Dieser Tatort aus Münster dürfte wieder vielen Fans gefallen haben: Freche Sprüche, vor allem vom Gerichtsmediziner Boerne, witzige Dialoge und eine Story, bei der Miträtseln durchaus wieder Laune macht. Endlich gab es auch für Claus D. Clausnitzer als „Vaddern“ und vor allem für Björn Meyer als Mirko Schrader mehr Raum, was dieser Folge gut getan hat.
Wenn Boerne (Jan Josef Liefers) seiner Mitarbeiterin Silke „Alberich“ Haller (ChrisTine Urspruch) das Kommando „Auf Drei“ gibt und beide gleichzeitig bei „Eins“ das Tuch über der Leiche zurückschlagen, ist klar, dass hier ein eigespieltes Team am Werk ist, auch wenn der Gerichtsmediziner mal wieder großzügig nach allen Seiten austeilt, vor allem in Richtung seiner kleinwüchsigen Kollegin. Boerne ist es dann auch, mit dem die neuen „Sensibilitätsbeauftragten“ Haller und Schrader alle Hände voll zu tun haben und dies nicht nur wegen Sprüchen wie, „Frau Haller ist immer klein, Herr Schrader ist nur nach Feierabend schwul.“ Während solche Spitzen an Silke Haller dank hinreichender Übung nicht nur abperlen sondern pointiert pariert werden, bricht die Studentin Emmalotta (Yvonne Pferrer) auch schon mal am Seziertisch in Tränen aus, weil sie einen dummen Fehler gesteht und von Boerne des Saales verwiesen wird. Einen Boerne muss man zu nehmen wissen! Retourkutschen wie „Bis der Herr Professor sein übergroßes Ego eingepackt hat, bin ich drei Mal im Institut“ von Silke Haller machen dann doppelt Spaß!
Insgesamt war der Tatort „MagicMom“ wieder eine Folge, die mit Humor zum Teil jenseits aller Grenzen der Political Correctness aufwartet, Themen wie die Jagd nach Aufmerksamkeit in den Sozialen Medien oder Gendergerechtigkeit aufgreift, ohne allzu plakativ daherzukommen und auch Slapstick-Einlagen wie in der Anfangsphase des münsterschen Krimikollektivs wieder aufgreift. Und wenn Boerne mit einer Influencerin spricht und sich wundert „Was sind Sie? Altes Eisen mit Ende 20? Was bin ich denn dann?“ und Thiel trocken erwidert „Kurz vor der Schrottpresse!“, dann sind das Zitate für die Ewigkeit des Tatort-Kosmos! Witzige Gimmicks wie Einblendungen im Stil der Instagram-Stories sorgen für Überraschungsmomente. Dass der CSD auf dem Markt im Rathausinnenhof einen eigenen Stand hatte und bei den Szenen auf dem Prinzipalmarkt im Hintergrund deutlich die Trauerbekundungen zum gewaltsamen Tod von Malte C. zu sehen sind, dürfte kein Zufall sein und ist ein starkes Zeichen in einem Tatort, der ansonsten eher für Witz und Leichtigkeit bekannt ist.
Heimlicher Star dieser Folge ist neben Liefers, Prahl, Urspruch, Meyer und Mechthild Großmann ganz klar Rolf Kuhn, der geschmeidige Alleinunterhalter aus Wuppertal. Seine Gesangseinlagen am Rande des jahrmarktartigen Budensammelsuriums, stilecht gekleidet in Show-Sacko und Glitzerschuhen, runden diese Folge künstlerisch ab. Das hat Spaß gemacht, ein gutes Rezept gegen Boern-Out!
Fotos: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas Kost
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