Die Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern im Gaza-Streifen hinterließen in den letzten Tagen auch in Münster sichtbare Spuren. So wurde auch Münsters Partnerstadt Rishon LeZion – mit der in diesen Wochen die 40jährige Städepartnerschaft gefeiert wird – von Raketen getroffen, wobei eine Bürgerin ums Leben kam. Und am Dienstagabend ist zudem eine israelische Fahne vor Münsters Synagoge verbrannt worden, was inzwischen Vertreter vieler Parteien und Institutionen der Stadt verurteilt haben.
Mit großem Entsetzen verfolge Oberbürgermeister Markus Lewe die Nachrichten aus Israel, heißt es in einer Pressemeldung der Stadt, „besonders als ich erfahren musste, dass unsere Freunde in Rishon LeZion in Gefahr sind“. Lewe sprach seinem Amtskollegen in der Partnerstadt, Raz Kinstlich, in einem Brief sein tiefes Mitgefühl aus und sandte gute Wünsche, verbunden mit der Hoffnung, „dass weise Entscheidungen getroffen werden zum Wohle der Menschen“.
Nach dem Vorfall an der Synagoge am Dienstagabend ermittelt der Staatsschutz der Polizei Münster gegen 13 Männer im Alter von 15 bis 46 Jahren. Den Tatverdächtigen aus Münster und Senden wird vorgeworfen, aus politischen Motiven vor der Synagoge an der Klosterstraße eine israelische Nationalflagge angezündet zu haben. Die von Zeugen alarmierten Polizisten nahmen die Personen vorläufig fest und brachten sie zur Identitätsfeststellung zu einer Wache.
Polizeipräsident Falk Schnabel verurteilt den Vorfall: „Diese Anfeindung gegen die jüdische Gemeinde in Münster ist abscheulich. Wir werden solche antisemitischen Straftaten konsequent verfolgen. Die Sicherheit unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger steht für uns an erster Stelle.“ Ersten Ermittlungen zufolge sind zehn der dreizehn Männer bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten, bislang jedoch nicht wegen politisch motivierter Kriminalität. Fünf Beschuldigte haben die syrische Staatsangehörigkeit, einer stammt aus der Türkei, einer hat die kosovarische, zwei die irakische, einer die israelische, einer die libanesische, einer die deutsche und einer die deutsche und togoische Staatsangehörigkeit. Die Ermittlungen dauern an. Die Polizei Münster hat die Schutzmaßnahmen an der Synagoge erhöht.
„In Münster sollen alle Menschen in Würde und ohne Angst leben“
In einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Münster, Sharon Fehr, hat Oberbürgermeister Markus Lewe das Verbrennen der israelischen Fahne auf das Schärfste verurteilt. „In Münster sollen alle Menschen, ganz gleich welchen Glaubens, in Würde und ohne Angst leben können“, unterstrich Lewe. Beide sind sich einig, dass in einer weltoffenen Stadt wie Münster, in der die Menschen, viele mit internationalen Wurzeln, im Allgemeinen friedlich und solidarisch zusammenleben, solche Taten keinen Platz haben. „Wer miteinander ins Gespräch kommt und sich kennenlernt, entwickelt Verständnis füreinander“, fordern Markus Lewe und Sharon Fehr zu einem fairen Miteinander auf.
Auch Regierungspräsidentin Dorothee Feller versicherte der jüdischen Gemeinde ihre Unterstützung und Solidarität. „Wer vor einer deutschen Synagoge eine israelische Fahne verbrennt, übt keine Israel-Kritik, sondern demonstriert seinen Hass auf alle Jüdinnen und Juden. Wir werden Antisemitismus niemals dulden“, so Dorothee Feller. Ausdrücklich lobte die Regierungspräsidentin die Zeuginnen und Zeugen des Vorfalls, die sofort die Polizei alarmiert hätten: „Das war vorbildlich! Nicht wegsehen, sondern Flagge zeigen – füreinander und miteinander. Wir lassen uns von Hass und Hetze nicht spalten“, so Dorothee Feller. Das beherzte Eingreifen der Zeuginnen und Zeugen habe das vollständige Verbrennen der Fahne verhindert und die Identifizierung von 13 Tatverdächtigen ermöglicht. Dies sei auch ein wichtiges Signal für die jüdische Gemeinde, so Dorothee Feller.
