Eigentlich sollte das Weihnachtskonzert von El Bosso & Die Ping Pongs im kleineren Jovel Club stattfinden. Weil der Vorverkauf aber so gut anlief, entschied sich die Band, es in die größere Jovel Music Hall umzulegen. Die Band bewies, dass sie diese „Hochverlegung“ (wie sie es auf ihrer Homepage ausdrücken) wirklich verdient haben. Denn mit ihrem ansteckenden Ska brachten sie am Samstag zum 4. Advent buchstäblich alle im gut gefüllten Saal zum Tanzen.
Es ist fast schon so etwas wie eine Tradition, dass El Bosso & Die Ping Pongs in Münster kurz vor Weihnachten mit einem Konzert ihre Wiederauferstehung feiern, als wäre gerade Ostern. 1992 hatte sich die für die damalige deutsche Ska-Szene so wichtige Band auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs getrennt. Dr. Ring Ding gründete seine eigene Band und erweiterte sein musikalisches Spektrum, Markus Seidensticker verließ Münster und wurde schließlich Schauspieler, vor allem mit Engagements in Thüringen. Vor mehr als nur ein paar Jahren rauften sie sich aber wieder zusammen und haben seitdem zwei neue Alben und eine Live-DVD veröffentlicht. Vor allem aber begeistern die Teufelskerle immer wieder mit Live-Auftritten, bei denen Fans und Musiker bevorzugt zu den alten Stücken abgehen, als wären sie immer noch 17.
„Wer war 1986 bei unserem ersten Konzert am Pascalgymnasium dabei?“ fragte Markus Seidensticker im Jovel in seiner Rolle als El Bosso – und schon gingen bestimmt 20 Arme hoch. Zur Belohnung für diese Treue spielte die Band ein Lied aus dem damaligen Programm, das sie nie auf Platte oder CD gebracht hat und das hier nun neu war für die später hinzugekommenen Fans. Auch wenn wirklich jeder „It Must Be Love“ in der Version von Madness kennt (die, wie wir jetzt erst lernten, gar nicht das Original ist), überraschten die Ping Pongs nun mit ihrer ganz eigenen Darbietung und einem hübschen deutschen Text: „Es muss Liebe sein“, von El Bosso im Duett gesungen mit Dr. Ring Ding.
Überhaupt war dieser Abend im Jovel wieder wie ein großes Klassentreffen. Wahrscheinlich jeder im Publikum traf hier auf alte Bekannte und Freunde, Ex-Kollegen oder ehemalige Mitschüler. Dazu passten die vielen liebgewonnen Lieder, zu denen die meisten schon um 1990 herum gerne tanzten: „Wilhelm hat’s schwer“, „Katharin“ und natürlich „Immer nur Ska“ und „Wo ist diese Stadt?“, das erst in der Zugabe drankam. Zwischen den altbekannten und beim tanzenden Publikum zum Teil auch ziemlich kräftezehrenden Stücken spielte Münsters beste Skaband aber auch ein paar der neueren Titel oder mit geringerem Tempo, wie „Reich aber glücklich“, „Verliebt“ oder „Von vorn“. Die meisten davon hat Gitarrist Markus „Skacus“ Diekmann geschrieben, was seine Bandkollegen nicht müde wurden zu betonen.
Eröffnet wurde das Konzert auch diesmal wieder vom redegewandten Conférencier Adam Riese, der sich dafür extra einen Bart hat stehen lassen, wie es schien. So passte er jedenfalls wunderbar zum schmissigen Opener des Abends, „Der Mann mit Bart und Brille“. Auch wenn Riese die große Band als „Knecht Ruprecht und seine sieben Weihnachtsmänner“ angekündigt hatte, baten sie dann später selber um Geschenke. Das taten sie ganz so wie in den frühen Jahren, mit dem Lied „Gib mir was“. Nur warfen die Zuschauer jetzt nicht nur Kleingeld auf die Bühne, sondern auch große Münzen und sogar Scheine. Sichtlich gerührt kündigte El Bosso an, den Betrag karitativ zu spenden. Bevor zu viel Rührung aufkommen konnte, ging es aber schnell weiter mit witzigen Hits wie „Ich bin Touri“ oder dem Gassenhauer „Shame and Scandal“. Zum Schluss kamen auch die Jungs von MACSAT mit auf die Bühne, die den Abend mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Ska, Punk und Alternative Rock eröffnet und so den Staub vom inzwischen etwas abgegriffenen Konzept „Crossover“ abgepustet hatten. Da stand also diese junge münstersche Skapunkband zusammen mit den alten Helden auf der Bühne vor einem Publikum, in dem von Kindern bis zu Senioren scheinbar alle Altersgruppen präsent waren – das war dann doch etwas mehr als bei einem Klassentreffen.
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