Die beeindruckend großen, grauen Fahrzeuge sehen aus, als ob sie zu einer Expedition aufbrechen würden. Ganz falsch ist dies tatsächlich nicht, es geht allerdings nicht in die Wüste oder den Dschungel, sondern in den Untergrund. Das Projekt „Seismik Münsterland“ erkundet im November unterirdische Bodenschichten, um deren Eignung zur Erzeugung von Erdwärme zu klären. Um den Blick in die Tiefe zu ermöglichen, werden von großen Rüttelplatten unter den Trucks Vibrationen ins Erdreich entsendet, deren „Echos“ an den Gesteinsschichten von speziellen Mikrofonen, sogenannten Geophonen, an der Erdoberfläche aufgefangen werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berechnen dann ein genaues Bild des Untergrunds.
Volle 26 Tonnen wiegt einer dieser Vibro-Trucks, deren Schallwellen je nach Beschaffenheit des Untergrunds bis zu sechs Kilometer tief reichen können. Die Technik ist vergleichbar mit einer Ultraschall-Untersuchung beim Arzt oder dem Echolot eines U-Boots. Insgesamt fünf dieser Trucks bewegen sich entlang genau ausgearbeiteter Routen durch das Münsterland, Münster ist dabei die Pilotregion für die Suche nach Schichten, in denen sich heißes Tiefenwasser befinden könnte. Bei der Routenplanung war Fingerspitzengefühl gefragt, schließlich sollten weder Gas- noch Wasserleitungen durchgerüttelt werden, auch mit Blindgängern aus dem zweiten Weltkrieg vertragen sich die seismischen Untersuchungen schlecht. Nicht zuletzt wurden auch Umweltschutzbelange berücksichtigt. „Geothermie könnte auch in NRW schon in naher Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen, um Haushalte und Gewerbe mit klimafreundlicher Wärme zu versorgen – rund um die Uhr, verlässlich und witterungsunabhängig“, sagt Ingo Schäfer, Geologe beim Geologischen Dienst NRW.
Während der Messungen fahren die Vibro-Trucks auf Straßen und Wegen, halten alle 40 Meter an und senden dann für ein bis drei Minuten Schallwellen in den Untergrund. Um Verkehrsbehinderungen durch den langsam rollenden Konvoi zu vermeiden, finden die Messungen meist nachts statt. Dabei kann es entlang der Messstrecke zu Ruhestörungen von ein bis zwei Stunden kommen, wofür sich die Verantwortlichen des Geologischen Dienstes bereits im Vorfeld entschuldigen.
Das Projekt fußt auf einem Beschluss des Landtags zum Einsatz von Geothermie. Die Stadt Münster begrüßt und unterstützt das Projekt des Landes: „Klimaschutz und damit verbunden die Herausforderungen einer klimaneutralen Energieversorgung sind für die Stadt Münster die zentrale Aufgabe dieses Jahrzehnts“, betont Münsters Nachhaltigkeitsdezernent Matthias Peck. Auch Lisa Schmees, Pressesprecherin der Stadtwerke Münster, erhofft sich Vorteile für die grüne Energieversorgung Münsters: „Wir sehen hier eine große Chance, die Geothermiewärme in unser bestehendes Fernwärmenetz einzuspeisen und sind glücklich, dass das Projekt hier bei uns startet.“ Was Münster mit den Ergebnissen der Untersuchungen macht, bleibt allerdings der Kommune überlassen.
Bereits seit einigen Monaten informiert der Geologische Dienst NRW unter dem Namen Seismik-Münsterland über Facebook, Instagram und in kostenlosen Webinaren umfassend über die geplanten Messungen und die Nutzung von Geothermie. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die Nutzung von Erdwärme nicht von allen Menschen unkritisch betrachtet werden. Bei Geothermie-Kraftwerken kommt es gelegentlich zu kleineren Erdbeben. Standorte, an denen solche Ereignisse beobachtet wurden, werden sehr genau überwacht.
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