Der „Spielplatz für Kreative“ ist eröffnet Mit dem B-Side Festival 2024 feierte das soziokulturelle Zentrum an der Hafenkante auch seine Eröffnung. Wir sprachen mit Sarah Geselbracht vom B-Side Kultur e.V.

Der Andrang zum B-Side Festival 2024 war groß, da hieß es schon mal Schlange stehen an der Hafenkante. (Foto: Ralf Clausen)

Am Wochenende wurde die B-Side nach langjähriger Wartezeit endlich offiziell eröffnet, natürlich mit dem seit 2016 jährlich im September gefeierten B-Side Festival. Dieses Festival hat sich über die Jahre immer wieder ein wenig verwandelt. Was als eine Art Straßenfest auf dem Hansaring begann, hat nun seinen damals schon angestrebten Zielort erreicht. Die Gestaltung wird sich aber auch in Zukunft immer wieder verändern, das wurde uns heute im Gespräch mit Sarah Geselbracht vom B-Side Kultur e.V. klar. Wir sprachen dabei einerseits rückblickend über das B-Side Festival 2024, warfen aber auch einen Blick auf das zukünftige Wirken in und mit der B-Side.

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Ist  das Festival  so abgelaufen wie geplant, seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis?

Es gibt natürlich immer Dinge, die verbesserungswürdig sind, die sich neu ergeben und für die man dann in der Reflexion Schlüsse ziehen muss. Aber im Großen und Ganzen waren wir sehr froh, es ist gut verlaufen, es sind wohl auch mehr Leute gekommen, mehr Besuchende, als wir erwartet haben

Sarah Geselbracht vom B-Side Kultur e.V. (Foto: B-Side)

Gab es da denn konkrete Erwartungen?

Nein, eigentlich nicht, die waren ziemlich unkonkret und ja, wir mussten zwischendurch einen Einlassstopp verhängen. Es dürfen halt nicht mehr als 800 Menschen einmal auf einmal im Haus sein.

Das hat Brandschutzgründe, hatte ich am Freitag gehört?

Ja, und Entfluchtung halt, daher ist es nicht für mehr zugelassen. Also, anhand der Besucherzahl können wir auf jeden Fall zufrieden sein. Und das hat uns schon gezeigt, wie populär die B-Side ist. Am Freitagabend konnten wir dann wirklich nur noch so viele die Leute hereinlassen, wie  von der Anzahl her rausgegangen sind. Am Samstag war es über Tag auch immer wieder der Fall.

Und das Programm war erstklassig und gut ausgewählt. Es hat Spaß gemacht, sich die Künstler*innen anzuschauen. Das Künstlerkollektiv Baddabäm hat am Freitag die Öffnungsfeier ausgerichtet. Das war sehr kreativ, wie sie die Geschichte der B-Side und unsere soziokratischen Eigenheiten ein bisschen satirisch aufgearbeitet haben. Das war schon schön.

Für mich überraschend hat dort eine klassisch ausgebildete Sängerin einen wichtigen Förderbescheid für die B-Side als Opernarie gesungen.

Der gesungene Zuwendungsbescheid war schon ein Highlight. Es fing damit an, dass wir ausgeschlossen wurden, mit allen Gästen mussten wir vor das Haus an die Hafenkante. Ich wusste auch nicht, was da passiert. Außerhalb der Programm-Orga wusste das niemand. Das war ein Überraschungspaket und das Narrativ war: wir sind jetzt ausgeschlossen, wir haben keinen Schlüssel, wir kommen nicht mehr rein, wir müssen jetzt nach Hause gehen.

Und irgendwann kam dann das Hansa-Floß um die Ecke gebogen, festlich beleuchtet. Da war die Opernsängerin oben drauf, die eine Arie gesungen hat. Die ist festlich hier eingefahren – das  war ein grandioses Bild – und hat uns symbolisch den Schlüssel gebracht.

Das Besondere für Besuchende war beim Festival ja auch, dass man hier einige Räume sehen konnte, das offene Atelier, den Ausstellungsraum, die „Turnhalle“. Die wird es zukünftig ständig geben, genauso wie das Café, oder?

Genau. Das Café gibt es jetzt dauerhaft. Das ist aber noch im Aufbau, momentan gibt es nur Kaffee, Kuchen und Getränke. Es soll aber mittelfristig einen Tagesbetrieb ermöglicht werden, dass man auch warm essen kann. Und es ist zweigeteilt: Da ist auf der einen Seite unsere Gastronomie, die natürlich Einnahmen erwirtschaften soll, es ist aber auch unser sogenanntes Quartierswohnzimmer. Das soll ein konsumfreier Ort sein – also kannst du dein Essen und Trinken selbst  mitbringen. Solange das im Rahmen bleibt, ist das absolut erwünscht. Es soll jetzt natürlich keiner kistenweise Bier mitbringen oder so, das ist klar. Aber es ist erwünscht, dass man hier einfach eine gute Zeit haben kann, und nicht genötigt wird, noch Geld auszugeben für ein Getränk oder so.

Der zweite Stock ist komplett vermietet. Wie du schon gesagt hast, haben wir da das offene Atelier und weitere Atelierräume. Dann sind hier ein paar Sozialunternehmer, die auch eng mit der B-Side zusammenarbeiten. Und die Seite ist an Kreative vermietet, als Co-Working-Räume. Die bringen uns Mieteinnahmen ein, um Kosten, die für das Haus anfallen, gegenfinanzieren zu können.

Unten haben wir noch vier Proberäume, die große Holzwerkstatt und eine Multifunktionswerkstatt. Die sollen der handwerklichen und nachhaltigen Bildung dienen.

