Seit neun Jahren ist Philipp Kappenstein Headcoach der WWU Baskets. Sportlich läuft in dieser Saison nach fünf Spieltagen noch nicht alles nach Wunsch. Der 40-Jährige hat die besonderen Rahmenbedingungen ebenso wie den Entwicklungsprozess seiner Mannschaft im Blick. Im ersten Teil des großen Interviews spricht der Headcoach über die fehlenden Zuschauer, große Herausforderungen und über die Zielsetzung der WWU Baskets.
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Bevor wir uns sportlichen Themen widmen, gibt es Themen, deren Auswirkungen die Mannschaft und dich besonders beschäftigen?
Eins würde ich gerne vorweg stellen: Wir vermissen extrem die Unterstützung unserer Zuschauer, wertschätzen aber, dass wir auch im Livestream viel zu sehen sind. Der Zuspruch der Zuschauer ist ein ganz elementarer Teil unseres Sports. Wir haben in den letzten Jahren in Münster eine sehr besondere Beziehung zwischen Mannschaft und unseren Zuschauern, wo der Funke oft beiderseitig übergesprungen ist. Das ist etwas Besonderes in Münster, das wir sehr vermissen. Ob unser Fanclub „Stochanis“ oder die große Masse an Zuschauern, die vielen Kinder, die Unterstützung, die wir Tag ein Tag aus erfahren haben: sie alle fehlen. Das ist einfach was Besonderes. Das fehlt natürlich nicht nur uns, aber das muss man auch mal ganz klar sagen.
Was treibt die WWU Baskets dennoch an?
Wir hoffen alle – deshalb stehen wir jeden Tag in der Halle, geben viel Gas – dass wir irgendwann wieder diese Zusammenkunft haben können. Das ist etwas, worauf wir hinarbeiten, unabhängig davon, dass wir gar nicht beeinflussen können, wann es so weit ist. Allerdings tun wir eben doch alles dafür, indem wir uns abseits des Feldes versuchen, uns höchst professionell zu verhalten. Es ist auch so, dass wir bislang noch nicht mit Corona in Kontakt gekommen sind. Das rechne ich dem sehr professionellen Freizeitverhalten unserer Jungs auch an und dem Hygienekonzept, an das wir uns sehr strikt halten. Wir hoffen natürlich, dass wir in dieser Saison so weit kommen, dass wir irgendwann wieder vor Leuten spielen dürfen.
Wie bewertest du als Trainer die gegenwärtigen Rahmenbedingungen in der Pandemie für die Spieler?
„Man darf nicht unterschätzen, dass es für die Sportler und allen, die mit der Mannschaft zu tun haben, die aktuelle Lage eine extrem große Herausforderung ist. Man weiß immer nicht so richtig, wie wird entschieden, wie geht es weiter, kommt nicht doch noch irgendetwas, darf man am Wochenende spielen, darf man nicht spielen. Wir haben bislang die glückliche Situation, dass wir bislang immer spielen dürfen. Das sieht bei anderen Teams anders aus. Man sieht das durchaus in NRW am Beispiel Phoenix Hagen, die jetzt das zweite Mal in Quarantäne mit vielen Corona-Fällen gehen oder einige Regionalligisten aus der Umgebung, die Corona-Fälle haben, wo es auch nicht auszuschließen ist, dass sie vom Sport kommen, muss man leider sagen.
Wie handhabst du als Trainer, auch unter dem Aspekt der sportlichen Leistung, die Herausforderung?
Das ist nicht so ganz einfach. Man muss auch da sehr sensibel damit umgehen. Es nicht so, dass uns das alles egal ist und wir machen unser Ding und sind die privilegierten „Profisportler“. Es gibt durchaus, gerade bei uns im Team, viele Leute, die sich über die Situation Gedanken machen. Das ist etwas, was man auch in der Bewertung von individuellen Leistungen nie so völlig ausschließen darf. Die Jungs setzen sich jede Woche auf jeden Fall einem Risiko aus. Sie tun das in dem vollen Bewusstsein, mit dem Willen zu spielen. Natürlich gibt es auch ein „bisschen Geld“ dafür und hat das Team das Ziel, auch wieder vor Zuschauern zu spielen. Da wollen alle irgendwann hin. Es ist trotzdem eine sehr, sehr sensible Gemengelage, die sicherlich auch dem einen oder anderen mehr zu denken gibt als es vielleicht einigen tut, die einfach funktionieren.
In vielen Ligen oder Sportarten ist der Betrieb eingestellt. In der Barmer 2. Basketball Bundesliga wird weiterhin gespielt. Wie denkst Du darüber?
Wir sehen das schon so, um das auch einmal klar herauszustellen, als klar privilegiert an und freuen uns sehr darüber, wollen auch das Beste aus der Situation zu machen, dass wir überhaupt in der Lage sind, aktuell unseren Sport auszuüben. Das dürfen aktuell vielleicht fünf oder sechs Prozent der Basketballer. Dessen sind wir uns auch sehr bewusst. Wir werden das Möglichste dafür tun um a) gesund zu bleiben und b) natürlich so weit zu kommen, wie es irgendwie geht. Es ist schön, dass wir die Möglichkeit haben, soziale Kontakte zu halten und zusammenzukommen. Das macht es natürlich auch zu etwas Besonderem.
Der Kader der WWU Baskets hat einige Neuzugänge, die euch auf lange Sicht verstärken sollen. Wie blickst du auf die Entwicklung seit Vorbereitungsbeginn?
