Auch wenn es ihr von außen überhaupt nicht anzusehen ist: die Halle Münsterland ist schon eine alte Dame. Am Sonntag feierte sie ihren 90. Geburtstag, und fast 4.000 Gäste kamen zu der Party. Wobei nicht immer zu erkennen war, wem eigentlich die Ständchen galten, die auf der Bühne der Großen Halle gegeben wurden. Dort gab es nämlich Rock mit der Band „Drive Darling“ oder Pop mit einem ordentlichen Schuss Soul von der heimischen „Voice of Germany“-Teilnehmerin Alegra Weng. Viel besser zu einem so hohen Geburtstag und dem dazu servierten Kaffee und Kuchen passten aber die Gospel- und Pop-Songs vom Jungen Chor Münster. Viele Besucher schlenderten dabei ganz zwanglos durch die Hallen, betrachteten die Ausstellung zu ihrer Geschichte oder drängelten sich um einen Platz bei einer der begehrten Führungen hinter die Kulissen.
Dass gerade diese Einblicke so begehrt waren, hat wohl manche der gut 50 Angestellten des Messe- und Congress-Centrums Halle Münsterland überrascht. Schließlich ging es ja „nur“ um ihren alltäglichen Arbeitsplatz. Aber sie reagierten flexibel und erhöhten einfach die Zahl der Durchläufe. Und wohl niemand wird die Teilnahme daran bereut haben, selbst wenn dabei weite Wege zu gehen waren. Aber auch das gehört zum Alltag der Mitarbeiter, wie Dr. Maxi Schneider auf einer der Führungen erzählte: im Schnitt läuft hier jeder Mitarbeiter acht Kilometer auf einer Schicht, bei der Kegelparty können es sogar schon mal 20 Kilometer werden. Überhaupt wusste die Projektleiterin für Tagungen und Kongresse beim Rundgang viel über die Halle und ihre Geschichte zu erzählen. Bildhaft beschrieb sie, mit welchem Aufwand für die alljährliche Show von „Holiday On Ice“ die große Eisfläche geschaffen und hinterher wieder herausgebrochen wird, damit gleich anschließend Sand für die Reiter beim „K+K-Cup“ herangekarrt werden kann. Und sie zeigte, an welcher Stelle es für die Fahrzeuge mit dem Sand eng wird und wie dieses Problem gelöst wurde. Nämlich mit einer Grube, die an normalen Tagen mit Platten abgedeckt wird. An solchen Stellen ist eben doch zu merken, dass die ursprüngliche Halle Münsterland tatsächlich älter ist, als andere große Veranstaltungshallen in Deutschland: die Tore sind einfach nicht so hoch gebaut worden wie heute üblich.
Viele Räume sind nach dem Umbau 2009 neu gestaltet worden und sehen immer noch sehr modern aus, so wie der „Grüne Saal“, der eigentlich ziemlich weiß ist. Andere Teile sind noch fast im Original von 1926 erhalten, wie das Tonnendach mit den Holzrhomben über dem „Großen Saal“. Allerdings mussten daran für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg allerhand Kriegsschäden beseitigt werden. Das Holz dafür kam aus Bayern, eingetauscht gegen 120 Pferde aus dem Münsterland. Schließlich ist das Westfälische Pferdestammbuch auch heute noch ein Miteigentümer der Halle, ebenso wie die Vereinigungen der Rinder – und Schweinezüchter. Den größten Anteil hält jedoch die Stadt Münster mit 92 %, wie die Teilnehmer beim Rundgang erfuhren. Sie fragten auch danach, wieviele Zuschauer überhaupt in den Großen Saal hineinpassen. Oder wie hoch die Stromrechnung für all die Lampen wohl ausfällt. Viel wichtiger als all die Fakten war ihnen aber der Einblick in die Bereiche, die normalerweise kein Veranstaltungsbesucher zu sehen bekommt: die Garderoben, in denen sich schon Stars wie Udo Jürgens für ihre Auftritte vorbereitet haben. Die Regieräume, aus denen Licht und Ton für die Hallen gesteuert werden können – was allerdings kaum noch genutzt wird, weil die verschiedenen Veranstalter heute die gesamte Technik selbst mitbringen. Das Treppenhaus, das über und über mit Plakaten zu Veranstaltungen aus mehreren Jahrzehnten tapeziert ist. Und schließlich sogar Lagerräume, in denen endlos viele Kabel, Tische und Stühle auf ihren Einsatz warten. Selten allerdings wurden so viele Tische gleichzeitig gebraucht, wie bei einer BWL-Prüfung mit 1500 Studenten vor einigen Jahren.
So bekamen die Gäste bei der Führung hinter die Kulissen im Vorbeigehen mit, dass zum Geschäft der Halle Münsterland mehr gehört, als nur große Konzerte mit namhaften Interpreten. Messen und Kongresse, Parteitage und Betriebsfeiern, Lesungen und Bälle – die Bandbreite ist so groß wie die Vielfalt der sehr unterschiedlich großen Veranstaltungsräume. Nachdem sie ihre Backstage-Pässe wieder abgegeben hatten, besuchten die Teilnehmer der Führung den „Congress Saal“ mit anderen Augen. Nämlich mit dem Wissen, dass in den Ritzen der Bühne noch Konfetti vom Karneval herumliegt und sich unter der Decke irgendwo noch Luftballons verstecken. Das störte aber nicht beim Betrachten der Filmausschnitte von TV-Sendungen, die in den letzten Jahrzehnten aus der Halle Münsterland gesendet wurden, wie „Wetten, dass…“ oder das „ARD Wunschkonzert“. Und es störte schon gar nicht beim Poetry Slam-Wettbewerb, der erstmals auch dort stattfand. Viele stiegen vor dem Gehen noch in den Nightliner, der vor dem Eingang geparkt hatte. Wann hat man schon mal die Gelegenheit zu sehen, wie die Pop-Stars heutzutage zwischen den Konzerten reisen? Viele fanden es ernüchternd, denn nach all den großzügig bemessenen Räumen der Halle Münsterland war es in dem schwarzen Bus trotz gemütlicher Sitzecken erschreckend eng.
Mehr Bilder vom Geburtstag der Halle Münsterland findet ihr in unserer Fotostrecke.
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