Der Rat der Stadt Münster hat gestern einer Übergangsfinanzierung für den Aufbau des Corona-Impfzentrums in einem Teilbereich der Halle Münsterland zugestimmt. Der Beschluss ermöglicht die Vorfinanzierung kurzfristig anfallender Kosten für den Aufbau und den Betrieb der Einrichtung in Höhe von zunächst einer Million Euro.
Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer sagte: „Dieser Ausgabenblock war bei der Haushaltsauftellung nicht absehbar und ist in seiner abschließenden Höhe auch jetzt noch nicht präzise kalkulierbar.“ Unter anderem sei noch unklar, wie lange das Impfzentrum in Betrieb bleiben müsse. Laut Heuer wird das Zentrum in der kommenden Woche funktionsbereit sein. Für Freitag plant die Stadt die Veröffentlichung weiterer Details zu diesem Thema.
Die städtischen Finanzen standen im Zentrum der Ratssitzung am Mittwoch, die wie schon die erste Sitzung nach der Wahl wieder in der Halle Münsterland stattfand. Stadtkämmerin Christine Zeller brachte ihren Entwurf für den Haushaltsplan 2021 ein. Üblicherweise verabschiedet der Rat den Haushalt in der Dezembersitzung. Wegen der Kommunalwahl im vergangenen September verschiebt sich der Zeitplan in diesem Jahr jedoch um zwei Monate. Der Entwurf der Kämmerin ist erwartungsgemäß geprägt von den Verwerfungen der Corona-Pandemie. Allein die Corona-bedingte Belastung im Jahr 2021 beträgt fast 55 Millionen Euro.
Oberbürgermeister Markus Lewe sagte in seiner Haushaltsrede: „Die menschlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung sind bereits heute dramatisch und werden sich im Verlauf der nächsten Monate weiter zuspitzen.“ Während die städtischen Ausgaben nahezu unvermindert weiter anfielen, gingen die Einnahmen deutlich zurück. So habe die Stadt die Beiträge für Kitas, Bäder, Theater, Musik- und Volkshochschulen erstattet oder gar nicht erst erhoben. Die Gewerbesteuer sei zinslos gestundet und die Tanzsteuer abgeschafft worden. Umgekehrt sei zur gezielten Struktur- und Existenzsicherung freier Kulturbetriebe und Kulturträger ein kommunaler Unterstützungsfonds in Höhe von 400.000 Euro eingerichtet worden.
Die Welt werde nach der Pandemie zwar eine andere sein. „Wir müssen die Veränderungen aber auch als Chance begreifen und unsere Zukunft auch weiterhin mit Mut und Zuversicht gestalten“, so der Oberbürgermeister. Nicht zuletzt sei in der Pandemie erneut der ausgeprägte Zusammenhalt der Münsteranerinnen und Münsteraner deutlich geworden. Lewe: „Die starke Solidarität der Bürgerinnen und Bürger untereinander und mit ihrer Stadt war und ist ein Garant dafür, dass wir die Corona-Krise bislang besser gemeistert haben als viele andere Städte in Europa.“
Lewe hebt Wohnungsbautätigkeit in Münster hervor
Durch die Unterstützung von Bund und Land sei es gelungen, das Investitionsvolumen von Städten, Kreisen und Gemeinden aufzufangen. Lewe: „Die wichtigsten Wachstumsprojekte konnten so stabilisiert werden und das gesellschaftliche Klima vor einer Zuspitzung der Verteilungskämpfe bewahrt werden.“
So schreiten in Münster unter anderem die Arbeiten an den neuen Stadtquartieren York und Oxford mit insgesamt 3000 neuen Wohneinheiten trotz der Krise gut voran. Lewe nannte das Thema Wohnen „eine der größten zukunftsentscheidenden Aufgaben unserer Stadt“. Der Wohnungsbau in Münster befinde sich auf einem herausragend hohen Niveau. Münster habe mit 1750 Wohnungen zuletzt die höchste Zahl an Baufertigstellungen seit dem Jahr 2000 erreicht. Das fortgeschriebene Baulandprogramm sehe über 10.000 neue Wohnungen in über 40 Baugebieten vor. Lewe: „Zusammen mit Frankfurt verzeichnete Münster im Zeitraum von 2012 bis 2017 die relativ zur Einwohnerzahl größte Wohnungsbautätigkeit. Und die Erweiterung der Kapazitätsreserven durch die neuen Baugebiete lässt auch für die nächsten Jahre eine weitere Steigerung der Wohnungsneubauzahlen erwarten.“
Ausblickend machte Lewe deutlich, dass auch in den kommenden Jahren Stabilisierungshilfen von Bund und Land notwendig seien, um insbesondere Kürzungen bei den Investitionen zu vermeiden. Stadtkämmerin Christine Zeller beschrieb den aktuellen volkswirtschaftlichen Rahmen ihres Zahlenwerks. „Die Pandemie hat in den vergangenen Wochen und Monaten zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Anders als in früheren Krisen ist auch ein großer Teil der Dienstleistungen betroffen“, so die Kämmerin.
