
Rund 5.000 Menschen versammelten sich am Freitag auf dem Domplatz, um mit einer letzten großen Demo vor der Bundestagswahl vor einem drohenden Wahlerfolg rechter Parteien in Deutschland zu warnen. Zur Demonstration aufgerufen hatten das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ und weitere Institutionen. Alle Rednerinnen und Redner vereinte die Sorge um den Zustand der Demokratie und der Vielfalt in unserer Gesellschaft.
Zum Auftakt wurde zu einer Schweigeminute für die Opfer des rechtsextremistischen Terroranschlags in Hanau vor fünf Jahren und der Opfer des islamistischen Anschlags in München vor anderthalb Wochen aufgerufen. Organisator Carsten Peters vom „Keinen Meter“ Bündnis verwies im Anschluss darauf, dass die Jugendorganisationen einiger politischer Parteien die Veranstaltung zwar inhaltlich unterstützen, jedoch nicht teilnehmen. So sollte vermieden werden, dass auf der Bühne Wahlkampf betrieben wird.

Peters machte in seiner anschließenden Rede deutlich, dass der Protest gegen Rechts wichtiger sei denn je: „Es geht nicht nur um eine weitere Wahl, es geht um die Zukunft der Demokratie und die Freiheit in diesem Land.“ Er warnte davor, dass demokratische Parteien zunehmend rechte Inhalte aufnähmen und betonte, dass sich die Zivilgesellschaft weiterhin entschieden gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit stellen müsse. Zudem verwies er auf den Anstieg rechter Gewalt und rief dazu auf, gemeinsam und lautstark für eine pluralistische Gesellschaft einzutreten.
Stellung beziehen gegen rechte Hetze
Annika Frieler und Roman Saalfeld vom Jugendrat der Stadt Münster legten in ihren Reden Wert auf das Verbindende unter Demokraten. Auch würde es den beiden Hoffnung machen, dass sich so viele Menschen auf dem Domplatz zusammengefunden haben, um für die Demokratie einzustehen. Ihr Schlusssatz „Wenn wir erwachsen sind, wollen wir noch immer in einer Demokratie leben“, sorgte für anhaltenden Applaus unter den Zuschauerinnen und Zuschauern.
Ilona von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) erinnerte an die Verantwortung aus der Geschichte: „Wenn die Menschen verstummen, die gegen rechte Hetze Stellung beziehen, bleibt nur noch die rechte Hetze.“ Sie kritisierte die Normalisierung rechtsextremer Positionen in den Medien und die Zusammenarbeit demokratischer Parteien mit der AfD. Die Debatte um Migration diene laut Ilona zunehmend dazu, von sozialen Problemen wie der Wohnungsnot oder der Klimakrise abzulenken. „Unsere Demokratie steht an einem Kipppunkt, und viele haben noch nicht begriffen, wie gefährdet sie gerade ist“, mahnte sie.
Shouresh Shakibapour und Olaf Götze von der Iran-Solidarität Münster mahnten, dass Abgeordnete der AfD nicht über das Parlament Zugang zu den Diktatoren dieser Welt bekommen dürften. Kritisch bewerteten sie zudem die Tatsache, dass Deutschland unverändert der wichtigste europäische Handelspartner des Regimes im Iran sei und auf diese Weise deren menschenverachtende Politik finanziere. Mit anderen Rednerinnen und Rednern der Veranstaltung waren sich die beiden einig, dass es nicht ausreiche, auf Demos zu gehen, sondern dass man sich auch engagieren müsse.
Auch Stewie vom Recherche- und Protestkollektiv „Busters“ fand klare Worte: „Der Zug fährt mit voller Wucht gegen die Wand.“ Er warnte davor, dass der antifaschistische Minimalkonsens in der Gesellschaft schwindet und rechte Positionen inzwischen auch in bürgerlichen Parteien vertreten werden. „Vor einigen Jahren ging es noch darum, rechtsextreme Positionen nicht salonfähig zu machen. Das ist längst nicht mehr Thema“, stellte er fest. Sein Appell war deutlich: Man dürfe nicht nur bei der Wahl ein Zeichen setzen, sondern müsse im Alltag, im Verein oder in der Familie Haltung zeigen.
Jan Mittelstaedt vom CSD Münster betrachtet die bevorstehende Bundestagswahl als eine der wichtigsten der letzten Jahre, die demokratischen Werte stünden hier auf dem Spiel. Parallel zur Zunahme rechtsextremer Angriffe gegen Menschen mit Migrationserfahrung, nehmen auch Gewalttaten gegen die queere Community zu. Mit Sorge betrachtet Mittelstaedt zudem die Entwicklungen in den USA, in denen die Rechte queerer Menschen zunehmend eingeschränkt werde. Der Vorsitzende des CSD appelliert abschließend für eine starke Demokratie in bunter Vielfalt.
Zwischenfall verlief ohne Probleme
Der Integrationsrat war vertreten durch seine Vorsitzende Maria Salinas. In ihrer Rede, die immer wieder von Applaus unterbrochen wurde, warnte sie davor, Menschen mit Migrationserfahrung für alle Probleme in Deutschland verantwortlich zu machen. Eindringlich zog sie Parallelen zwischen der Stigmatisierung der Juden durch die Nationalsozialisten und dem Versuch heutiger rechter Kräfte in Deutschland, Menschen mit Migrationserfahrung zu kriminalisieren.
Zu Beginn der Demonstration kam es zu einem Zwischenfall, als ein Mann von der Polizei angesprochen wurde, der sich am Rande der Veranstaltung auffällig verhalten hat. Die Person trug ein Brotmesser bei sich, das die Beamten ihm abnahmen. Der Mann, der laut Polizeisprecher Niklas Preuth „polizeibekannt“ sei, wurde in Gewahrsam genommen. Eine Gefahr für die Veranstaltungsteilnehmer hätte laut Polizei nicht bestanden.
Die Demonstration reiht sich in eine Welle bundesweiter Proteste ein. Laut den Veranstaltern haben in den vergangenen Wochen mehr als 1,25 Millionen Menschen gegen den Rechtsruck demonstriert. In Münster wurde ein starkes Zeichen gesetzt: „Alle zusammen gegen den Faschismus“, so lautete der abschließende Ruf der Menge.
(Update, 23:57 Uhr) – Organisator der Demo war das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ Münster. Wir haben zudem die Namen der Sprecherinnen und Sprecher von der Iran-Solidarität Münster Shouresh Shakibapour und Olaf Götze ergänzt, sowie den Namen des Polizeisprechers.
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