Es war noch nie wirklich einfach, im Literaturdschungel den Überblick zu behalten. Heutzutage, wo fast jede/r einen eigenen Blog im Internet betreibt, ist es ein mutiges Unternehmen, seine Geschichten im Selbstverlag zu veröffentlichen und darauf zu hoffen, dass diese auch entdeckt, gelesen und möglichst vorher auch gekauft werden. Marius Münster ist allerdings der Meinung, eine kleine Perle an Erzählkunst entdeckt zu haben.
Als ich zufällig im Internet den Titel von GRETA ARENDs Paperback „Tragödien in Dur – Mit Ironie geht vieles leichter“ las, musste ich sofort an den Spruch aus einem Woody-Allen-Film denken: „Humor ist Tragödie plus Zeit.“ Wenn du heute an einem Fensterbrett oder einem Ast in 50 Meter Höhe hängst, ist das für dich eher nicht so lustig. Überlebst du das Abenteuer jedoch, kannst du Jahre später mit so einer Geschichte sicher manch einen Lacher landen auf langweiligen Small-Talk-Parties. Zumal Schadenfreude nicht erst seit der Zeit von klamaukigen Stummfilmen die sprichwörtlich „schönste Freude“ zu sein scheint.
Beim Lesen der 14 Kurzgeschichten wurden meine Erwartungen nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Manch eine der beschriebenen „Tragödien“ entwickelt im Verlauf der Geschichte eine so turbulente Eigendynamik, dass sie eher als Katastrophe bezeichnet werden kann. Dabei sind zwei Arten von Katastrophen zu unterscheiden: die zutiefst menschlichen und die mit jeder Menge Action. Das zieht sich von als harmlos geplanten Scherzen an anvertrauten Teenagern im Zeltlager, die zu einer Nacht voller Horror mit psychischen Spätschäden eskalieren, über einen dramatisch unromantischen Heiratsantrag, bis hin zu einem Feuerinferno mit apokalytischer Dimension.
Aber egal, ob verunglückter Schabernack oder Schicksalsschlag. Greta Arend beschreibt ihre Desaster mit einer so unverbraucht direkten Sprache, dass es nur so eine Lust ist, sie auf ihren putzmunteren Streifzügen durch die Sätze und Dialoge zu begleiten. Sie verzichtet größtenteils auf Methaphern, was sie davor bewahrt, sich im verbalen Gestrüpp von „hinkenden Vergleichen“ zu verhäddern. Ihre oft ätzende Ironie verschont weder Eltern und Geschwister, noch Freunde oder Nachbarn. So richig fies wird es, wenn die gebürtige Münsteranerin über ihren Ex-Mann schreibt.
Aber kaum eine Passage, in der sich die Autorin nicht auch selbst heftigst mit auf die Schippe nimmt. Eine Ausnahme von diesem Schreibstil sind die beiden Kapitel der Kurzgeschichte „Kindheit in Münster“. Hier gelingt es Greta Arend mit erstaunlicher Sensibilität, sich in die Nachkriegserlebnisse ihres Vaters hineinzuversetzen, die sie aus der subjektiven Perspektive eines 5-jährigen Jungen beschreibt. Dadurch entfernt sich die Stimmung dieser berührenden Episoden meilenmeit von dem üblichen „Opa-erzählt-vom-Krieg“-Geschwafel.
Der Coesfelder Liedermacher Meikel Fernweh, der auch in Münster kein Unbekannter ist, verzierte die Geschichten mit kleinen, lustigen Karikaturen, die er „Wobbel-Bilder“ nennt- wie wir im Anhang erfahren.
Fazit: Greta Arends Mühe, ihre Geschichten in einem 100-Seiten-Büchlein selbst zu veröffentlichen, hat sich gelohnt. Sie überzeugt als spätberufene Autorin mit ihrem Erstling auf voller Länge. „Tragödien in Dur“ ist eine kleine literarische Perle und verdient es wirklich, beachtet und gelesen zu werden.
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