Es war einmal eine feierwütige Schützenbrüderschaft. Und jedes Mal, wenn sie in ihre Stammkneipe einkehrte, rief die Wirtin: „Oh Herr, da kommen sie wieder, die bösen Geister!“ Wir schreiben das Jahr 1947, der Zweite Weltkrieg ist vorbei und die Menschen dürsten nach Unbeschwertheit und ausgelassener Freude. Eine Schützenbruderschaft auf der „Hohen Geist“ im Süden der Stadt erkannte, dass neben den üblichen Schützenfesten besonders die „Drei Tollen Tage“, ein karnevalistisches Kostümfest, die Stimmung der Münsteraner zu heben vermochte. „Davon brauchen wir mehr!“, dachte man sich und gründete einfach eine eigene Karnevalsgesellschaft – die „KG Böse Geister“.
Das ist nun schon ein paar Tage her und damals konnte man die Mitglieder noch an zwei Händen abzählen. Das hat sich zum Glück geändert. Heute hat die KG Böse Geister 327 Mitglieder. Tendenz – hoffentlich – steigend. „Menschen für die Sache zu begeistern, ist überlebensnotwendig für eine Karnevalsgesellschaft“, erklärt Mario Engbers. Er ist Präsident der Bösen Geister und war 2022 und 2023 Münsters Karnevalsprinz. Um vor allem die jungen Menschen ins Boot zu holen, wurden im vergangenen Jahr die „Junggeister“ ins Leben gerufen: Durch einen geminderten Mitgliedsbeitrag soll es Interessierten zwischen 18 und 30 Jahren erleichtert werden, in eine Karnevalsgesellschaft hineinzuschnuppern – und im besten Fall zu bleiben. „Das Schöne an dieser Altersgruppe ist, dass die weitere Akquise dann meist intern, beispielsweise über den Fußballverein, verläuft.“ Echte Begeisterung steckt das jeweilige Umfeld nämlich bestenfalls an und bewegt somit noch mehr junge Menschen zum Eintritt in die KG.
Durch alle Generationen
Andere wiederum werden hineingeboren. „Eine Karnevalsgesellschaft hat durchaus etwas Familiäres – ein gesellschaftliches Miteinander durch jedes Alter“, schwärmt Präsident Engbers. Wie wichtig den Bösen Geistern die Integration aller Altersklassen ist, macht deren „Seniorenkarneval“ deutlich: Zweimal im Jahr bringen sie eine komplett ausgestattete Karnevalssitzung in die Pflegeheime „Haus Simeon“ und „Maria Trost“. In letzterem ist Schwester Diethilde Bövingloh tätig, ihres Zeichens Provinzoberin der Mauritzer Franziskanerinnen. In diesem Jahr darf sie sich außerdem „Ehrenratsfrau“ nennen. Einer der Titel, der jährlich durch das Präsidium der KG gewählt und in einer feierlichen Ehren- und Obergeisttaufe im Rathaus verliehen wird.
Prominente Ehren – und Obergeister
Zum männlichen Pendant, dem „Ehrenratsherrn“, wurde LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann auserwählt. „Diese Wahl war lange getroffen, bevor der Öffentlichkeit seine Kandidatur zum Oberbürgermeister bekannt war“, freut sich Mario Engbers über diesen glücklichen Zufall. Die höchste Auszeichnung innerhalb der KG Böse Geister ist allerdings die des Ehrengeistes. Dies ist eine Person aus dem öffentlichen Leben, die eine Verbindung zu Münster, dem Karneval oder den Bösen Geistern hat. Fun Fact: Das älteste Mitglied der KG war auch Ehrengeist – vor 40 Jahren! Der heute 94-jährige Dr. Bernhard Worms war damals Staatssekretär unter Norbert Blüm.
Das absolute Highlight: der Rosenmontagsumzug
Hier werden die Bösen Geister ihre neueste Errungenschaft präsentieren: einen historischen Wagen, der mit Plakaten von früher dekoriert wird. Neben einem Hauch von Nostalgie hat dieser Wagen aber auch einen rein praktischen Nutzen: Er ist kleiner und ermöglicht der KG somit die Teilnahme an Stadtteilumzügen in Wolbeck, Hiltrup und Sprakel. Darüber freue sich Engbers zwar, doch der Hintergrund stimme ihn traurig.
Die Lage ist ernst
Der Wagen wurde von einer anderen Karnevalsgesellschaft zum Kauf angeboten, was auf finanzielle Engpässe schließen lässt. „Viele Karnevalsgesellschaften haben die Entwicklung der aktuellen Zeit noch nicht erkannt. Man muss den Nachwuchs integrieren, neue Mitglieder finden, aktiv dafür sorgen, dass man als Gesellschaft nicht ausstirbt“, warnt er. „Es ist unsere Pflicht und Verantwortung, für den Nachwuchs im Karneval zu sorgen!“ Weil eine Gesellschaft dies versäumt hat, habe sie zwei Wagen verkaufen müssen. Und es wird nicht die letzte bleiben. „Wir sind im Münsterland derzeit insgesamt 42 Karnevalsgesellschaften – davon werden sieben bis zehn die nächsten Jahre nicht überleben“, prophezeit Mario Engbers. „Ich erinnere mich an meine Auftritte als Prinz. Manche Veranstaltungen waren so leer, dass es mir richtig weh tat.“
Die Bösen Geister können zum Glück nicht über Mitgliedermangel klagen, sie ist mit der KG Freudenthal eine der größten Karnevalsgesellschaften in der Innenstadt. Doch auf diesen Lorbeeren werden sie sich gewiss nicht ausruhen. „Neuzugänge sind immer ganz herzlich willkommen.“ sagt Pressesprecher Jan-Hendrik Sandknop-Thale. „Wer neugierig ist, uns kennenzulernen, kann einfach über die Website, per E-Mail oder unserem Instagram-Account Kontakt aufnehmen.“ Aufnahme-Kriterien gebe es keine. Jeder, egal welchen Geschlechts, Alters oder Herkunft könne sich der Gesellschaft anschließen. „Wir sind da komplett neutral und offen!“ Und so lebten die Bösen Geister glücklich bis an ihr… nein, an ein Ende wollen wir gar nicht denken.
Kontakt aufnehmen könnt ihr über Instagram oder die Webseite, dort seht ihr auch den Veranstaltungskalender. Wie Mario Engers seine Amtszeit als Münsters Karnevalsprinz erlebt hat, erfahrt ihr heute Abend im Interview!
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