Neu auf dem politischen Parkett unserer Stadt ist die „Münster Liste“ (MBI). Erst im letzten Jahr schlossen sich Mitglieder verschiedener Initiativen, Vereinigungen und Bündnisse zusammen, um mit der Liste „Münster ist bunt!“ und den Spitzenkandidaten Werner Szybalski an der Kommunalwahl teilzunehmen. Am 17. Februar schloss sich die Gruppierung mit der „Internationale Liste“ von Dr. Georgios Tsakalidis zusammen, so entstand die Wählervereinigung „Münster Liste – bunt und international„. Der ursprüngliche Plan von Werner Szybalski, dass „die Parteien links von CDU und FDP eine gemeinsame Kandidatin für das Amt der Oberbürgermeisterin suchen und zur Wahl stellen“, ging nicht auf. Und so kandidiert nun der parteilose Grieche Dr. Georgios Tsakalidis als erster „migrantischer“ Bewerber um das Amt des OB von Münster. Wie den anderen Kandidaten haben wir auch ihm unsere Fragen gestellt.
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Wie bewältigen Sie und Ihre Wählerliste den Wahlkampf unter Corona-Bedingungen?
Ich und die tollen mitkämpfenden Aktiven unserer „bunten und internationalen“ Münster-Liste sind, sind durch die Pandemie dazu gezwungen, einen Wahlkampf zu machen, der überwiegend über die Sozialen Medien geht. Natürlich nehme ich auch jede Gelegenheit wahr, an Diskussionsveranstaltungen teilzunehmen, wenn mir als OB-Kandidat dieses Angebot gemacht wird. So z. B. an der vom DGB organisierten Veranstaltung im Bennohaus gestern Abend.
Wir sind als überparteiliche Liste sehr an dem Dialog mit den Menschen interessiert und führen in kleineren Gruppen jeden Tag Gespräche mit allen Interessierten. Ich bin zusätzlich jeden Tag ab 17.00 so präsent, wie es nur geht, halt unter erschwerten Corona-Bedingungen. Ich suche die Begegnung draußen, in den Cafés, auf der Straße oder den offenen Plätzen wie im Südpark.
Wohnraum ist in Münster schon lange knapp und wird immer teurer – was werden Sie und Ihre Wählerliste dagegen tun?
Das Thema Wohnen ist für die Münster-Liste sehr zentral. Wir unterstützen gemeinschaftliche Wohnraum-Initiativen, die bezahlbares Wohnen möglich machen. Dabei aber Flora und Fauna erhalten und sich für den sozialen und interkulturellen Zusammenhalt in ihren Wohnquartieren stark einsetzen. Besonders im Bereich der Wohnungssuche machen Migrantinnen und Geflüchtete immer häufiger Rassismus-Erfahrungen und das wollen wir thematisieren und auch verhindern. In Sachen neuer Stadtteil bin ich radikal gegen die Versiegelung bzw. Zementierung von Grünflächen. „Keinen Zentimeter Grün opfern, um einen neuen Stadtteil zu versiegeln.“ Es gibt eine andere Möglichkeit, um 4.000 bis 5.000 bezahlbare Wohneinheiten zu erstellen, ohne Grünes zu zerstören. Gerade in dieser Zeit merken wir mal wieder, wie wichtig jeder Baum und jeder Grashalm sind.
Wie sieht in Ihren Augen eine vernünftige Verkehrspolitik für Münster aus? Was wollen Sie und Ihre Wählerliste davon in den nächsten Jahren umsetzen?
Für uns „bunte und internationale“ ist das Thema Nachhaltigkeit auch im Verkehr und dem Klimaschutz eines der drei zentralen Themenfelder. Wir wollen eine emissionsarme (Innen-)Stadt und dazu müssen wir viel mehr auf Rad- und Fußwege umsatteln. Dies kann am besten geschehen, wenn die gesamte Verkehrsplanung an das Ziel der Klimaneutralität ausgerichtet ist. Was wir auf jeden Fall nicht machen werden sind Luxusprojekte für die Wenigen, die zu Mehrbelastung für die Vielen führen.
