Vor einem Jahr war die neuartige Lungenkrankheit in China noch namenlos und nicht mehr als eine Randnotiz in den Tageszeitungen. Spätestens als Ende Februar der Krisenstab der Bundesregierung zum ersten Mal tagte und wenig später die dramatischen Bilder aus Italien um die Welt gingen, war klar, dass dieses Jahr anders werden würde, als die meisten es sich vorgestellt haben. Heute, am letzten Sonntag dieses seltsamen Jahres, fällt in Münster der Startschuss für das Impfprogramm gegen Covid-19, auf das viele Menschen große Hoffnungen setzen, das manche aber auch mit Skepsis betrachten.
Eine der ersten Münsteranerinnen, die den neuen Impfstoff erhalten haben, ist Maria Nienhaus, sie kann diese Skepsis nicht verstehen. „Wenn wir nicht durchgeimpft werden, werden wir das Virus auch nicht los!“, ist sich die 101-Jährige sicher, sie lässt sich schon seit Jahren regelmäßig gegen Grippe impfen, „da gibt es auch ein Risiko.“ Der kleine Piks in den Oberarm lässt die Seniorin nicht mal mit der Wimper zucken. Auch der 88-jährige Josef Weidner, der nach ihr das Impfserum erhält, kann nicht verstehen, dass so viele Menschen Angst vor der Impfung haben. „Von unseren 80 Bewohnerinnen und Bewohnern wollen sich 95 Prozent impfen lassen“, berichtet die Leiterin des Johanniter-Stifts, Christiane Schiedel, auch unter der Belegschaft sei die Impfbereitschaft groß, wie sie betont, 85 der rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten den Impfstoff verabreicht bekommen. Jeder Impfwillige hat zuvor ein Informationsblatt erhalten, das unterschrieben beim Impftermin vorliegen muss, „wenn es weiteren Gesprächsbedarf gibt, kommt ein Arzt vorbei und klärt alle offenen Fragen“, wie Schiedel berichtet.
Einer dieser Ärzte ist Dr. Peter Münster, Hausarzt und medizinischer Leiter des Impfzentrums, er hat Maria Nienhaus das Impfserum verabreicht. Während die mobileren Bewohnerinnen und Bewohner zu ihm und seiner Frau in den Behandlungsraum kommen, ist das Impfteam von Dr. Armin und Martina Schuster in der Einrichtung unterwegs, um auf den Zimmern zu impfen. „Der Impfstoff ist im aufgetauten Zustand sehr instabil, wir behandeln ihn wie ein rohes Ei. Selbst ein zu heftiges Hinstellen könnte die Wirksamkeit verringern“, erklärt Münster. Das sei auch der Hauptgrund dafür, weswegen es spezielle Impfzentren gibt und das Serum noch nicht wie bei der Grippeimpfung in der Hausarztpraxis verabreicht werden kann. Ein weiterer Grund ist die geringe Menge, die aktuell verfügbar ist. Sollten beide Probleme gelöst sein, wäre Münster dafür, dass im Sinne der Beschleunigung die Impfungen zukünftig auch in Arztpraxen durchgeführt werden können.
Auch wenn von der heutigen Impfung ein positives Signal ausgeht, sei die Corona-Lage unverändert schlecht, wie der Leiter des Krisenstabs, Wolfgang Heuer, betont. „Die Impfung ist die Spur, die uns aus der aktuellen Situation herausführen wird. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich aber trotzdem darauf einstellen, dass die erste Jahreshälfte noch stark unter dem Einfluss des Virus stehen wird.“ Heuer geht davon aus, dass sich der größte Teil der Bevölkerung impfen lassen wird und dass es eher Probleme mit dem Nachschub als mit der Impfbereitschaft geben wird, „Das wird eine Erfolgsgeschichte!“
Dirk Adorf von der Berufsfeuerwehr Münster sieht in dem heutigen Impfstart einen ersten Meilenstein in der Pandemie-Bekämpfung, der zweite wird die Inbetriebnahme des Impfzentrums sein, wie der 43-Jährige sagt, „Ich habe heute ein sehr gutes Gefühl, wir haben sehr viel Zeit damit verbracht, hierauf hinzuarbeiten.“ Besonders betont Adorf die gute Zusammenarbeit zwischen der Feuerwehr, der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und den Pflegeeinrichtungen, „Es ist toll, was die Pflegeeinrichtungen geleistet haben. Es wurden über 3000 Einwilligungen eingeholt und 1000 Impftermine festgelegt. Bis zum Jahresende werden wir 2000 Impfdosen abrufen.“
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