Dennoch müsse die Haushaltsautonomie der Stadt Münster verteidigt werden. Im Zentrum des Haushaltsplanes stehe die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit städtischen Leistungen. In etwa auf dem Niveau des laufenden Jahres plant die Kämmerin im kommenden Jahr Aufwendungen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Die beiden größten Kostenblöcke werden sein: Der Bereich der sozialen Leistungen (320 Millionen Euro) und die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (287 Millionen Euro).
Stadt rechnet mit Corona-bedingt schrumpfenden Steuererträgen
Auf der anderen Seite plant die Stadt im kommenden Jahr mit Erträgen von rund 1,25 Milliarden Euro und geht von deutlichen Veränderungen gegenüber dem Jahr 2020 aus. Wesentliche Ursachen sind Corona-bedingt schrumpfende Steuererträge (602 Millionen Euro nach 647 Millionen im Vorjahr), darunter vor allem bei der Gewerbesteuer und beim Anteil an der Einkommensteuer. Zeller: „Der Haushalt der Stadt Münster wird auch in den nächsten Jahren deutliche Defizite ausweisen.“
Im kommenden Jahr rechnet die Verwaltung mit einem bereinigten Defizit von 12,2 Mio. Euro. Die Corona-bedingte Belastung des städtischen Haushalts ist darin nicht enthalten, sondern separat ausgewiesen; sie beträgt zusätzlich 54,7 Mio. Euro. Diese zusätzliche Belastung verringert das städtische Eigenkapital nicht im Jahr 2021, sondern erst in späteren Jahren (ab 2025). Das Bild des nicht ausgeglichenen Haushalts setzt sich in den Jahren der mittelfristigen Ergebnisplanung mit Defiziten von 69,9 Mio. Eurp (2022), 56,1 Mio. Euro (2023) und 52,6 Mio. Euro (2024) fort.
Trotzdem hält die Stadt an ihrem ehrgeizigen Zukunftsprogramm fest und will in den kommenden Jahren zwischen 250 und 330 Millionen jährlich investieren, insgesamt 1,2 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024. Die Ansätze bewegen sich dabei auf dem Niveau der aktuellen Mittelfristplanung bis 2023. Stadtkämmerin Zeller: „Die jetzigen Ansätze greifen die Erfahrungen der vergangenen Jahre auf: Sie berücksichtigen zum einen die Vielzahl großer Investitionen in die Zukunftsthemen der Stadt ebenso wie deren faktische Realisierbarkeit.“ Zu den größeren geplanten Investitionen gehören zum Beispiel die Modernisierung der Hauptkläranlage (4. Reinigungsstufe) mit rund 117 Millionen Euro, der Ausbau der Velorouten in der Stadtregion mit rund 53 Millionen Euro und der Neubau der Feuerwache 3 mit rund 26 Millionen Euro. Daneben fließen erhebliche Summen in die Schulinfrastruktur und in den Neu- und Umbau von Kindertageseinrichtungen. Vor zehn Jahren investierte die Stadt noch 225 Euro je Einwohnerin und Einwohner. Im Jahr 2019 lag der Wert bei 418 Euro.
Oberbürgermeister Markus Lewe bringt den Spagat zwischen Sparen und Investieren so auf den Punkt: „Eine generationengerechte Politik bedeutet, dass wir die Schulden begrenzen müssen, um unseren Kindern Gestaltungsspielräume zu erhalten. Sie bedeutet aber nicht, auf wichtige Investitionen für die Zukunft unserer Stadt zu verzichten.“
Beschlossen hat der Rat ausserdem weitere Unterstützungsangebote für die münsterische Gastronomie. Unter anderem soll die Nutzung öffentlicher und privater Flächen im städtischen Eigentum für die Außengastronomie und für das Schaustellergewerbe bis Ende 2021 kostenfrei möglich sein.
Mit der Besetzung von knapp 20 Ausschüssen und Kommissionen machte der Rat in seiner zweiten Sitzung nach der Kommunalwahl am 13. September den Weg zur Rückkehr in den politischen Alltag in Münster frei.
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