Am gestrigen Freitagabend lud die Karnevalsgesellschaft Böse Geister zu ihrer 38. Herrensitzung ein. Erstmalig wurde die Veranstaltung im JOVEL abgehalten anstatt wie in den vorherigen Jahren im Kongresssaal der Halle Münsterland.
„Willkommen auf dem Spukdeck“ liest man auf dem Banner in der aufwändig dekorierten Halle. Hunderte Luftballons zieren die riesigen Stahlsäulen. Überdimensionale Kerzenleuchter stehen auf weiß gedeckten langen Tafeln.
Man braucht kein Karnevalsexperte zu sein, um zu erkennen, dass es bei diesem Event ein klares Einlasskriterium gibt: Man muss männlich sein. Und seinen besten Anzug aus dem Schrank hervorholen. Die ausverkaufte Halle bietet mit den 440 Gästen ein Meer aus schwarz-weiß-gekleideten Gentlemen, die sich auf einen Abend „unter sich“ freuen. Zum Glück sind sie allerdings nicht wirklich nur unters sich, denn es hat sich jede Menge Besuch angekündigt! Allen voran natürlich ihr närrisches Oberhaupt: Prinz Sascha I., dessen Outfit zwischen all den Smokings noch einmal mehr ins Auge fällt. Das Publikum feiert den sympathischen Hoteldirektor und ist nach den ersten wenigen Veranstaltungen dieser Session schon beachtlich textsicher.
Auf Krawall gebürstet, junger Prinz?
Mit ihm auf der Bühne – und außerdem als Premiere bei der Herrensitzung – ist auch das Jugendprinzenpaar Lara Marie Tomas und Bert Müller, der direkt ein kollektives Raunen auslöst: „Ich habe gehört, dass das Durchschnittsalter bei einer Herrensitzung etwas näher am Renteneintritt liegt als an mir. Und die Stimmung wurde mir etwa so beschrieben, wie ein Dorffest bei Asterix und Obelix.“ Und weil er sowieso schon einmal in Provozierlaune ist, kommentiert der Urenkel von Carl „Pinkus“ Müller gleich noch die im JOVEL angebotene Biersorte: „Es gibt nur einen Unterschied: Der Zaubertrank hier kommt wohl kaum vom Druiden Miraculix, sondern aus der Warsteiner-Brauerei, was mich persönlich natürlich sehr stört.“ Ein guter Zeitpunkt, den gesanglichen Part einzuläuten!
Dass die Herrschaften wunderbar auf Mitsing-Kalauer anspringen, macht sich auch der folgende Musik-Act zunutze: Die Kölsche-Cover-Band aus… ja, tatsächlich: Everswinkel. Da fragt man sich: Können die denn überhaupt den Kölner Dialekt imitieren? Sie können.
„Ihr seid heute ohne Frauen hier und habt keine Verpflichtungen – trinkt Euch `n lecker Bierchen und habt eine gute Zeit!“ begrüßt Sänger Christoph Görges den Saal und sorgt mit Songs wie „Verdammt lang her“, „Für die Ewigkeit“ und „Drink doch eine met“ für genau das.
Es mag ein unglückliches Timing gewesen sein, den Comedian „Der Wolli“ vor eine gerade derart aufgepushte Menschenmenge zu stellen. Mit einem vollen Requisiten-Koffer und extra für diesen Auftritt aus Hamburg angereist, verliert er das akustische Duell. Einzig für seinen letzten Gag gewinnt er kurz die Aufmerksamkeit des Publikums, welches Zeuge davon wird, wie der Comedian mit dem Brummen eines Vibrators – in seinem Mund – einen Marianne Rosenberg-Song begleitet.
One-Woman-Show
„Sie ist eine kleine Diva, aber ohne Allüren“, sagt Moderator Ralf „Eppi“ Ebbing über die Sängerin Susan Kent. Dem hinzuzufügen wäre „und sie verwandelt sich binnen Sekunden sowohl optisch als auch gesanglich in alle erdenklichen Musikgrößen.“ Jeweils mit passender Perücke performt Kent als Shakira, Tina Turner und Helene Fischer – und die 440 Augenpaare im Raum können den Blick nicht von diesem Allround-Talent abwenden. Den Abschlussknall liefert sie mit „Highway To Hell“ von AC/DC – das aber natürlich OHNE Perücke, wie soll man damit sonst headbangen?
Um die Worte vom Jugendprinzen noch einmal aufzugreifen: Der „Zaubertrank“ fließt und die ersten Herren wünschen sich wohl, sich des Jacketts entledigen zu dürfen. Für einen weiteren Temperaturanstieg sorgt die Tanzcorps „Luftflotte Köln“ mit ihrer waghalsig erscheinenden Performance aus durch die Lüfte fliegender Artisten. Mit einer dicken Portion Beifall „und drei Punkten im Gepäck“ verabschiedet sich die Kölner Gruppe. Eine Anspielung auf die vorher vom 1. FC Köln gegen SC Preußen Münster gewonnene Partie.
Ein Männerchor singt Howard Carpendale
Als man denkt, man hat jetzt alles gesehen, betritt die selbst ernannte „schönste Boygroup der Welt“ die Bühne im JOVEL. Die Bandmitglieder von „Bis Maggas“ sind spärlich und schräg bekleidet und unterstreichen ihre Individualität mit Stücken wie „My Bonnie Is Over The Ocean“ und „Mein Hut, der hat drei Ecken“. Da überrascht es einen nicht mehr, wenn plötzlich der gesamte Raum lauthals zu „Ti amo“ von Howard Carpendale mitsingt und riesige Kronleuchter als Feuerzeugersatz durch die Luft geschwenkt werden. Das machen Männer also, wenn ihre Frauen nicht dabei sind!
Eine ausgelassene Herrensitzung neigt sich dem Ende und es ist an der Zeit, Danke zu sagen. „Bei der Vorbereitung für diesen Abend ist das Wichtigste ganz klar unser Elferrat!“ erklärt Eppi. „Seht Euch mal um – die ganzen Tische, die Deko… und was glaubt Ihr, wer die ganzen Luftballons aufblasen musste?“ Mit Eppis Münster-Hymne erklingen nicht nur die letzten Strophen des Abends, sondern auch das Versprechen: „Nächstes Jahr gibt es noch mehr Schwung, noch mehr Party und noch mehr Herrensitzung!“
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