Die Mannschaft ist verändert, sie ist auf wichtigen Positionen verändert. Sie ist auf insgesamt mindestens vier, auch größere Positionen neu besetzt. Man kann trotzdem sagen zum aktuellen Status Quo, dass da eine wirklich sehr, sehr gute Gruppe zusammengekommen ist. Man muss auch sagen, dass es gar nicht so einfach ist, diesen Teambuildingprozess, wie es sonst vielleicht möglich wäre, noch zu beschleunigen, dadurch dass man gemeinsame Off-Court-Aktivitäten hat. Die sind absolut ausgeschlossen. Trotzdem hat sich aus meiner Sicht eine sehr homogene Truppe abseits des Feldes zusammengefunden, was von allen Beobachtern bestätigt wird und extrem viel Freude macht, wo wir durchaus inmitten einem Verjüngungsprozess stecken, auch auf Schlüsselpositionen deutlich jünger aufgestellt sind als im letzten Jahr. Auch wenn wir nach wie vor auch Veteranen im Team haben.
Aktuell hinkt ihr den Erwartungen hinterher. Waren diese vielleicht überhöht?
Uns ist natürlich bewusst, in einer erfolgreich gespielten Vorbereitung eine hohe Erwartungshaltung geweckt zu haben. Wir haben selbst auch klar formuliert, unser Ziel ist es schon, richtig anzugreifen, eventuell auch den Aufstieg anzupeilen. Wenn man Erster im Norden 2019 war und 2020 mit nur einem gewonnenen Spiel gegen Itzehoe wieder Meister in der ProB Nord geworden wäre, wenn man aus zwei erfolgreichen Jahren kommt, mit der besten Rückrundentruppe der letzten Saison, dann formuliert man natürlich hohe Ziele. Aber ich habe von vorneherein sowohl im Team als auch nach außen formuliert: Ja, wir haben diese Ziele, aber die haben eben auch mindestens vier andere Clubs. Ganz klar, wir haben uns verstärkt. Aber ebenfalls deutlich verstärkt mit denselben Ambitionen haben sich Bochum, Itzehoe, LOK Bernau. Und auch mit Schwelm gibt es weiterhin ein Top-Team, das im letzten Jahr Zweiter war. LOK Bernau sehe ich als ausgesprochen stark in dieser Saison an mit den Spielern, die sie gehalten und neu dazu geholt haben. Dazu hat die ProB mit Düsseldorf und Köln sehr starke Aufsteiger der letzten beiden Jahre. Düsseldorf hat am Wochenende Bochum geschlagen, ist neuer Tabellenführer.
Wie ordnest du die Leistungsstärke der Liga auch vor dem Hintergrund der aktuellen Lage ein?
Wir haben eine sehr, sehr ausgeglichene, starke Liga. Die Qualität in der Liga ist sicherlich noch einmal höher als in den vergangenen beiden Jahren. Manch ein ProA-Spieler ist in die ProB gewechselt, justiert seine Planungen mit Beruf oder Studium nun neu. Das alles war uns von vorneherein bewusst. Ja, man kann sagen, natürlich ist oben anzugreifen unser Ziel, aber dieses Ziel haben auch andere auf den Fahnen. Da muss man erst mal gucken, dass man sich da einordnet und seine Chance hat, seine Ziele zu erreichen.
Wo ordnet ihr euch nach fünf Spieltagen ein?
Uns war auch von vorneherein klar, unser Anfangsprogramm ist echt deftig. Auswärtsspiel in Bernau, nächste Auswärtsspiele im Doppelpack in Bochum und Itzehoe, da haben wir gleich drei der vier, fünf schwersten Spiele der Saison direkt am Anfang. Die können uns ganz viel Rückenwind geben, wenn wir uns da durchsetzen. Es kann aber durchaus auch sein, dass man da Rückschläge erleidet, wie es jetzt passiert ist. In diesem Prozess stecken wir aktuell mittendrin. Wir haben in Bernau sehr, sehr unglücklich nach einem von uns teilweise guten Spiel in letzter Sekunde verloren, waren nicht stabil genug. Im Moment kristallisiert sich Bochum nach aktuellem Leistungsstand als wirklich sehr, sehr gutes Team heraus, was aber auch klar war mit ihren späten Neuzugängen. Das ist eine extrem gute Mannschaft, die voll auf Aufstieg gemünzt ist. Sie haben in der Vorbereitung noch einen neuen Hauptsponsor dazugewonnen, sich entsprechend verstärkt. Sie könnten schon jetzt in der ProA durchaus eine gute Rolle spielen. Das ist ein Top-Team mit viel Erfahrung. Bochum hat eine voll professionelle Struktur, wo wir trotz allem eine Chance hätten haben können. Aber wir haben uns den Anfang des Spiels versaut und absolut verdient verloren. Im weiteren Verlauf des Spiels haben wir durchaus gezeigt, dass wir sie spielen können. Wir hatten davor ein sehr, sehr gutes Spiel gegen Stahnsdorf mit einer qualitativ hochwertigen Leistung. Die ist auch nicht nichtswertig, wenn man sieht, dass sie Itzehoe und den bis dahin ungeschlagenen, aktuellen Tabellenführer Düsseldorf schlagen.
Der 2. Teil des Interviews folgt morgen.
(Quelle: WWUBASKETS.MS)
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