Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine ganz normale Hausarztpraxis. In der sechsten Etage des Büroturms an der Dieckmannstraße 200 arbeiten zwei Fachärztinnen und vier weitere Mitarbeiterinnen für Papierkram und Organisation. Die Besonderheit ist das, was im Namen anklingt: Die „Campus-Praxis“ am Rande Gievenbecks ist eine Art Außenstelle der münsterschen Universitätsmedizin. Die in NRW einmalige Einrichtung wurde in der vergangenen Woche offiziell eingeweiht.
Wer an der WWU Humanmedizin studiert und seine Kenntnisse in Praktika oder dem abschließenden „Praktischen Jahr“ vertiefen möchte, kann dies in den verschiedenen Einrichtungen des Universitätsklinikums Münster (UKM), in 29 angeschlossenen Lehrkrankenhäusern in Westfalen oder in 136 allgemeinmedizinischen Lehrpraxen tun. Wozu also noch ein weiterer Einsatzort? „Die Campus-Praxis ist keine Lehrpraxis im üblichen Sinne“, erklärt Dr. Bernhard Marschall, Studiendekan der Medizinischen Fakultät. „Dass diese Einrichtung vom UKM getragen wird und als Betriebseinheit offizieller Teil dieses Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ist, eröffnet ganz neue Möglichkeiten“.
„Während in einem normalen Praktikum ein Studierender einen Patienten nur eine bestimmte, meist kurze Zeit lang begleiten kann, ist das hier mittels Wahlpflicht-Kursen über Monate oder noch länger möglich. Das ist gerade bei chronischen Erkrankungen eine wertvolle Option“, ergänzt der Leiter des Centrums für Allgemeinmedizin (CAM) der Medizinischen Fakultät, Prof. Peter Maisel. Die neue Campus-Praxis diene dazu, „hausärztliche Versorgung in die unmittelbare Erlebniswelt der Studierenden zu holen“, verdeutlich Maisel das Konzept. Die Technik der Campus-Praxis ist auf das dahinterstehende Konzept abgestimmt: Die Räume werden so ausgestattet, dass Übertragungen in die etwa zwei Kilometer entfernten Hörsäle möglich sind. Ein weiterer Pluspunkt: Hochschullehrern, die Allgemeinmedizin vermitteln, aber keine eigene Praxis haben, kann das CAM in der Campus-Praxis ein Betätigungsfeld bieten.
Hilfesuchende Patienten werden von dem „Hidden Curriculum“, dem „versteckten Lehrplan“ hinter der Campus-Praxis, wenig oder nichts merken: „Was das Medizinische betrifft, also die Diagnose, die Behandlung und die technische Ausstattung, unterscheidet sich diese Praxis in nichts von denen anderer Fachkollegen“, so Maisel. Dr. Nikola Knoblauch und Dr. Alexandra Brauer, beide Fachärztinnen für Allgemeinmedizin, bieten im Westen Münsters auf 260 qm das gesamte Spektrum der hausärztlichen allgemeinmedizinischen Versorgung mit Akut- und Langzeitversorgung von Patienten aller Altersklassen an. Allenfalls die Tatsache, dass Studierende in die Behandlung eingebunden sind, wird die Besucher an den besonderen Status der Praxis erinnern.
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