Eine umjubelte Premiere feierte das Wolfgang Borchert Theater am Samstag mit seiner Open-Air-Inszenierung von Shakespeares romantischer Komödie „Der Sturm“ – und das auch noch bei Regen. Einen Erfolg konnte Regisseur Meinhard Zanger schon vorher verbuchen: von den etwas mehr als 21.000 verfügbaren Karten waren 17.000 bereits verkauft. Wer das Theater-Spektakel im Hafen erleben möchte, sollte sich also ranhalten, sonst ist es irgendwann zu spät für den Kartenkauf.
Eigentlich war ja ausgemacht, dass bei allen 50 Aufführungen schönes Wetter sei, wie Zanger bei einem Pressetermin in der letzten Woche versprochen hatte. Falls das doch mal nicht klappen sollte, hält das Wolfgang Borchert Theater ausreichend Regencapes parat. Und die wurden ausgerechnet bei der Premiere am Samstag dringend benötigt. So ging jegliche Eitelkeit schon vor Beginn der Aufführung über Bord, denn unter den Plastikhauben sehen alle irgendwie gleich aus. Das brachte die Zuschauer wie in einer Schicksalsgemeinschaft zusammen. Über Bord ging recht bald auch ein großer Teil des Ensembles. Das ist hier wörtlich zu nehmen, denn der für das Stück namengebende Sturm findet gleich am Anfang statt. Für diese Szene wird die schwimmende Bühne kurzerhand in ein sturmumtostes Schiff umgedeutet, kräftig unterstützt von der Bühnentechnik, die für Blitze und Donner und andere ungemütliche Geräusche sorgt. Passenderweise hielt am Premierenabend auch der echte Regen so lange an. Nach und nach gab die Mannschaft des Schiffes auf und sprang ins Hafenbecken.
Solcher körperlicher Einsatz ist bei Meinhard Zangers Inszenierung dieses Spätwerks von William Shakespeare immer wieder gefragt, allerdings nicht von allen Schauspielern. Es fällt aber auf, dass diejenigen ihre Rollen mit mehr Leben füllen, die sich vielfältig bewegen dürfen. Da ist als erstes Jannike Schubert zu nennen, die extra einen Sportbootführerschein gemacht hat, um nun als Ariel mit einem Jet-Ski kreuz und quer durch den Hafen zu düsen – was übrigens ein wirklich hübscher Regie-Einfall ist, auch wenn der Luftgeist so zu einem Wassergeist wird. Jannike Schubert hat damit nicht nur den größten Bewegungsradius von allen, sie setzt mit kleinen, manchmal etwas trotzigen Reaktionen glaubwürdig um, dass Ariel trotz aller Zauberkünste eine Gefangene ist, die dennoch loyal zu ihrer Herrin Prospera steht.
Sehr lebendig sind auch die Szenen mit drei Figuren, die gar nicht so sehr im Zentrum der eigentlichen Handlung stehen. In ihr treffen zwei trinkfreudige Kumpane aus den unteren Rängen der an den Strand der Insel gespülten Schiffsbesatzung auf den Ureinwohner Caliban. Diese betont ungeschlachte Figur wird von Tatjana Poloczek zwar ein bisschen sehr deftig, männlich und dumm dargestellt. Aber es bereitet Spaß, ihrem Spiel mit dem Hofnarren Trinculo und dem Kellermeister (auch mal „Steward“ genannten) Stephano zuzusehen, für die Markus J. Bachmann und Florian Bender die Möglichkeiten ihrer Rollen voll auskosten. Dagegen wirken die Szenen mit den eigentlichen Hauptfiguren dieser Romanze fast schon blutleer und vor allem sehr viel unbeweglicher, fast statisch. Das gilt für die Szenen mit Monika Hess-Zanger als Prospera mit dem Liebespaar Miranda und Ferdinand (Rosana Cleve und Bastian Sesjak) ebenso wie für die Truppe um Ferdinands Vater Alonso, dem König von Neapel (Jürgen Lorenzen).
Es könnte an der Spielsituation im manchmal etwas unruhigen Hafen liegen, dass die feinen Töne des Stückes etwas untergehen, oder an den Mikrophonen und Lautsprechern, über die fast durchweg gesprochen wird. Im Vordergrund dieser Inszenierung scheint ohnehin mehr die Action zu stehen, schließlich wird es vom Wolfgang Borchert Theater selbst – sicherlich mit einer Prise Ironie – als „Magisches Open-Air-Spektakel für die ganze Familie“ angekündigt. Also wurde viel Wert gelegt auf gutes Sound-Design und Beleuchtung, immer wieder lodern echte Flammen auf – und am Ende gibt es sogar ein kleines Feuerwerk. Die an Händel erinnernde Musik dazu hat Manfred Sasse eigens dafür komponiert, so wie viele weitere Lieder, die das Theaterstück zwischendurch fast wie ein Musical erscheinen lassen. Glücklicherweise werden die meisten Lieder von Jannike Schubert gesungen, die es von allen am besten kann.
Gezeigt wird „Der Sturm“ bis zum 15. Juli täglich um 20:30 Uhr – außer montags. Diese Aufführungen sind allerdings alle ausverkauft. Nach einer Pause geht es ab dem 21. August wieder los, bis zum 16. September ebenfalls täglich außer montags, dann aber ab 20:00 Uhr. Für die späteren Aufführungen sind noch Karten erhältlich. Die angebotenen Regencapes sollte jeder sicherheitshalber mit zur Tribüne nehmen, auch ungebrauchte können hinterher gerne wieder abgegeben werden. Wer leicht fröstelt, sollte nach einer Decke fragen oder sich von vornherein warm anziehen.
Weitere Informationen und Möglichkeiten zur Kartenreservierung findet ihr unter www.der-sturm-muenster.de und unter www.wolfgang-borchert-theater.de.
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