Ob als Jogi Löw an der Seitenlinie, Ronaldo beim Freistoß oder chinesische Gewichtheberin beim dopen. Ob als Brunhilde bei den Bundesjugendspielen, ob am Flügel, an der Ukulele, beim pfeifen oder als Cyrano de Bergerac -Thomas Philipzen macht in jeder Rolle eine gute Figur. Gestern Abend war er mit seinem“permanent aktualisierten best of “ im Kreativhaus. Und das war bis auf den letzten klapprigen Holzstuhl ausverkauft.
Der gebürtige Ostwestfale redet viel und unterhaltsam. Bevor er endlich dazu kommt, ein bisschen am Flügel zu spielen, dauert es eine ganze Weile. Immer wieder unterbricht er sich, auf dem Klavierhocker sitzend, selbst. Es ist vor allem dies ungeheure Grimassenspiel, das ihn bei der „Super slow motion“ auszeichnet, wenn er die Lippen schürzt oder sein ganzes Gesicht verzerrt. Dabei vergisst Philipsen keineswegs den Inhalt. Es geht um Ausländer und Philipzen erzählt von 70 Jahren Nordrhein-Westfalen. „Westfalen und Rheinländer. Haben wir da gesagt, das geht nicht? Wir haben es einfach versucht.“ Manch ein Syrer sei ihm übrigens näher als ein Kölner. Und es gebe auch Unterschiede zwischen Westfalen und Ostwestfalen.
Überhaupt: Kommunikation – schon ist Philipsen bei elektronischen Geräten, die „ja alle miteinander vernetzt“ seien. Er könne jetzt über sein smartphone wischen und in Kinderhaus werde sein Rad aufgepumpt – „wenn es noch da ist“, setzt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Natürlich gibt es einige Kabarettisten, die Ronaldo ins Programm eingebaut haben, er ist nicht nur ein dankbares Opfer, er forciert das ja auch. Wenn Philipzen nach der ganzen Zeremonie, also Anlauf, breitbeiniger Sprung und Macho-Habitus, beginnt, sich mit dem Freistoßspray die Haare einzufetten, bringt er den Saal zum brodeln. Schon tritt die chinesische Gewichtheberin auf „ein Oberschenkel wie Ottfried Fischer“, die Mühe hat, die Gewichte zu stemmen. Die Hände kurz in Kreide getaucht und in einem unbeobachteten Moment inhaliert – schon lässt sich mühelos anheben, was zuvor so schwer.
Philipzen unterstreicht mit seinem Gebärdenspiel fast pantomimisch. Wenn Löw an der Seitenlinie entlang stolziert und mit Podolski schwäbelt „Mach ma een Doppelpässe“, ist das ebenso gut wie die Parodie von dem Sportjournalisten Ernst Huberty. Und dann geht 15 Minuten vor Ende eine Besucherin, die in der ersten Reihe sitzt, angeblich, weil ihr Zug fährt. Ein gefundenes Fressen für Philipzen: „Weißt Du, wie lange ich an dieser Pointe geschrieben habe? Die ersten Tränen fließen. Natürlich ist alles Show, und Philipzen, einer der Storno-Männer, setzt sein Programm ungerührt fort. Dass die Dame später wiederkommt, weil sie ihr Halstuch vergessen hat, geht beinahe unter im Applaus.
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