Ähnlich äußerte sich auch Stephan Orth, Sprecher des Kreisverbands der Grünen: „Als Grüne in Münster verurteilen wir jede Form von Antisemitismus. Natürlich beobachten auch wir die Eskalation der Gewalt in Nahost mit Sorge. Klar muss aber sein: Die Verknüpfung politischer Motive durch Übergriffe auf jüdisches Leben in Deutschland ist antisemitisch. Kein Konflikt legitimiert solche Übergriffe gegenüber Gotteshäusern und Gläubigen jedweder Religion. Die jüdische Gemeinde ist ein wichtiger Teil des Lebens in Deutschland!“ Und Sylvia Rietenberg, Sprecherin der Ratsfraktion der Grünen fügte hinzu: „Anschläge auf Synagogen sind unerträglich. Niemals dürfen solche Vorkommnisse hingenommen werden, niemals dürfen wir uns daran gewöhnen, dass jüdisches Leben in unserem Land und in unserer Stadt wieder bedroht wird. Es ist Aufgabe der Sicherheitsbehörden jüdische und israelische Einrichtungen effektiv und sichtbar zu schützen. Als Bürgerinnen und Bürger von Münster müssen wir jetzt aber auch solidarisch zeigen: Es ist völlig egal woher er kommt – wir stellen uns dem Antisemitismus in jeder Form entgegen.“
Die SPD Münster weist darauf hin, dass es auch in anderen Städten Nordrhein-Westfalens zu vergleichbaren Vorfällen gekommen ist und in Bonn sogar Steine auf die Synagoge geworfen wurden: „Wir verurteilen derartige Ausschreitungen als Reaktion auf die gefährliche Gewalteskalation zwischen Hamas und Israel, die in den letzten Tagen viele Opfer gefordert hat. Vorfälle wie der vor der Synagoge sind keine akzeptable Form der Auseinandersetzung. Die jüdische Gemeinde in Münster hat unseren Schutz und unsere Solidarität“, erklärten der Vorsitzende der SPD Münster, Robert von Olberg, und der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Marius Herwig, gemeinsam.
„Schlimme Szenen erreichen uns aus Israel. Seit zwei Tagen steht das Land und seine Zivilbevölkerung unter Raketenbeschuss. Dass jetzt hier in Münster Israel-Fahnen angezündet werden, ist unerträglich“, sagte Münsters CDU-Chef Hendrik Grau. Für die CDU gehöre die Solidarität mit Israel und den hier lebenden jüdischen Menschen zur DNS und sei nicht verhandelbar. „Wir als CDU Münster verurteilen die Verbrennung der israelischen Flagge vor der Synagoge auf das Schärfste!“ so Grau weiter, „es gibt hier keinen Fingerbreit Raum für Apologetik oder irgendwie geartete ‚Abers‘. Antisemitismus, auch wenn unter Deckmänteln daherkommend, darf in Münster nie wieder salonfähig werden.“
Auch Bischof Dr. Felix Genn äußerte sich dazu, dass am Dienstagabend vor der Synagoge in Münster eine israelische Flagge angezündet wurde: „Das und die Eskalation der Gewalt im Heiligen Land erfüllen mich mit tiefer Sorge. Gewalt ist nie ein geeigneter Weg, um Konflikte zu lösen. Religion darf nicht dafür instrumentalisiert und missbraucht werden, um Gewalt rechtfertigen zu wollen. Beten wir gemeinsam, dafür, dass die Gewalt im Heiligen Land rasch ein Ende findet.“
Rishon und Münster: Geteilte Augenblicke auf großer Leinwand
Auch wenn die Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas aktuell das Leben in Israel überschattet, soll das Jubiläumsjahr zum 40-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft mit Rishon LeZion gefeiert werden. Dazu werden schon am Freitag und Samstag (14. und 15. Mai) Aufnahmen aus dem Projekt „Sharing life in one moment“ im Stadtraum gezeigt. Die Aktion hatte der Künstler Thomas Nufer in Zusammenarbeit mit der Stadt Rishon LeZion und der Stadt Münster sowie mit Unterstützung des NRW Büros Israel durchgeführt. Im letzen Jahr waren die Bürgerinnen und Bürger beider Städte dazu aufgefordert, eine Momentaufnahme ihres Alltags zu fotografieren und dieses Bild im Internet zu teilen. Die dabei entstandenen Impressionen der „Geteilten Augenblicke“ werden nun auf einer Leinwand auf dem Sentenzbogen am Stadtweinhaus gezeigt – nach Sonnenuntergang ab etwa 21.15 Uhr und mit Tonuntermalung. Ab dem 14. Mai werden sie darüber hinaus mit Unterstützung der PSD Bank Westfalen-Lippe an der Medienfassade am Hafenplatz erscheinen.
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