Welche 3 Dinge wollen Sie und Ihre Partei (bzw. Wählerliste) nach einer erfolgreichen Wahl zuerst für Münster durchsetzen? (Wenn Sie im Stadtrat die erforderliche Mehrheit dafür gewinnen können)
Es wäre super, in Fraktionsstärke in den Rat zu kommen, um dann auch die Möglichkeit zu haben, unsere Ziele besser zu erreichen. Wir würden als erste Handlungsmaxime die Einführung einer Milieu-Satzung in Angriff nehmen. Wir würden uns weiter stark einsetzen, damit das Markthallenkonzept der SPD im Hansaviertel nicht zum Zuge kommt, sondern auf dem Gelände der Bauruine bezahlbare Wohnungen, Bäume und Grünflächen sowie eine Kita entstehen können, die zum Kiez-Charakter des Hansaviertels passen. Im Rahmen des Etat-Haushaltes werden wir uns dafür einsetzten, dass MSO (Migranten-Selbstorganisationen) fairer und gerechter, dem Anteil der Bevölkerung entsprechend, an dem Haushalt partizipieren können.
Wollen Sie als „der verlängerte Arm des Integrationsrats“ in den Stadtrat? Oder haben Sie mehr auf der Agenda?
Ich mache Politik seitdem ich denken kann – um unmögliches möglich zu machen. Ich stehe zu dem Grundgesetz, wonach wir ein Primat der Politik haben, das leider kaum praktiziert wird. Ich will die tollen interkulturellen MSO unterstützen, damit wir die Vielfalt auch sichtbar machen können. Und ja – ich denke, ich werde eine wichtige Brückenfunktion zwischen dem Integrationsrat und dem Rat der Stadt bauen, damit wir gemeinsam die vielen Sprachen, Talente und Potentiale aller zugewanderter Menschen in Münster für ein friedliches Zusammenleben nutzen.
Was unterscheidet Sie persönlich von Ihren Konkurrenten im OB-Wahlkampf in Münster?
Ich bin der erste migrantische OB-Kandidat in der Geschichte der Stadt überhaupt. Im Gegensatz zu allen anderen habe ich keine deutsche Staatsbürgerschaft. Ich habe einen hellenischen Personalausweis, fühle mich aber klar als europäischer Bürger. Der inhaltliche Unterschied zwischen meiner Person und den anderen OB-Kandidaten kann größer nicht sein. Ich mache Politik direkt für die Menschen und nicht für die Reproduktion des eigenen Parteiapparates.
Was wollen Sie als OB besser machen als der amtierende Markus Lewe?
Wo soll ich da anfangen? Lewe hat es ja sogar geschafft, dass Münster nicht mal mehr Fahrrad-Hauptstadt Deutschlands ist. Das viel schlimmere ist aber, dass Münster auch in Sachen Migration / Integration / Flucht nur noch Mittelmaß ist. Ich möchte mit den vielen aktiven Menschen aus der Zivilgesellschaft eine mehr selbstverwaltete Stadt Münster nach dem Vorbild des Stadtsportbundes aufbauen.
Ich will Politik im Sinne von Aristoteles, auf allen Straßen, in allen Schulen und allen Wohnquartieren sowie Kultur und Kunstorte interessant und spannend gestalten. Während Lewe maximal verwaltet will ich, dem Primat der Politik folgend, die Macht von der Verwaltung weg mehr zu den Bürgern und Bürgerinnen verschieben.
Vertreter welcher anderer der jetzt zur Wahl angetretenen Parteien nervt Sie persönlich gerade besonders? Und warum?
Wenn ich ehrlich sein soll: Außer natürlich der ausgrenzenden AfD sind es schon Parteien wie die SPD, die Münsters Straßen volltapeziert hat, genauso wie die Grünen. Diese zwei eifern darum, wer am meisten die Umwelt und die Straßen verschandelt. Was die AfD betrifft, ist es für mich eine faschistoide, ausgrenzende, rechtspopulistische Partei. Wir müssen das in einer Demokratie zwar auszuhalten, aber gleichzeitig mit Vehemenz die Hetze und die Inhalte dieses National-Faschistoiden Konstruktes sachlich bekämpfen.
Hand aufs Herz: welchen Sportverein unterstützen Sie als Fan?
Als Düsseldorfer „Jong“, der die Zewe und Allofs Ära live im alten Rheinstadion miterleben durfte, bin ich natürlich Fortuna Düsseldorf Fan. Der Hellenisch-Europäische Teil ist PAOK-Saloniki Sympathisant.
Wo möchten Sie in Münster tanzen gehen, wenn es wieder möglich ist?
Beim interkulturellen Odak-Verein im Rahmen der Tanzraumbegegnung.
Georgios Tsakalidis ist 54 Jahre alt, Politikwissenschaftler und Berater in Sachen Integration. Familienstand: ledig Kinder: 2 wilde münsteraner Jungs in Athen In Münster seit: 1986 Bisher höchstes politisches Amt: Mitglied im Ausländerbeirat, Integrationsrat und Ausschuss für Stadtentwicklung
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