Im April 1945 rollen britische und amerikanische Panzer durch eine Stadt, die in Asche und Ruinen versinkt. Die Alliierten bahnen sich ihren Weg über den Prinzpalmarkt, der wie die gesamte Innenstadt einer bizarren Trümmerwüste gleicht.
Es ist das erste Kapitel, das das Stadtmuseum in seiner großen Herbst-Ausstellung „Ende und Anfang – Münster in Fotos zwischen 1945 und 1949“ aufschlägt. Am Ende der beeindruckenden Schau spiegeln die Aufnahmen eine Stadt, die kaum vier Jahre nach Kriegsende die ersten Früchte eines Lebens in Frieden und Demokratie genießen kann.
Fotoschauen zur jüngeren Zeitgeschichte Münsters erhalten im Haus an der Salzstraße überragenden Besucherzuspruch. „Weit über 300 000 Gäste haben bislang unsere Reihe gesehen“, bilanziert zufrieden Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé. Die Fortsetzung nimmt nun die Jahre vom Ende des NS-Regimes bis zur Gründung der Bundesrepublik in den Blick. Aus mehreren Tausend Negativen wählte Ausstellungskurator Dr. Axel Schollmeier 150 Aufnahmen aus. Sie stammen aus den umfangreichen Beständen des Stadtmuseums, des Stadtarchivs und der Universitätsbibliothek. Der stellvertretende Museumsleiter: „Leihgaben erreichten uns auch aus Privatbesitz und Archiven aus Großbritannien und den USA. Die Ausstellungsbesucher dürfen sich auf viele Münster-Motive freuen, die erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen sind.“
Axel Schollmeier gliedert die Ausstellung in fünf Themenbereiche. Historische Aufnahmen flankiert er mit Vergleichsfotografien aus der heutigen Zeit und einem aktuellen Stadtplan-Ausschnitt.
Ein Schwerpunkt von „Ende und Anfang“ liegt mit rund 70 Fotografien auf der zerstörten Innenstadt, die nahezu dem Erdboden gleichgemacht worden ist. Bis in die 1950er Jahre sollten 2,5 Mio Tonnen Schutt geräumt werden. Aufnahmen dokumentieren allererste Räumungsarbeiten im Frühjahr 1945 – vielfach mit eigenen Händen und einfachen Schaufeln, noch ohne hilfreiches schweres Gerät. Ab 1948 sind deutliche Fortschritte im Stadtbild abzulesen. Der eiserne Wiederaufbauwillen der Münsteraner hatte Früchte getragen.
Ein weiteres Kapitel thematisiert Menschen und Schicksale. Hunger und Not bestimmten den Alltag, Flüchtlinge strömen in großer Zahl in die Stadt, lebten oft für Jahre unter katastrophalen Verhältnissen. Die Aufnahmen zeigen auch, wie um Normalität gerungen wurde. Menschen suchen und finden Arbeit, feiern Gottesdienste und selbst die Straßenbahn fährt wieder – wenn auch stark eingeschränkt.
Die Fotografien unter der Überschrift „Ein neuer Anfang“ beschäftigen sich mit dem vorsichtigen Aufbau demokratischer Strukturen unter britischer Aufsicht und dem Beginn der Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit. Bewegtes Erinnern an die jüdischen Bürger spiegelt das Foto anlässlich der Einweihung des Gedenksteins am Ort der ehemaligen Synagoge.
Das abschließende Kapitel widmet sich „Ereignissen und Veranstaltungen“ und lässt den Aufschwung ahnen. Handelsmessen in der Halle Münsterland bringen den Fortschritt, der Send auf dem Domplatz sorgt für Abwechslung, der 300. Jahrestag des Westfälischen Friedens im Herbst 1948 wird festlich begangen.
„Ende und Anfang“ spiegelt die Brüche und Kontinuitäten in der Geschichte Münsters. Die Bilanz des Nationalsozialismus bestand nach dessen Ende nur aus Zerstörung und Tod, eine Auseinandersetzung mit der Schuld an den in deutschem Namen verübten Verbrechen begann jedoch nur zögerlich. Das Leben der meisten Menschen war geprägt von der Not des Alltags und dem kräftezehrenden Wiederaufbau der Stadt. Unter diesen Vorzeichen hätte sich 1945 kaum jemand vorstellen können, dass am Ende des Jahrzehnts ein neues Münster Gestalt annahm und der Aufbau einer deutschen Demokratie zarte Erfolge sichtbar werden ließ.
"Ende und Anfang - Münster in Fotos zwischen 1945 und 1949“ bis 3. April 2016, Stadtmuseum Münster, Salzstraße 28, dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags/sonntags 11 bis 18 Uhr, Eintritt frei. Zur Ausstellung ist ein gleichnamiger Bildband erschienen (16,80 Euro).Das Museum bietet ein Begleitprogramm für Erwachsene und Kinder von zehn bis 13 Jahren an.
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