Was war da los? Die Frage stellten sich wohl diejenigen, die am Donnerstagabend im Umfeld der Halle Münsterland unterwegs waren. Dreieckshüte, Warnwesten und Verkleidungen in Neonfarben säumten das Straßenbild. Ist schon wieder Karneval? Weit gefehlt, die Antwort lautet schlicht und einfach: Deichkind sind in der Stadt.
Trinklieder und Sozialkritik
„Verkauf das letzte Hemd für die Karten vom Konzert, alle woll’n den Abriss, gefedert und geteert. Wir haben euch vermisst, es ist viel zu lange her, die Show kann jetzt beginnen und alle nur so, Yeah!“ – So donnerte es um 20:40 der ausverkauften Halle Münsterland entgegen, die Marschrichtung war damit klar und der Abend eigentlich schon zu Beginn bestens zusammengefasst. „So ’ne Musik“, ja aber was für eine Musik eigentlich? Musikalisch lässt sich Deichkind kaum in eine Schublade stecken, Elektro-HipHop-Punk? Lustige Sauflieder wie „Hört die Signale“ stehen textlich nett verpackter Sozialkritik bei „Like mich am Arsch“ gegenüber, partytauglich und abwechslungsreich. Eines aber eint alle Songs – Ein dicker, fetter Beat und ausgefeilter Sprechgesang.
Alles ist irgendwie anders bei Konzerten von Deichkind. Das Publikum scheint verrückter, auf eine Vorband verzichtet man zugunsten eines Potpourris aus HipHop-Videos auf einer Leinwand und eine Sache ist omnipräsent: Das Tetraeder! Pyramidenförmige Hüte wohin das Auge blickt, ein Markenzeichen der Band, wohl seit dem 2012er-Album „Befehl von ganz unten“. Auf der Bühne alles aufgeräumt und stylish clean. Das Bühnenbild präsentiert sich flexibel, Quader und Würfel verändern immer wieder ihre Positionen und Farben und bringen so eine ganz eigene Dynamik in die Kulisse. Einen Hang zur Geometrie können Deichkind nicht leugnen. Bewegung, Beleuchtung, dicker Sound – ein Feuerwerk für alle Sinne.
HipHop als Allzweckwaffe
Der Abend ist eine Reise durch die bassgewaltige Geschichte von Deichkind. „Bon Voyage“, „Bück dich hoch“ oder die Songs des neuen Albums „Niveau Weshalb Warum“ lassen das Publikum kaum zu Atem kommen. Schon seit 2008 dabei, bekommt ein prominentes Bandmitglied auf dem Album und auch live seine ganz besondere Widmung. „Wir haben Ferris, was habt ihr?“, würdigt man den „Ol‘ dirty Bastard“ des deutschen HipHop als Allzweckwaffe. Zu Recht anscheinend, das Publikum tobt. Die Allzweckwaffe darf dann auch gleich noch einmal abfeuern und trifft mit dem Afrob & Ferris MC Klassiker „Reimemonster“ direkt ins Mark. Guter HipHop wird wohl niemals an Aktualität verlieren, haben doch die meisten Anwesenden noch nicht einmal an Musik gedacht, als dieser Track 1999 veröffentlicht wurde.
Fette Bilder zu fetten Beats findet ihr hier.
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