Als „Professor Spaghetti“ war er 1998 einer der ersten Clinic-Clowns am UKM. Mittlerweile ist Christoph Gilsbach seit 18 Jahren einer der hellen Momente im Klinikalltag und erleichtert den Patienten ihren Aufenthalt. Ein Job mit Höhen und Tiefen, die es auszuhalten gilt.
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Seit 1998 sind Sie Clinic-Clown: Eine Berufsbeschreibung gab es dazu wohl eher nicht?
Nein, so einen Job findet man nicht beim Arbeitsamt. Die Clinic-Clowns sind alle ausgebildete Künstler. Ich habe an der Folkwang-Hochschule Pantomime studiert. Andere haben ihr Handwerk im Zirkus gelernt. Wieder andere waren auf der Schauspielschule bei großen Clowns. Die Grundidee: Was nutzen uns unsere großartigen medizinischen Fachdisziplinen, wenn dabei die Seele drauf geht? Die ist ja ganz wesentlich für die Gesundung verantwortlich. Das war die Geburtsstunde der Clinic-Clowns 1993. Ich bin dann fünf Jahre später dazugestoßen. Und es freut mich sehr, dass unsere Verantwortlichen den Wert dieser Arbeit schätzen – bei aller Hochleistungsmedizin, die hier parallel dazu abläuft.
Unter Clown stellt man sich erst einmal einfach „lustig sein“ vor…
Ich hab das mal die „Kunst des heiteren Augenblicks“ genannt. Ich muss bereit sein Persönliches loszulassen und mich den helleren Seiten des Lebens zuzuwenden. Durch Umdefinierung zum Beispiel: Sachen aus dem Zusammenhang herausnehmen und in einen heiteren, witzigen Zusammenhang bringen. Ein guter Witz entsteht dadurch, indem er die Leute auf den letzten paar Metern überrascht. Man guckt geradeaus und sieht dunkle Regenwolken und plötzlich kommt die Antwort mit einer gewissen Heiterkeit aus dem schönen wolkenlosen Himmel. Und wenn man dann noch ein paar kleine Kunststücke auf Lager hat wie Jonglieren oder Pantomime oder Musikinstrumente, das bereichert dann natürlich die Figur.
Gibt es Momente, in denen Ihnen das Spielen wirklich schwer gefallen ist?
Als meine Mutter kurz zuvor gestorben war, hatte ich am selben Tag einen Auftritt auf einem 70. Geburtstag. Was machst Du in so einer Situation? Auftritt absagen? Aber ich habe mich an einen guten Freund erinnert: Dessen Vater war gestorben und er hatte sich aber gleich am Tag danach mit mir abends in einer Kneipe verabredet. Und an dem Abend fragte ich dann: „Sag mal: dein Vater ist doch gestern (zögert) gegangen…?“ Und er antwortete nur: „Ja, alles in Ordnung. Ich hab ihn mitgebracht.“ Diese Bemerkung hat bei mir so viel in Bewegung gebracht! Es war nicht das schwarze Loch! Der Vater meines Freundes war nicht weg! Vielleicht hat er nur die Form geändert, die Materie…Das fand ich so einen tröstlichen Gedanken – der trägt mich auch heute noch!
Trägt man also die Menschen, die gegangen sind, im Herzen? Ist es das, was sie vermitteln in solchen Situationen?
Wenn es jemand hören möchte und die Ohren dafür offen hat – dann ja. Wenn man ein bisschen in Wahrnehmung geschult ist, sieht man schon, wer die Ohren dafür offen hat und wer zu ist. Da kommt jetzt wieder meine Mutter ins Spiel: An dem Abend als sie gestorben ist, wollte ich erst nach Hause gehen. Doch dann dachte ich: „Du könntest aber auch Deine Mutter fragen, was du machen sollst.“ Und ich sagte: „Mutti, ich muss mal eben mit dir sprechen. Du bist ja jetzt gegangen. Und ich hab jetzt hier zu arbeiten. Was rätst du mir?“ Was ich gehört habe, war: „Nur weil ich gegangen bin, brauchst du nicht in Tränen zu vergehen – mir geht es gut! Mach du einfach Deine Arbeit! Bring ein wenig Glück in diese Gesellschaft.“ Das fand ich eine große Befreiung!
Wieviel Lachen kann man im Schmerz?
Weinen, Trauer und Lachen sind Geschwister. Auf der einen Seite kann man total traurig sein und plötzlich in der nächsten Sekunde fängt man schallend an zu lachen. Oft muss man ja erst durch den Schmerz durch, um dann wieder die andere Seite zu sehen. Das kann sich von einer zur anderen Sekunde verändern und plötzlich hängt man im Lachen drin und hat die Trauer hinter sich gelassen.
Wenn Sie das Clownskostüm am Ende des Tages ausziehen, lassen sie solche Dinge dann hinter sich?
Ich tauche dann wieder in die normale Gesellschaft ein, ja. Es gibt natürlich Tage, da muss ich einfach anschließend spazieren gehen. Es gibt auch bestimmte Bereiche, die gehen mir auch nach achtzehn Jahren weiter unter die Haut. Es ist auch nach der langen Zeit keine Routine.
Das Interview führte Anja Wengenroth.
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