Da werden dann eher Kurse gegeben, oder ist es eine offene Werkstatt? Oder ist es eine Mischung aus beiden?

Momentan wird die noch, mindestens zur Hälfte, intern genutzt, um unsere eigene Möbel zu bauen. Die werden partizipativ gebaut, also von unseren Tischler*innen aus dem Werkstattkreis vorproduziert und dann endmontiert mit interessierten Menschen. Eine offene Werkstatt in dem Sinne, dass man sich dort einmieten kann, wird es nicht. Es wird auf Workshop-Formate hinauslaufen, die dann regelmäßig angeboten werden zu verschiedenen Themen. Das heißt, reines Handwerk, aber auch alle Themen rund um Ökologie und Soziologie.

Was mir beim Festival auffiel, waren die mitunter seltsamen Namen, wie „Höhle“ für den großen Vortragsraum, „Sandkasten“, „Gemischte Tüte“ oder „Spielwiese“.

Also jedes Jahr hat das Festival ja ein Motto, das war diesmal „Spielplatz für Kreative“. So steht es ja auch auf dem Plakat.

Ach so, daher die ganzen Begriffe vom Kinderspielplatz?

Ja, die Bühne im Freien vor der Werkstatt hieß „Schaukelbühne“ und unser Bewegungsraum oben war die „Turnhalle“.

Der Name passt dafür doch langfristig gut…

… eigentlich heißt es ja Freiraum, der wird vor allem vom Yoga-Kollektiv genutzt. Wir haben aber noch keine Namen für unsere Gruppenräume, die sind jetzt einfach erstmal Gruppenraum 1, 2, 3.

Und wie wird die „Höhle“ zukünftig heißen?

Wir wollten uns schon einen Namen dafür überlegen und auch für die Gastro. Wenn man das basisdemokratisch entscheiden will, dann ist das schon mal relativ witzig und anstrengend.

Witzig und anstrengend?

Ja, auf jeden Fall. Beim Café hatten wir an die 100 wirklich gute Ideen, es waren kreative und auch ziemlich abgefahrene dabei. Am Ende haben wir es dann doch wieder „B-Side Café“ genannt, erstmal als Arbeitstitel. Und das Gleiche war es dann auch bei den anderen Räumen, also heißt es erst mal „Veranstaltungsraum“ und „Gruppenräume“.

Da weiß man, was das ist, und das ist wahrscheinlich der kleinste gemeinsame Nenner. Aber noch mal zum Veranstaltungsraum: Der ist ja gar nicht mal so klein.

Ja, der ist zugelassen für 400 Personen stehend. Und es ist halt für alle Veranstaltungsformate vorgesehen. Also ich persönlich organisiere natürlich gerne Konzerte, aber wir hatten auch schon eine Tagung. Es ist von Ausstellungen, Lesungen, Tagungen, Musikveranstaltungen aller Art als Multifunktionsraum geplant und soll auch so genutzt werden.

Kann da jeder sagen, ich möchte da was organisieren, oder macht das die B-Side selbst oder der B-Side Kulturverein?

Da wir soziokratisch organisiert sind, entscheiden wir das auch gemeinsam, zumindest im Teil. Wir haben ziemlich viele digitale Kommunikationsebenen und Plattformen, unsere gesamte Verwaltung – in der Entscheidungsstruktur – ist mittlerweile digital.

Die Anfragen werden dann zentral gesammelt und dann bewertet und aufgeteilt, ob es jetzt eine Kultursache ist oder eine privatwirtschaftliche. In den entsprechenden Kanälen können alle ihre Meinung dazu sagen. Und wenn etwas nicht unseren Werten entspricht, dann kann man da ein Veto einlegen, dass wir das nicht machen möchten. Also lassen wir nicht jede Firma und nicht jede Gruppierung hier rein.

Und wenn es eine Kulturanfrage ist, dann schauen wir, ob es genug Menschen gibt, die sich dafür breit erklären, das dann auch durchzuführen. Wir haben zwar ein paar Angestellte, aber die können natürlich nicht das ganze Programm durchführen. Es soll halt weiterhin vom Ehrenamt leben.

Es wird jetzt also nicht von der B-Side selbst geplant, irgendwelche Veranstaltungen zu machen, sondern es sollen Leute von außen kommen und sagen, dass sie etwas was veranstalten möchten, Konzerte zum Beispiel?

Beides. Also, der Kultur e.V. hat natürlich ein eigenes Programm. Und dann ist die gesamte B-Side in Arbeitskreisen organisiert, mit Unterkreisen. Der Kulturverein hat verschiedene Kreise, zum Beispiel „Poetry Gathering“ oder die Ü60-Party „Faltenrock“, aber auch kulturelle und politische Workshop-Reihen. Die sind alle in Gruppen, in Arbeitskreisen, organisiert und sollen autonom agieren, aber es sind dann schon Vereinsveranstaltungen von der B-Side.

Wieweit könnt ihr ausschließen, in eine Art Konkurrenz zu Orten wie Gleis 22 oder der Sputnikhalle zu geraten?

Wir achten schon darauf, dass wir den anderen Lokalitäten nicht in die Parade fahren und uns gegenseitig die Gäste abziehen. Wir schauen dann, ist dieser Tag frei, dieser Samstag, gibt es noch andere Veranstaltungen, können wir das machen? Wir wollen jetzt hier keine harte Konkurrenz aufmachen. Es ist viel zu jonglieren mit der Planung.

Sarah Geselbracht ist  Vorstandsmitglied im Kulturverein, dem B-Side Kultur e.V., und auch in der Geschäftsstelle der B-Side angestellt. Sie ist mitverantwortlich für das Festival und das Programm im B-Side Kultur e.V.

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