Er gehört zu den Klassikern in den sozialen Medien, der nächtlich kreisende Hubschrauber, der besorgte Menschen dazu bringt, in Facebook-Foren nachzufragen, ob andere ihn auch gehört hätten. Wenn demnächst nachts ein Propellerflugzeug in nur 500 Metern Höhe über die Dächer Münsters hinwegbraust, dürften sich solche Anfragen häufen. Dabei handelt es sich um eine Befliegung im Auftrag der Stadt und der Stadtwerke mit dem Ziel, ein lückenloses Wärmebild Münsters zu erstellen.
Stadtbaurat Robin Denstorff verdeutlicht, worum es dabei geht: „Wir wollen wissen, wie viel von der guten Wärme, die wir in den Gebäuden halten wollen, über die Dächer verloren geht“. Allerdings, so hebt Denstorff hervor, dürfe niemand „zwangsbeglückt“ werden, auch dann nicht, wenn es sich um wichtige Informationen handelt wie in diesem Fall. So werden nach der Wärmekartierung alle Hausbesitzer von der Stadt angeschrieben und darüber informiert, dass sie ihr individuelles Wärmebild erhalten können, wenn sie dies möchten. Eine ungewollte Zustellung im Sinne eines erhobenen Zeigefingers wird es nicht geben, wie der Stadtbaurat verspricht. Nachbargebäude werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu sehen sein. Sollte das eigene Dach auf dem Bild also in molligem Rot und Gelb schillern, sollte über eine energetische Nachbesserung nachgedacht werden.
Allerdings, so heben die Experten hervor, ist das Dach nur ein Teil des Gebäudes und selbst wenn dieses gut isoliert zu sein scheint, lohnt sich ein Blick auf die Fassade und vor allem auf Fenster und Türen. Dabei helfen Angebote der Verbraucherzentrale, die den interessierten Bürgern beim Interpretieren der bunten Wärmebilder helfen und erste Tipps für die Sanierung geben. Für 60 Euro kann das komplette Gebäude vom Keller bis zum Dach untersucht werden, um abzuklären, welche Sanierungsmaßnahmen sinnvoll sind. „Die Wärmebildaufnahmen sollen ein Aktivierungsinstrument sein, sollen sensibilisieren und eine Beratungskaskade auslösen“, erläutert der Stadtbaurat. Immerhin wurden über 70 Prozent der Wohnbebauung Münsters vor 1980 erbaut, hier sehen die Initiatoren ein großes Sanierungspotenzial.
Nicht nur die Stadt und die Hausbesitzer profitieren von der Aktion, auch die Stadtwerke erhoffen sich Aufschlüsse über den Zustand ihres Fernwärmenetzes. „Die klimafreundlichste Energie ist die, die gar nicht erst erzeugt wird“, betont der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stadtwerke Münster, Sebastian Jurczyk und fügt hinzu, dass alle vom Ausbau der regenerativen Energien sprechen würden, der Aspekt der Energieeinsparung dabei allerdings ebenso wichtig sei. Georg Reinhardt vom Amt für Grünflächen, Umwelt und Nachhaltigkeit verweist auf das Ziel, Münster bis 2050, möglichst jedoch bis 2030 klimaneutral dastehen zu lassen: „Etwa ein Drittel des Energieverbrauchs der Stadt geht in die Gebäudeheizung. Wir lassen die Bürger aber nicht alleine mit dem Thema, es gibt ein Fördervolumen von 4,5 Millionen Euro pro Jahr für energetische Gebäudesanierungen“.
Das zweimotorige Propellerflugzeug vom Typ Britten-Norman BN-2A-21 Islander erfasst bei seinen nächtlichen Befliegungen eine Fläche von 180 Quadratkilometern und legt dabei eine Strecke von insgesamt 880 Kilometern zurück. Drei bis vier Nächte benötigt das Team aus Pilot und Navigator dafür. Möglich ist dies allerdings nur, wenn die Temperaturen unter fünf Grad liegen, es weder zu windig noch zu nebelig ist und das Ganze in einem Zeitfenster zwischen zwei Stunden nach Sonnenuntergang und zwei Stunden vor Sonnenaufgang stattfindet. Die Maschine fliegt dabei in engen Linien hin und her, so dass das Brummen der Motoren am selben Standort in größeren Zeitabständen mehrfach zu hören sein wird. Mit frühzeitigen Hinweisen an die Bevölkerung und Ansprechpartnern bei der Stadt soll eventuellen Irritationen in der Bevölkerung entgegengewirkt werden, wie Denstorff erklärt. Bei ähnlichen Aktionen haben sich nach einer solchen Befliegung in anderen Kommunen die Beratungsanfragen zum Thema Gebäudesanierung mitunter verzwanzigfacht, „darauf sind wir vorbereitet“, wie Thomas Weber von der Verbraucherzentrale erklärt.
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