Als der schwergewichtige John Falstaff mühsam aus der Themse klettert, die paar Haare wild zerzaust und um seine Körpermitte einen Rettungsring, kann man fast ein bisschen Mitleid bekommen. Aber natürlich hat er sich das selbst zuzuschreiben. Gestern war Premiere von Giuseppe Verdis komischer Oper „Falstaff“ mit einem grandiosen Bass Gregor Dalal in der Hauptrolle.
Kaum hat Falstaff sich an Land gehievt und ein Fischchen zurück in den Fluss geworfen, fängt er schon an zu singen, wie schlecht die Welt doch sei. Denn man hat ihn kurzerhand ins kühle Nass geworfen. Freilich singt er auf italienisch, die Übersetzung wird aber über der Bühne eingeblendet. Falstaff verkennt hingegen Ursache und Wirkung. Schließlich war er es, der seine Wirtsrechnung für Fasanen, Rehrücken und 30 Flaschen Sherry nicht bezahlen konnte. Und er war es auch, der dann auf die Idee kam, zwei verheirateten Frauen Avancen zu machen, um an das Geldsäckel der Gatten zu kommen.
Allerdings stellt Falstaff sich schon ziemlich dumm an, denn er schickt den beiden Damen Alice und Meg jeweils gleichlautende Briefe, die sich im wesentlichen darin unterscheiden, dass er einmal schreibt: „Lass mich der Ketschup auf Deinen Pommes sein“ und dann: „Lass mich die Majo auf Deinen Pommes sein.“ Es ist ein lustiges Spiel um Selbst-und Fremdeinschätzung. Natürlich kann man sich fragen, worin überhaupt der Reiz für die Damenwelt liegen soll, sich einem weitgehend haarlosen Obelix hinzugeben. Allein, Falstaff kommt gar nicht auf die Idee, das zu hinterfragen. Und dann kommt die Eifersucht hinzu. Früher hat man den Damen gar nicht zugetraut, dass sie selbständig Entscheidungen, auch emotionaler Art, treffen können. So ist es kaum verwunderlich, dass Ford, der Gatte von Alice (sehr schön gespielt und gesungen von Gary Martin), schon überlegte, das vermeintliche Liebespaar gemeinsam zu liquidieren.
Besonders hervorzuheben ist bei dieser Produktion, übrigens eine Inszenierung des Intendanten Ulrich Peters, das Bühnenbild. Schon zu Beginn sehen die Zuschauer eine leicht durchscheinende Leinwand mit dem Bild einer reetgedeckten Kate mitten im Wald. Dann öffnet sich das Bild, und drinnen sitzen Männer im Wirtshaus. Die typischen, schmalen, englischen Reihenhäuser, die Geschichte spielt in Windsor um 1400, sind sehr schön in zwei Fluchten zusehen, im Hintergrund eine Hafenatmosphäre mit Kran, beim großen Finale wächst sogar ein Baum auf der Bühne. Dazu kommen viele schöne, farbenfrohe Kostüme. Allein die roten Lackschuhe von Falstaff sind ein Hingucker. Großes Lob an Christian Floeren, der sich hierfür verantwortlich zeigt. Auch die Frauen, Mrs. Page, Mrs. Quickly, Nanetta und all die anderen singen so gut, dass die Oper zu einer richtig runden Sache wird. Daran hat selbstverständlich auch das Sinfonieorchester unter Leitung von Fabrizio Ventura seinen Anteil. So ganz durchringen kann das Publikum sich nicht zu standing ovations, auch wenn einzelne das forcieren. In jedem Fall war es ein schöner Opernabend.
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