Beinahe hätte es ausfallen müssen, aber zum Glück für die zahlreichen Besucher stellten Götz Alsmann und seine Band am Donnerstag ihr aktuelles Programm „L.I.E.B.E“ in der Halle Münsterland vor. Dem Titel folgend gab es viele Liebeslieder aus der langjährigen deutschen Schlagergeschichte – aber stets im ganz eigenen Stil dieser Band. Und viele Plaudereien von Götz Alsmann über Musik und Zeitkolorit.
Kaum hatte die Band die Bühne betreten, da legte sie ohne Umschweife los, mit dem swingenden Schlager „Musik liegt in der Luft“. Darauf folgte mit den Worten „Herzlich willkommen zu einem Abend voller Liebe!“ eine zumindest von Götz Alsmann ungewohnt knappe Anmoderation. Denn schon ging es weiter mit dem nächsten Lied, nämlich der „Summer Samba“ von Marcus Valle in der deutschen Version, wie France Gall sie in den 1960er Jahren als „So einen jungen Mann“ aufgenommen hat.
Wer nun aber befürchtete, dass es so atemlos weiter geht, konnte sich bald entspannt zurücklehnen: Wie erwartet und erhofft, füllte Alsmann die Pausen zwischen den Liedern mit blumig ausgeführten Erzählungen zu ihnen. Und so erfuhren wir, dass damals eben jene France Gall als erste Blondine zwischen den Bildern von Fury und Winnetou an der Zimmerwand des jungen Götz hing. Da wir damit schon mal die typischen Bravo-Poster jener Jahre vor dem geistigen Auge hatten, gab Alsmann noch ein passendes Motto für diesen bunten Abend preis: „Wer in der Tradition des deutschen Schlagers aufgewachsen ist, weiß alles über die Liebe. Wer in der Tradition des deutschen Schlagers aufgewachsen ist, hat einen Dr. Sommer nicht mehr nötig.“
Darauf deklamierte er – nicht ohne die üblichen Übertreibungen – ein sehr dramatisch klingendes Gedicht, das voll gespickt war mit Zitaten aus mehr oder weniger bekannten Schlagertiteln, bei denen es natürlich immer nur ein Thema gibt: die Liebe. „L.I.E.B.E.“ ist der Titel des aktuellen Albums und dieser Tournee, und selbstverständlich erklang die deutsche Version des von Bert Kaempfert komponierten Nat King Cole-Hits „L-O-V-E“ auch bei diesem Auftritt in der leider nicht ganz ausverkauften Halle Münsterland.
Der Abend hatte allerdings mit einer Schrecksekunde begonnen: Das Konzert wäre beinahe abgesagt worden, weil Percussionist Markus Paßlick sich beim Sturz von einer Rampe den Arm gebrochen hat. Dennoch erschien er mit dem geschienten rechten Arm auf der Bühne und spielte seine Instrumente mit der linken Hand. Diese Vorlage konnte Götz Alsmann nicht links liegen lassen und begrüßte seinen langjährigen Begleiter fortan nur noch als „den einarmigen Banditen“. Der so titulierte Paßlick nahm es gelassen hin und sorgte im Verlauf des Abends nun eben einhändig für musikalische Akzente, nicht nur auf den vertrauten Congas und Bongos, sondern auch auf der Melodica und mit vielen weiteren Schlaginstrumenten bis hin zur großen Samba-Trommel Surdo, die praktischerweise sowieso nur mit einem Schlegel gespielt wird.
Mit einer ähnlich großen Sammlung von Instrumenten prägt auch das andere langjährige Band-Mitglied, Altfrid Maria Sicking, den Klang des Ensembles, wobei Vibraphon und Marimba den größten Platz einnehmen. Ob lateinamerikanische Rhythmen wie Rumba oder Bossa Nova, swingender Jazz oder mitreißender Rockabilly – der junge Schlagzeuger Dominik Hahn und der Kontrabassist Ingo Senst sorgten für mehr als nur die solide Grundlage.
So einige selten gehörte Schätze hat Alsmann für das Album und diese Tournee aus den Tiefen der deutschen Schlagergeschichte geborgen und sie zu einem neuen Leben erweckt. Das „Zauberlied“ von Eva Busch aus dem Jahr 1934 zum Beispiel („Es geht ein Zauber von dir aus“). Oder die Michael Jary-Komposition „Unter den tausend Laternen“, die hier im sanften Rumba-Rhythmus erklang und zu der wir anschließend einiges Hintergründiges erfuhren. Über den fleißigen Vielschreiber Jary, der sich beim Noten setzen angeblich nur von Zartbitterschokolade und schottischem Whisky beflügeln ließ, und von dem Film „Die Stimme des Anderen“, für den er das Lied geschrieben hat. In dem klärte René Deltgen als Kommissar einen Kriminalfall „vermittels eines Magnetophons“ auf, wie Alsmann nicht nur betonte, sondern auch vom Publikum nachsprechen ließ.
Noch bildhafter beschrieb er seinen Weg zum Klavierspielen. Den ersten Impuls dazu soll eine Pädagogin im Kindergarten St. Josef-Süd („Na, hier werde ich nicht alt“) dem vierjährigen Götz gegeben haben, weitere die damaligen Fernseh-Pianisten Paul Kuhn und Horst Jankowski. Und ganz besonders ein Auftritt von Udo Jürgens in der Ratesendung „Was bin ich?“ mit dem Lied „Was ich dir sagen will (sagt mein Klavier)“. Hier kam dann endlich das Kinderklavier zum Einsatz, das den ganzen Abend zugedeckt auf dem Konzertflügel stand. Und das womöglich das gleiche war, mit dem der kleine Götz die Nerven seiner Eltern strapaziert hatte.
Das alles und noch viele weitere Geschichten trug Alsmann so engagiert vor, wie es viele noch aus der WDR-Show „Zimmer frei“ kennen. Dazu spielte die Band so ziemlich alle Lieder des aktuellen Albums und noch einige mehr, bis sie mit „Die kleine Stadt will schlafen geh‘n“ zum Ende kam. Die fast schon obligatorischen Zugaben bestritt Götz Alsmann zunächst alleine mit der Ukulele, bis seine Begleiter für ein letztes Lied zurück kehrten. Mit dem weniger bekannten Gitte-Schlager „Liebe ist doch kein Ringelreih’n“ im Rockabilly-Gewand inklusive Slap-Bass setzte die Götz Alsmann-Band einen würdigen Abschluss.
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