Beim Konzert in der Friedenskapelle begeisterten die Zucchini Sistaz ihr Publikum mit lockeren Sprüchen, vielen bekannten Hits aus ihrem swingenden Repertoire, ein paar neuen Songs – und vor allem mit einem neuen Ritual.
Denn als ehemalige Garnisionskirche bot die Friedenskapelle den passenden Rahmen, um einen neuen Feiertag zu etablieren. Schließlich soll der „Tag der Zucchini“ langfristig das Weihnachtsfest ersetzen, wenn es nach den Wünschen der Zucchini Sistaz geht. Es wird sich in den nächsten Jahren von Münster aus über NRW und ganz Deutschland verbreiten, da waren sich die drei Musikerinnen ganz sicher.
Sie freuten sich daher, dass viele Besucher ihren Wünschen gefolgt waren und grüne Kleidungsstücke oder Accessoires trugen. Und bei ihrem feierlichen Einzug nach der Pause lautstark mitgesungen haben: „Zucchini, Zu—Chie-Nie“ nach der Melodie von Umberto Tozzis „Ti Amo“. Und dann vollzogen die drei Zucchini Sistaz mit großem Ernst die Zeremonie, die sie all die Jahre im Privaten durchgeführt hatten, erstmals in der Öffentlichkeit: die rituelle Aussaat von Zucchini-Samen, die Jule Balandat mit den Worten „Es ist vollbracht!“ abschloss. Aber nein, nach dem nächsten Lied fiel ihr ein, dass sie etwas vergessen hatten: nämlich „das Beet zu beschriften“. Flugs namen sie drei Pflanzenschilder aus ihrem Kopfschmuck und steckten sie in den Topf. Schließlich soll jeder sehen, dass dort mit „Cocozelle von Tripolis“ Zucchini in Bio-Qualität heranwachsen.
Dieses Kürbisgewächs zog sich an diesem Abend natürlich noch viel mehr durch das Programm, als es die Besucher ihrer Konzerte ohnehin schon gewohnt sind. So wurde das Gemüse schon mal zu einem Instrument und trug bei einigen Liedern als Schüttelei oder als Trommelstock zum Rhythmus bei. Und ein paar von ihnen zierten den Notenständer. So zog sich ein besonderer roter, nein: grüner Faden durch das Programm. Schließlich braucht jede Zucchini nicht nur Wasser, Licht und Wärme und „einen Quadratmeter Platz“ sondern auch eine „musikalisch-rhythmische Therapie“, wie die Zuschauer erfuhren. Die konnten dabei aber nie sicher sein, ob nun das Gemüse oder die Musikerinnen selbst gemeint waren.
Zu hören gab es wieder eine gewohnt geschmackvolle Mischung aus alten Swingklassikern, wie „Caravan“, „Don’t Sit Under The Apple Tree“ oder den „Boogie Woogie Bugle Boy“. Auch ihre eigenen, deutschsprachigen Kompositionen wie „Fräulein Flunker“ oder das Lied von „Egon“ durften nicht fehlen. Besonders bejubelt wurde ihre „Radlhymne“, was daran liegen könnte, dass die drei zu Beginn tatsächlich mit dem Tridem bis zur Bühne geradelt waren, das inzwischen wohl alle ihre Fans aus dem YouTube-Video kennen. Manche Lieder kamen in einem neuen, irgendwie lässigerem Arrangement daher. Sinje Schnittker durfte mit Trompete, Posaune oder Flügelhorn immer wieder zu kurzen Ausflügen in den Jazz ausbrechen. Und bei „Fever“ schweifte sie mit der Posaune und Tina Werzinger mit der Gitarre immer wieder ins James Bond-Thema ab. Freuen konnten sich die Besucher auch über zwei brandneue Lieder im Programm: den Jazz-Schlager „Dieses Lied hat keinen Text“ von Peter Igelhoff aus dem Jahr 1940 – und „Tanz der Moleküle“ von der Elektropop-Gruppe Mia in einer überraschend swingenden Version, die nicht nur dem Tontechniker ausnehmend gut gefiel.
So verließen die Zuschauer die ausverkaufte Friedenskapelle mit einem rundum guten Gefühl in die lauschige Frühsommernacht. Und einige sicher mit der Erwartung, ab jetzt jedes Jahr den „Tag der Zucchini“ mit einer ähnlichen Feier zu begehen.
Die Zucchini Sistaz haben diesen Feiertag allerdings nicht erfunden. Laut Wikipedia soll der "giorno dello zucchetto" einem im 17. Jahrhundert geprägten Brauch folgend alljährlich am 7. Mai begangen werden. Ungefähr so lange wird nämlich dieses eigentlich aus Amerika stammende Kürbisgewächs schon im Mittelmeerraum als Gemüse angebaut.
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