Westfälische Landhausidylle, rauchgeschwängerte Luft, zu Wohnraum umgebaute Ställe – schlicht das, was der gemeine Westfale als Maximum der Gemütlichkeit sieht. Hier genießt Dr. Andreas Wicke, der in Nordistik und Slawistik promoviert hat, seinen irischen Scotch.
Da passt es so gar nicht, dass ein junger Mann im sportlichen Dress mit dem Namen Taddi Bimi die Szene stört. Wicke, großartig gespielt von Zeha Schröder, bittet ihn zwar herein, reagiert aber in grotesker Weise: Er reicht ihm einen zusammen gefalteten Pappstuhl. Damit sind die Grenzen zwischen westfälischer Bodenständigkeit und britischem Humor abgesteckt. Im weiteren zeigt sich, dass Taddi Bim eigentlich Tadeusz Bimlinsky heißt (überzeugend gespielt von Helge Salnikau), polnischer Abstammung ist und der Liebhaber von Wickes Frau.
Natürlich ist das Freilichtmuseum Mühlenhof genau der richtige Spielort für die neue Produktion von „Freuynde und Gaesdte“. Da muss nicht erst lange Atmosphäre geschaffen werden. Vom Torbogen am Eingang bis zur Spielstätte in der Diele haben die Theaterleute über gut 50 Meter eigens Beleuchtung geschaffen, damit am Samstag Abend auch alle Besucher den rechten Pfad finden.
Auf der Bühne ist indes die Situation angespannt, immerhin geht es um ein und die selbe Frau, oder – wie Wicke sagt: „Wir sind schon durch den gleichen Schlamm gerobbt“. Und es geht um Beleidigungen, Herabsetzungen, da wo die meisten Männer am ehesten zu treffen sind: „Niete im Bett“. Und doch eben in witzigen Dialogen, wenn etwa Wicke erklärt, wie Taddi reagieren muss, und der fortwährend nachfragt, wer jetzt wer ist. Die beiden entwickeln einen raffinierten Plan oder zumindest einen Plan. Doch natürlich kommt es anders. Wicke hat nicht nur zweifach promoviert, sondern darüberhinaus ein Buch geschrieben mit dem Titel „Der Draug“. Es handelt sich dabei um ein dämonisches Wesen aus dem nordischen Volksglauben – vordergründig. In Wahrheit geht es um das Gewissen. Dieser Draug jedenfalls greift nach der Pause ein.
Ein witziges, kurzweiliges Stück, das Zeha Schröder selbst geschrieben hat. Auch wenn es im zweiten Teil etwas verliert an Intensität und den Dialogen, die es bis zur Pause auszeichnet, verdient auch Regisseurin Anke Winterhoff große Anerkennung.
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