Stephan Deitmer geht es gut, letzte Woche sah das allerdings noch anders aus. „Ich hatte am Montag Fieber und Husten, war dann beim Arzt und wurde krankgeschrieben“, erinnert sich der 55-Jährige. Zuhause lag Deitmer dann noch zwei Tage mit 38,5 Grad Fieber im Bett, hatte zwischendurch Schüttelfrost und war schlapp, „danach ging es mir aber sehr schnell wieder besser“. Für seinen Arzt und auch für Stephan Deitmer war die Sache klar: „Wir haben das zunächst für eine normale Grippe gehalten, weil ich zu dem Zeitpunkt auch gedacht habe, dass ich zu niemandem Kontakt gehabt hätte, der Corona hat.“
Deitmers Frau Susanne hatte allerdings ein ungutes Gefühl, am Sonntag hat sich Stephan Deitmer testen lassen. Montagmorgen kam dann das Ergebnis: COVID-19. Mit dem positiven Ergebnis von der Uniklinik begann dann auch die Quarantäne, für beide. „Von einigen Leuten, die ich am Samstag davor noch getroffen habe, waren zwei infiziert. Ich habe mich wohl über den Weg angesteckt“, vermutet Deitmer. Obwohl sich beide inzwischen topfit fühlen, wie sie sagen, müssen sie nun das Haus hüten. Wie lange die Quarantäne andauern würde, war zunächst unklar: „Erst hieß es, bis zum 29. März, weil von dem Tag an gerechnet wurde, an dem ich angefangen habe, mich schlecht zu fühlen“, berichtet Deitmer. Später kam dann die Info, dass ab dem Tag der Feststellung der Corona-Erkrankung gezählt wird, also ab Sonntag. Dadurch hätte sich die Quarantäne um rund eine Woche verlängert, eine frustrierende Nachricht für die beiden. „Es geht uns ja gut, wir messen regelmäßig zwei bis drei Mal am Tag die Temperatur, es ist alles völlig normal“, berichtet Susanne Deitmer. Die 54-Jährige hat bislang keine Symptome, obwohl beide zusammen in Quarantäne sind: „Ich bin topfit, fühle mich sehr gut. Ich habe extra bei der Uni angerufen und gefragt, ob ich getestet werden muss. Aber nein, nur wenn ich Symptome zeige.“
Die Quarantäne können die beiden bis jetzt ganz gut ertragen. Stephan Deitmer kann etwas Home-Office machen, allerdings nicht den ganzen Tag über. Das Steuerbüro, in dem er arbeitet, hat nicht genügend Home-Office Lizenzen. „Das Upgrade ist ausverkauft. Also quasi wie Klopapier, man kann kein Update durchführen“, wundert sich Deitmer. „Wir haben nur fünf Arbeitsplätze und würden gerne auf zwanzig aufstocken, bekommen die Software aber erst am 6. April“. Jetzt wechselt er sich zeitlich mit seinen Kollegen ab, um zum Beispiel E-Mails zu beantworten. Gerade jetzt melden sich viele Unternehmer in Deitmers Büro, bei denen es zum Teil um die Existenz geht.
Obwohl das Ehepaar Deitmer die Wohnung nicht verlassen darf, reichen die Vorräte noch. Kurz vor Beginn der Quarantäne gab es noch einen Großeinkauf, „Bis zum Wochenende läuft das noch, dann brauchen wir Unterstützung. Dann kauft Susannes Schwester für uns ein, auch Nachbarn. Ich mache mir keine Sorgen, dass wir verhungern!“, sind sich die Beiden sicher.
Den ganzen Tag in den eigenen vier Wänden zu verbringen, fällt den beiden noch relativ leicht. Manches fehlt aber doch: „Ich vermisse die Bewegung draußen. Es ist ein Unterschied, ob ich selber sage, dass ich nicht rausgehe zum Laufen oder ob man mir sagt, dass ich nicht rausgehen darf. Ich habe keine Symptome, von daher kann ich das manchmal ganz schlecht für mich akzeptieren, aber ich muss es!“, sagt Susanne Deitmer. Sie macht Yoga und hat ihre Nähmaschine wieder rausgeholt, die seit Jahren nicht mehr in Gebrauch war.
Einen Tipp hat das Quarantäne-Ehepaar und wird plötzlich ernst: „Es wird so viel Mist im Internet zum Thema Corona geschrieben. Man sollte sich wirklich nur das ansehen, bei dem man davon ausgehen kann, dass es auch stimmt. Die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensender, das sollte man sich anschauen, und nicht irgendeinen Mist von irgendwelchen Typen, die meinen, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen. Das macht die Leute krank und verrückt!“
Auch wenn Stephan Deitmer relativ glimpflich durch die Erkrankung gekommen ist, warnt er davor, COVID-19 zu verharmlosen: „Man muss das schon ernst nehmen. Man muss sehen, dass man wieder gesund wird und dass man sich zuhause schont. Klar, wenn man viel liest, bekommt man auch Angst, wie das mit der Wirtschaft weitergeht. Alle machen sich da Gedanken, aber trotzdem sollte man immer den gesunden Menschenverstand walten lassen.“
Susanne und Stephan Deitmer hoffen, dass die Corona-Pandemie auch etwas in der Gesellschaft verändert: „Man sieht ja jetzt, wie sehr wir auf bestimmte Bereiche angewiesen sind, auf Verkäufer oder das Pflegepersonal zum Beispiel. Ich hoffe, dass das jetzt auch bei allen angekommen ist, und dass das hinterher auch entsprechend honoriert wird. Man redet ja schon seit Jahren davon, dass es für diese Berufsgruppen mehr Gehalt geben soll, vielleicht ist dies der endgültige Auslöser, dass da was passiert.“
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