„Das Kreativ-Haus war immer mittendrin“

ALLES MÜNSTER-Redakteur Ralf Clausen im Interview mit Kreativ-Haus-Leiterin Anne von Papen. (Foto: ka)

Das Kreativ-Haus feiert heute ab 15.30 Uhr mit einer kleinen Feier (bei freiem Eintritt) sein 40-jähriges Bestehen. ALLES MÜNSTER hat dazu mit der Leiterin Anne von Papen gesprochen.

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Das Kreativ-Haus feiert seinen 40. Geburtstag, wurde also 1977 gegründet, und zwar von einer „Stadtteil-Initiative“, sofern ich mich richtig erinnere?
Eigentlich waren es Studenten, die eine andere Art von Weiterbildung wollten. Das mit der Stadtteil-Initiative lief später parallel, weil es eine Städtebauförderung vom Land gab. Dadurch konnte das Haus Anfang bis Mitte der 1980er komplett umgebaut werden, zu einem soziokulturellen Stadtteilzentrum. Das war und ist aber offen für alle Münsteraner und Münsteranerinnen und für alle Altersgruppen. Das Ziel war eine alternative Form der Weiterbildung. Die war in den 70er Jahren noch sehr konventionell. Das Kreativ-Haus hat versucht, Weiterbildungsangebote zu schaffen, die mehrdimensionaler waren. Also nicht nur Frontalunterricht in den Sprachkursen, wie damals im Schulunterricht. Das Kreativ-Haus hat die Sprachvermittlung mit dem Eintauchen in die Kultur verknüpft. In den Anfängen hat man sich sogar privat getroffen, um französisch zu kochen, nicht nur um die Sprache zu lernen.

(Foto: ka)

Das ist ja inzwischen fast normal geworden…
Die konventionelle Weiterbildung hat das peu à peu übernommen. Was heute selbstverständlich ist, entstand erst Ende der 70er bis Mitte der 80er-Jahre.

Das Kreativ-Haus war also ganz vorne mit dabei, das zu prägen und mitzugestalten?
Eigentlich immer. Wenn es einen Slogan gibt, der richtig zum Kreativ-Haus passt, dann ist es „mittendrin“. Das Kreativ-Haus war immer mittendrin, wenn es um gesellschaftliche Entwicklungen ging, um Erneuerungen. Ein Beispiel ist das Thema Flüchtlinge, das etwa seit zwei Jahren sehr präsent ist. Wir hatten schon vorher das erste Theaterprojekt mit jungen Münsteranern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund angeboten. Das Projekt heißt „Herkunftsgeschichten“ und läuft bereits im vierten Jahr sehr gut. Ein anderes heißt „Bildungsbeziehungen“. Dabei geht es darum, die drei Bereiche zusammenzubringen, die sich mit der Integration von Flüchtlingen beschäftigen, nämlich Weiterbildung, ehrenamtliche Hilfe und Sozialarbeit. Das wird auch vom Land unterstützt.

Was hat sich für das Kreativ-Haus seit den Anfangsjahren geändert?
Es haben sich natürlich die Strukturen innerhalb des Hauses geändert. Ende der 70er-Jahre war es noch sehr basisdemokratisch organisiert, da hatte der Zivildienstleistende oder der Praktikant das gleiche Stimmrecht wie die Leitung. Es gab keine Form von Hierarchie. Dafür gab es einmal pro Woche eine Versammlung, bei der die Entscheidungen von allen zusammen getroffen wurden. Mitte der 1980er ist eine neue Generation ins Haus gekommen, die dann andere Leitungsstrukturen entwickelt hat, mit denen wir heute noch arbeiten. Jeder der drei Bereiche hat jetzt eine eigene Leitung, also Jugendkunstschule, Theaterbühne und Weiterbildung. Wir arbeiten aber eng zusammen, die Leiter setzen sich einmal wöchentlich zusammen und treffen Entscheidungen über Investitionen oder Stellenbesetzungen.

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Apropos Stellen – wie viele Menschen arbeiten im Kreativhaus?
Acht Festangestellte, wir haben mehrere 450 Euro-Stellen und Honorarkräfte sowie zwei FSJ-lerinnen. Dazu kommen noch die Dozenten, die auch auf Honorarbasis arbeiten. Wir haben einen Pool von fast hundert Kursleiterinnen und Kursleitern.

An wen richtet sich das Kursangebot? Ist es eine Konkurrenz beispielsweise zur Volkshochschule?
Natürlich gibt es immer eine gewisse Konkurrenz, es gibt aber auch viel Zusammenarbeit. Wir kooperieren in der Weiterbildungsoffensive der Stadt Münster, in der wir uns mit den anderen Bildungsträgern austauschen. Mit dem Kursangebot decken wir alle Altersstufen ab. Das geht mit einem Jahr los, mit Eltern-Kind-Kursen oder der Musikalischen Früherziehung. Und unsere älteste Teilnehmerin ist Anfang 80, sie besucht einen Tanzkurs. Bei der Jugendkunstschule freut uns, dass teilweise schon die zweite oder sogar dritte Generation teilnimmt. Eltern melden ihre Kinder für Kurse an, die als Kinder hier selbst Theater gespielt oder in der Hofwerkstatt Kunst gemacht haben. Das geht also schon über Generationen und macht uns sehr stolz.

