Es waren Nachrichten, die nichts Gutes vermuten ließen. Zahlreiche Tierheime in Deutschland meldeten vor wenigen Wochen Ebbe in ihren Käfigen und Zwingern. Als Ursache vermuteten die Leiter der Einrichtungen, dass durch coronabedingte Folgeerscheinungen wie Kurzarbeit, Home Office oder Arbeitslosigkeit aber auch durch eingeschränkte Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung viele Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen mussten und dadurch der Wunsch nach einem Haustier geweckt wurde. „Wir haben Corona, ich kann nicht verreisen, also kaufe ich mir einen Hund“, so vermutet Doris Hoffe bei vielen dieser Tierkäufer den simplen Grund für den Gang ins Tierheim.
In Münster konnte die Vorsitzende des Tierschutz-Vereins diese Entwicklung nicht beobachten, weit wären sie damit bei ihr und den anderen Mitarbeitern der Tierschutzeinrichtung an der Dingstieg ohnehin nicht gekommen, „Wir fragen immer nach den Lebensverhältnissen der Interessenten und nach der Ernsthaftigkeit des Interesses. Corona ist schließlich irgendwann auch wieder vorbei.“ Es gibt allerdings eine andere Beobachtung, die Doris Hoffe mit Corona in Verbindung bringt und die ebenfalls dafür sorgt, dass die Käfige leerer sind als sonst zu dieser Zeit, „Es gibt viel weniger Fundtiere, der Katzenbestand zum Beispiel war noch nie so niedrig!“ Normalerweise leben mindestens 100 Katzen im Sommer im Tierheim, jetzt sind es gerade mal um die 50. Als Ursache vermutet die 78-Jährige, dass wegen der Reisebeschränkungen weniger Menschen in den Urlaub fahren und ihre Tiere vorher aussetzen, „dann hat das Tier noch eine Gnadenfrist bis zum nächsten Urlaub.“
Ansonsten machen die Auswirkungen von Corona auch dem Tierheim zu schaffen. Doris Hoffe befürchtet, dass wegen der wirtschaftlichen Folgen die Spender zurückhaltend sein könnten, „Sanierungsarbeiten haben wir erstmal eingestellt. Ich weiß ja nicht, wie es weitergeht.“ Wenn ein Tier vermittelt wurde, finden durch die Mitarbeiter des Tierheims Nachkontrollen statt, um sicher zu sein, dass das Tier in gute Hände übergeben wurde, diese sind aktuell nur noch telefonisch möglich. Vermittlungen wurden während der Corona-Zeit nur nach telefonischer Voranmeldung durchgeführt, das hat für Struktur gesorgt, „das war eine sehr befriedigende Zeit“, wie die Vereinsvorsitzende betont, dauerhaft wir diese Vorgehensweise aber vermutlich nicht umsetzbar sein.
Ein anderer Trend macht Doris Hoffe Sorgen, der zunehmende Handel von Hunden über das Internet. „Stellen Sie sich das mal vor, Sie kaufen ein Tier nach einem Foto. Das würden Sie nicht mal mit einer Kaffeemaschine machen! Sie kaufen buchstäblich die Katze im Sack, und wenn Sie dann damit nicht klarkommen, verkaufen Sie es über das Internet weiter, Sie haben ja mal Geld dafür bezahlt. Die Tiere werden zum Wanderpokal, das macht mir wirklich Angst!“
Doris Hoffe hat Anfang der 1980er ihr Engagement für den Tierschutz entdeckt und eine Katzenschutzgruppe gegründet. Später wurde sie stellvertretende Vorsitzende des „Tierschutz-Verein Münster und Umgegend e.V.“, deren Vorsitzende sie seit 1990 ist. Das Tierheim an der Dingstiege gibt es seit 1957 und beherbergt über das Jahr rund 1800 Tiere. Die laufenden Kosten werden nur zum Teil durch die finanzielle Unterstützung der Stadt getragen, ein großer Teil wird über Spenden finanziert. www.tierheim-muenster.de
- Fotostrecke: skate-aid Night (23.11.2024) - 25. November 2024
- Im Maschinenraum der Diktatur Ausstellung „Alles wissen wollen“ informiert über die Stasi - 25. November 2024
- „Ufergespräche“: Münsters tückisches Kopfsteinpflaster Janina Fautz begeistert als Merle regelmäßig die Fans der Reihe "Wilsberg" - 23. November 2024