Wenn ein Wissenschaftler aus Münster die Leitungsposition in einer Forschungseinrichtung mit internationalem Ruf übertragen bekommt, sagt das auch viel über die Bedeutung des Wissenschaftsstandorts Münster aus. Am 1. Februar wird Prof. Dr. Thorsten Kleine vom Institut für Planetologie der Uni Münster hauptamtlicher Direktor der Abteilung für Planetenwissenschaften am renommierten Max-Planck-Institut (MPI) für Sonnensystemforschung in Göttingen.
Die Anfrage, ob er Interesse an der Stelle habe, erreichte den 49-Jährigen nach dem Tennistraining per Mail und traf ihn wie aus heiterem Himmel, wie er sagt: „Ich dachte erst, mein Gott, das kann ja gar nicht sein!“ Es folgte ein langwieriges Auswahlverfahren, an dessen erfolgreichem Ende schließlich der Ruf nach Göttingen stand. Dort wird Kleine seine Forschungen zur Entstehung unseres Sonnensystems fortsetzen, nur mit wesentlich umfangreicheren Möglichkeiten, „Das Max-Planck-Institut ist stark an zahlreichen Weltraummissionen beteiligt. Viele Instrumente, die sich aktuell an Bord von Weltraumsonden befinden, wurden vom MPI mitentwickelt und gebaut.“
Der gebürtige Dorstener hat zunächst in Münster Geologie studiert und ist hier hängengeblieben, wie er sagt, „Das war ein Riesenglück, meinem Doktorvater habe ich sehr viel zu verdanken!“ Nach der Promotion zog Kleine 2004 nach Zürich, um dort an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) zu arbeiten. 2009 erfolgte dann die Berufung an das Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität und damit die Rückkehr nach Münster.
Von besonderer Bedeutung ist für den Wissenschaftler das Untersuchen von Gesteinen aus den Tiefen des Weltalls, die auf der Erde in Form von Meteoriten gefunden werden. Diese sind sehr alt und meist in den ersten ein bis vier Millionen Jahren unseres Sonnensystems entstanden. Zum Vergleich: Wenn das Sonnensystem so alt wäre wie ein 80-jähriger Mensch, wären die Meteoriten etwa in den ersten ein bis drei Lebenswochen entstanden. Anhand sogenannter Isotopenuntersuchungen können Kleine und sein Team sowohl das Alter als auch die Herkunft der Meteoriten mit hoher Genauigkeit ermitteln.
„Es wird in Zukunft Untersuchungsmethoden geben, von denen wir heute nicht mal träumen“
Besonders fasziniert ist der Wissenschaftler allerdings von Materialien, die nicht auf der Erde gefunden sondern von Weltraummissionen zur Erde zurückgebracht wurden. „Das Gestein, das die amerikanischen Astronauten Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre vom Mond zurückgebracht haben, ist noch immer von unglaublicher wissenschaftlicher Bedeutung. Es gibt ja inzwischen Untersuchungsmethoden, die damals undenkbar waren und es können heute Fragen beantwortet werden, an die damals noch niemand gedacht hat. So wird es auch in Zukunft sein, es wird Untersuchungsmethoden geben, von denen wir heute nicht mal träumen.“ Aus diesem Grund stehen für die Wissenschaft verstärkt Missionen im Fokus, die nicht nur auf anderen Himmelskörpern landen, sondern danach gesammeltes Material zur Erde zurückbringen. „Unsere Isotopenuntersuchungen müssen unter extrem sauberen Bedingungen und mit hohem technischem Aufwand stattfinden, um genaue Ergebnisse zu liefern. Darum können solche Untersuchungen nicht ferngesteuert von den Sonden vor Ort vorgenommen werden“, wie Kleine erläutert. Eine solche Mission federführend leiten zu können, wäre für den Wissenschaftler ein Lebenstraum.
Ob der Wissenschaftler die Ergebnisse seiner Arbeit an solchen Weltraummissionen noch während seiner beruflichen Tätigkeit erleben wird, ist nicht unbedingt sicher, zu lange dauern die Vorbereitungen sowie der Hin- und Rückflug, „Das liegt in der Natur der Dinge bei solchen Missionen, wir arbeiten immer auch für zukünftige Generationen von Wissenschaftlern.“
Ziel der Arbeit von Prof. Dr. Thorsten Kleine und seinem Team ist, die Entstehung unseres Sonnensystems besser zu verstehen, „Nur wenn wir das verstanden haben, können wir erklären, warum die Erde so ist, wie sie ist, woher zum Beispiel das Wasser kommt. In Göttingen kann ich Ideen in einem großen Team umsetzen, der Kreativität ist dabei keine Grenze gesetzt und für diese Möglichkeit bin ich zutiefst dankbar! Viele wichtige Erkenntnisse, die wir bisher erlangt haben, waren so nicht vorhersehbar und manchmal dem Zufall geschuldet. Wissenschaft kann man nicht planen, vielmehr führt die Forschung an sich zu neuen und mitunter unerwarteten Entdeckungen.“
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