Bevor die Echoes of Swing so richtig loslegen, geben die vier ganz in schwarz gekleideten Herren erstmal ihre Visitenkarte ab. Das machen sie natürlich musikalisch. Zumindest Chris Hopkins am Alt-Saxophon, Colin T. Dawson an der Trompete und Bernd Lhotzky am Flügel. Einzig Schlagzeuger Oliver Mewes zeigt erst unmittelbar vor der Pause, was er auch alleine kann – und weckt damit den Hund auf, der bis dahin selig vor der Bühne schlief. Gestern Abend spielten die Band in der Friedenskappelle am Willy-Brandt-Weg unter dem programmatischen Titel „Dancing“ – so der Titel der letzten CD.
„Mal sehen, was der Abend so bringt,“ sagt Chris Hopkins zu Beginn und ergänzt: „Wir werden einige Grenzen überschreiten.“ Das ist nicht zu viel versprochen. Seit fast 20 Jahren spielt das Kleeblatt schon zusammen. Das merkt man natürlich, nicht nur an der Musik, sondern auch an den Scherzen, die bekanntlich alles abrunden. Als Pianist Lhotzky schon einen neuen Song einzählt, bremst Hopkins urplötzlich ab und sagt: „Wir können auch was anderes spielen, wenn ihr wollt.“ Was so plötzlich und unvermutet wirkt, ist sicher kultiviert worden. Aber es ist eben feine Unterhaltung. Das machen die vier richtig gut.
Mit Dixieland-Jazz und New Orleans hat die Musik übrigens fast nichts mehr zu tun. Die Combo ist so breit aufgestellt, dass das Auditorium immer wieder sprachlos ist. Allen voran der Mann am Flügel, Bernd Lhotzky, erzählt gerne Geschichten wie die, als er am Münchener Oratorium vorspielen musste und sich eine zweiseitige, vermeintlich leichte Chopin-Etüde aussuchte. Die stellte sich in der Folge allerdings als so schwer heraus, dass er an der gemeinsamen Klassenfahrt nach Rom nicht teilnehmen konnte, weil er ja Chopin üben musste. Deshalb hat er sich Jahre später an Chopin gerächt, in dem er das Musikstück stark veränderte. Schon setzen Schlagzeug und Bläser ein und zeigen mal, wie man Chopin auch interpretieren kann. Nur studierte Musiker, die Chopin im Hauptfach hatten, dürften den Komponisten wiedererkannt haben.
Auch vor Beethoven und Bach machen die Kulturbanausen keinen Halt. Als sie Bach tunen, erzählt der Pianist, wie in Eisenach vor dem Geburtshaus von Bach eine Taube auf das Hemd macht. Na, da muss man sich natürlich rächen. Chris Hopkins, der zuvor ein Lied von Cole Porter ankündigt, erklärt schließlich, dass er dafür sei, jetzt auch mal einen zeitgenössischen Komponisten zu spielen, nämlich sich selbst. „Wir wollen euch einlullen,“ erklärt er, „stellt euch vor, ihr reitet auf einem Kamel in der Wüste“. Genauso klingt die Musik und der Hund schläft wieder ein. Dann stellt Dawson seine Trompete mal zur Seite und singt. Das klingt richtig schön und die verbleibenden Musiker geben sich Mühe, die fehlende Trompete zu ersetzen. Ganz zum Schluss spielen Bernd Lhotzky und Chris noch vierhändig Klavier. Ein schöner Abend.
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