Am 3. Oktober präsentiert Ute Lemper im Theater Münster ihr neues Projekt „Rendezvous mit Marlene“, mit dem sie ihrem großen Vorbild Marlene Dietrich huldigt, und für das es sogar noch Karten gibt. Vor einigen Wochen hatten wir die Gelegenheit, mit ihr zu telefonieren und ein paar Fragen dazu und über ihr Verhältnis zu Münster zu stellen. Schließlich ist „die Lemper“ schon viele Jahre in der Welt unterwegs und lebt seit den 1990ern in New York, wo wir sie auch erreicht haben.
Zuerst spricht sie noch mit einem leichten amerikanischen Akzent, der sich in der folgenden fast halben Stunde immer mehr verliert und am Ende, wo wir über Münster sprechen, völlig verschwunden ist. Zunächst geht es aber um das aktuelle Programm mit Liedern von Marlene Dietrich, das Ute Lemper schon im letzten Jahr bei ihrem Open-Air-Auftritt im Rahmen der Reihe „Musiklandschaft Westfalen“ im Innenhof hinter der PSD-Bank angekündigt hat.
Warum gerade ein Programm über Marlene Dietrich? „Ich habe 1989 ein dreistündiges Telefonat mit ihr geführt. Wir wohnten da beide in Paris, ich stand da eher noch am Anfang meiner Karriere, sie an ihrem Ende. Vielleicht war es anmaßend, aber ich hab sie selbst angerufen, um mich für das zu entschuldigen, was über mich als ‚Die Neue Marlene‘ in der Presse stand.“ Das Telefonat hat Ute Lemper schon in früheren Konzerten gelegentlich erwähnt, wenn ein Lied aus dem Repertoire der Dietrich auf dem Programm stand. Nun ist es der Anlass für einen ganzen Konzertabend geworden.
Sie hat das Gespräch allerdings nicht mitgeschnitten. „Ich habe aber das Wesentliche daraus wie in einem Schmuckkästchen in meinem Herzen aufbewahrt,“ sagt sie und es klingt überhaupt nicht wie eine Übertreibung. Ob sie denn ein paar Parallelen zwischen sich und der Dietrich sieht, wo sie doch auch in jungen Jahren ihre deutsche Heimat verlassen hat, um in Paris oder den USA zu leben? „Das kann man gar nicht vergleichen,“ weist Ute Lemper dieses Ansinnen weit von sich. „Ich kann überall hinreisen und auftreten. Marlene Dietrich musste dagegen vor den Nazis fliehen.“ Nun, das stimmt nicht so ganz, sie folgte schon 1930 nach dem überraschenden Erfolg mit „Der blaue Engel“ dem Regisseur Josef von Sternberg nach Hollywood, um dort eine internationale Karriere zu starten.
„Jedenfalls wollte sie mit den Nazis nichts zu tun haben und ging ja sogar zur Truppenbetreuung zum amerikanischen Militär,“ ergänzt Ute Lemper zutreffend, „die Deutschen haben sie daraufhin als Vaterlandverräterin beschimpft, auch nach dem Krieg.“ Davon wird sie in diesem Programm erzählen, schließlich gehören die Geschichten zu den Liedern – die oft viel mehr sind als nur Einleitungen – für alle Fans ihrer Konzerte einfach dazu. Anders als bei ihrem Auftritt bei der PSD-Bank im vergangenen Jahr, wo sie vor einem großen Orchester sang, wird sie hier allerdings wieder von einer kleinen Band begleitet.
Welches Lied aus dem Programm „Rendezvous mit Marlene“ passt am besten zu Münster? Ute Lemper überlegt kurz und nennt dann „Wenn der Sommer wieder einzieht“, denn „Münster war ja auch ziemlich zerbombt nach dem 2. Weltkrieg“. Es ist ein Lied über das Sehnen nach dem Frieden, 1944 als „A Little On The Lonely Side“ geschrieben, und von der Dietrich erstmals 1965 auf dem legendären Album „Die neue Marlene“ gesungen, auf dem viele Antikriegslieder wie „Sag mir, wo die Blumen sind“ oder eine deutsche Version von Bob Dylans „Blowin in the Wind“ zu hören sind.
Das Programm besteht sowohl aus den Liedern, die Marlene in den 1950er und 60er Jahren mit Burt Bacharach eingespielt hat, als auch den Hits der 1920er und 30er Jahre. Woher wohl das neue Interesse an den letztgenannten Jahrzehnten kommt, wollen wir von ihr wissen. Ute Lemper erklärt es sich mit der Zerrissenheit zu der Zeit der Weimarer Republik, die viele heute auch wieder verspüren. Unsere Frage, ob sie den Grafiker Robert Nippoldt kennt, verneint sie. Er hatte sich im Mai am Ende der gefeierten Aufführung von „Ein rätselhafter Schimmer“ über das Berlin der Zwanziger Jahre im Theater Münster bei Ute Lemper bedankt, weil er und das Trio Größenwahn den ursprünglich für sie geplanten Termin ergattern konnten. Vielleicht ergibt sich ja in der kommenden Woche die Gelegenheit, ihr das Buch „Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger“ zu überreichen?
Und was macht Ute Lemper, wenn sie in Münster ist? Sie besucht ihren Vater und geht vielleicht mit ihm beim Kiepenkerl essen. „Oder ich fahr mit dem Fahrrad raus in den Boniburger Wald. Da ist ja meine alte Schule, die heute etwas spooky aussieht, etwas gothic.“ Gibt es in New York etwas, das an Münster erinnert? Sie lacht: „Hier in New York? Nein, da erinnert nichts an Münster!“ Aber sie denkt inzwischen viel besser über Münster, als sie es noch vor 20 oder 25 Jahren tat. „Als ich Anfang der 1980er wegzog, da war alles noch sehr spießig. Das hat sich total gewandelt, alles viel jünger und bunter und lebendiger. Fremde Menschen werden willkommen geheißen, das gefällt mir.“
Das "Rendezvous mit Marlene" findet am 3. Oktober 2019 ab 20 Uhr als Gastspiel im Theater Münster statt. Weitere Infos unter www.theater-muenster.com, Karten für fast alle Kategorien gibt es noch dort und bei eventim. Mehr zum Programm findet ihr auf ihrer eigenen Homepage www.utelemper.com.
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