Ulrich Badde ist zum Vorsitzenden Richter am Landgericht Münster ernannt worden und ist damit die derzeit einzige blinde Person, der in der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Landes NRW ein solches Beförderungsamt übertragen wurde.
Badde ist seit 2006 Richter und wurde am Land- und Amtsgericht Münster eingesetzt. Im Jahre 2011 wurde er zum Richter am Landgericht ernannt und war vorwiegend in der Zivilbeschwerdekammer im Einsatz. Badde hat eine Arbeitsassistenz an seiner Seite, die ihm die zu bearbeitenden Akten vorliest und ihn bei der Erstellung von Beschlüssen und bei der Durchführung von Anhörungsterminen sowie sonstigen richterlichen Tätigkeiten unterstützt. Sein Computer ist mit einer Braillezeile, auf der der Bildschirmtext in Blindenschrift dargestellt wird, und einer Sprachausgabe ausgestattet. Badde selbst sagt über die Anfangszeit als Richter, dass die Einarbeitungszeit für ihn wahrscheinlich anstrengender war als für sehende Kollegen und dass er insbesondere bei umfangreichen Verfahren schnell gemerkt habe, dass er für die Durchdringung der Akten mehr Zeit benötige. Das sei insbesondere in seiner amtsgerichtlichen Zeit bei Eilentscheidungen stressig gewesen. Er betont aber auch, dass er von Anfang an Unterstützung und Rücksichtnahme „von oben“ und aus dem Kollegenkreise erfahren habe.
Dass er einmal eine Beförderungsstelle erhalten würde, sei für ihn bei Beginn seiner Tätigkeit nicht vorhersehbar gewesen. „Es gab da keinen vorgezeichneten Weg. Ich habe mich irgendwann entschlossen, dass ich gern die Erprobung beim Oberlandesgericht Hamm machen würde. Aber wie wir genau damit umgehen, dass ich kein klassisches Strafkammerjahr machen kann, oder wie meine Tätigkeit als Vorsitzender genau aussehen würde, wussten wir alle noch nicht.“ Im Nachhinein schaut er auf seine Erprobungszeit beim Oberlandesgericht sehr positiv zurück: „Ich war in sehr engem Austausch mit der Schwerbehindertenvertretung, und wir haben für mich ein Umfeld geschaffen, in dem wir die Balance aus Rücksichtnahme und Herausforderung wieder einmal perfekt hinbekommen haben.“
Nach der Rückkehr an das Landgericht Münster wurde er zunächst für 15 Monate in der Strafvollstreckungskammer eingesetzt und übernahm die Aufgabe des Gnadenbeauftragten, die er bis heute innehat. Seit Ende August 2021 ist er auch wieder Mitglied der Zivilbeschwerdekammer, für die er wegen seiner jahrelangen Erfahrung unersetzlich ist. Nach seiner Beförderung konnte er den Vorsitz in dieser Kammer übernehmen. Badde selbst hofft, dass seine Beförderung ein Zeichen auch an andere Kolleginnen und Kollegen in vergleichbaren Situationen ist und dass er durch seinen Weg zeigen kann, was man trotz einer Behinderung erreichen kann. „Denn“, so sagt er, „es ist für alle Seiten ein unbeschreibliches Gefühl, wenn der Austausch zwischen Geben und Nehmen funktioniert und man gemeinsam ein Ziel, wie das der Beförderung eines schwerbehinderten Kollegen, erreichen kann. Das darf ruhig noch öfter in der Justiz passieren.“
Transparenzhinweis: Dieser Inhalt wurde uns von Landgericht Münster zur Verfügung gestellt.
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