Wer dieser Tage in das Labor für Lebensmitteltechnologie der FH Münster kommt, dem strömt ein besonderer, ungewohnter Geruch in die Nase: einer nach Mehlwürmern und Heuschrecken. Es ist nicht der typische Duft einer Mahlzeit, das gibt auch Bernard Tiencheu zu. Und doch forscht der promovierte Biochemiker daran, die Nährstoffe in den kleinen Tieren für den menschlichen Konsum zu erhalten.
„Insekten enthalten neben hochwertigem Protein auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Die reagieren allerdings sehr anfällig auf Licht, Sauerstoff und Hitze“, erklärt der Kameruner. Je nachdem, wie man etwa Mehlwürmer zubereitet, gingen mehr oder weniger dieser Fette verloren.
Seit zwei Monaten ist das Labor am Fachbereich Oecotrophologie – Facility Management sein Arbeitsplatz. Der Forscherdrang hat den Gastwissenschaftler von der Universität Buea im Südwesten Kameruns 5.300 Kilometer zurücklegen lassen. Ganz besonders freut es Tiencheu, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und The World Academy of Sciences for the Advancement of Science in Developing Countries (TWAS) seinen Aufenthalt fördern.
Prof. Dr. Guido Ritter begleitet den 38-Jährigen bei seinen hochspezialisierten Fettanalysen und ergänzt sie um weitere lebensmitteltechnologische und sensorische Aspekte. Was passiert mit den Fetten, wenn man Mehlwürmer gefriertrocknet oder anbrät? Was, wenn man sie nur in der Sonne dörrt? Das Ziel: das nährstoffschonendste Verfahren zu identifizieren. Kollegialen Austausch pflegt Tiencheu auch mit der Biochemikerin Prof. Dr. Ursula Bordewick-Dell vom Fachbereich, mit dem Lipidforscher Dr. Bertrand Matthäus vom Max-Rubner-Institut in Detmold und mit Prof. Dr. Andreas Hensel vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie der Universität Münster.
„In Kamerun ist es verbreitet, Mehlwürmer und Heuschrecken zu essen“, erzählt Tiencheu. Früher oder später werden sich Insekten als Lebensmittel auch in Europa durchsetzen, ist Ritter überzeugt. „Wenn wir die Ernährung in Zukunft sichern wollen, werden wir ohne globale Perspektiven nicht weiterkommen. In anderen Erdteilen gehören Insekten ganz selbstverständlich zum Speiseplan“, sagt der Ernährungswissenschaftler. „Sie sind als wertvolle Nährstofflieferanten eine gute Alternative.“ Ihre Zucht ist deutlich umweltfreundlicher als das Fleisch aus konventioneller Säugetierhaltung. Seit Anfang des Jahres 2018 gilt in der EU die Novel-Food-Verordnung: Sie macht eine Zulassung von Insekten als Lebensmittel möglich.
Über das Internet ist Tiencheu auf die weit entfernte Hochschule in Münster gestoßen. Ute Krützmann, am Fachbereich Oecotrophologie – Facility Management zuständig für Internationales, hatte seine Bewerbung erhalten. Seitdem begleitet sie den englischsprachigen Wissenschaftler durch alle organisatorischen Fragen. „Durch solche Forschungskooperationen können wir uns mit dem Wissen in der Welt vernetzen“, sagt Krützmann. Auch die Studierenden profitierten von dem Gast, er ist in die Lehre eingebunden.
Wenn Bernard Tiencheu am 20. Dezember nach Kamerun zurückfliegt, wird er nicht nur Weihnachtsgeschenke aus Münster für seine Familie im Gepäck haben, sondern auch wertvolle Erfahrungen an seine Universität mitnehmen. „Ich habe hier eine fantastische Ausstattung vorgefunden und erlebe einen sehr guten fachlichen Austausch.“
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