hinter der "Runden Ecke". Dies und viele weitere Informationen gibt es auf der Seite die-runde-ecke.com.
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