(Foto: ka)

Was genau ist das Konzept der Jugendkunstschule?
Wir vermitteln kulturelle Bildung, und zwar in verschiedenen Sparten. Wir bieten Ferienprojekte und Workshops an, zum einen Bildende Kunst in der Hofwerkstatt und in einem weiteren Atelier in der Bremer Straße. Es finden Theaterkurse statt und Musik ist ein großer Bereich – von Früherziehung bis zu Band-Projekten Außerdem ist in den letzten Jahren das Tanzen richtig groß geworden. In Kinderhaus bieten wir „Das alles ist Tanz“ an, da arbeiten Tanzlehrer von uns mit Schulen und Sportvereinen zusammen. Überhaupt kooperiert die Jugendkunstschule viel mit Schulen. An diesen zwölf Schulen sind wir für den Offenen Ganztag zuständig. Wir gehen mit unserem Kursbetrieb dorthin und tragen so unsere Kursangebote zu Zirkustechniken, Theater oder Bildende Kunst in die Schulen.

Das Kursangebot ist also viel größer als das, was hier im Kreativ-Haus selbst stattfindet?
Ja, das überrascht sogar uns Insider manchmal. Und dann fragen wir uns, wie wir das mit so wenig Leuten alles stemmen.

(Foto: ka)

Was dürfen wir bei der Geburtstagsfeier heute erwarten?
Es wird Hausmusik geben, vor allem von Musikern, die bei uns unterrichten. Es wird ein kurzer Film gezeigt und eine Ausstellung eröffnet. Das Wichtigste ist uns aber, mit den Wegbegleitern und mit Menschen, die mit uns verbunden sind, einen schönen Nachmittag zu verleben. Es gibt auch leckeren Kuchen. Wir wollen vor allem feiern. Das Jubiläumsjahr mit ganz vielen besonderen Veranstaltungen liegt jetzt hinter uns.

Welche Veranstaltung ist besonders hervorzuheben?
Wir hatten jeden Monat mindestens eine besondere Veranstaltung auf dem Plan. Für mich waren zum Beispiel die Abende mit Tina Teubner oder mit der Musikkabarettistin Anna Mateur aus Dresden sehr schön. Und im Rahmen des 4telfests in Mauritz West hatten wir im ganzen Haus Stände von bildenden Künstlern, die ihre Werke auch verkauft haben. Am Abend gab es sogar eine Versteigerung und eine Performance unter der Leitung von Wilko Franz. Außerdem fand im Juli der Jugendkunstschultag NRW, eine landesweite Fachtagung, bei uns im Kreativ-Haus statt. Und im Februar gab es das erste Münster Barcamp für Kreative, Onliner, Kommunikatoren und Stadtentwickler. Das soll am 2. und 3. Februar 2018 unter dem Namen „MSCamp18“ bei uns fortgesetzt werden.

(Foto: ka)

Was war Ihr persönlicher Höhepunkt, seit Sie vor 17 Jahren die Leitung des Kreativ-Hauses übernommen haben?
Das war vor vier Jahren das 100-jährige Bestehen des Hauses, es ist ja 1913 gebaut worden, was draußen ziemlich deutlich zu lesen ist. Das hat einige Menschen irritiert, die sich über den 40. Geburtstag gewundert haben, weil sie sich an das 100-jährige Jubiläum des Hauses erinnern konnten. Da hatten wir eine Lichtinstallation gemacht, mit Fotos aus der Geschichte von Münster und der des Kreativ-Hauses. Das Arbeiten mit vielen Menschen, die hier Kunst machen oder Kurse leiten, ist eigentlich das Besondere, das mich immer wieder berührt.

Auf welche Höhepunkte dürfen wir uns als nächstes im Bühnenprogramm freuen?
Das nächste ist der ka­ba­ret­tis­tische Jahresrückblick „Storno – Die Abrechnung 2017“, für das wir Veranstalter sind. Das geht am 9. Dezember im H1 los. Und dann arbeiten wir gerade am Veranstaltungsprogramm für unsere Bühne im Haus für das erste Halbjahr 2018. Neu ist, dass wir mit „Local Ticketing“ zusammen arbeiten. Dort kann man ab Januar online Tickets für Bühnenveranstaltungen im Kreativ-Haus kaufen.

Weitere infos über das Kreativhaus und sein Programm unter kreativ-haus.de

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