Clemensschwester Laudeberta van Hal war in der NS-Zeit ein kleines Rädchen im Getriebe, dessen Stopp Großes in Bewegung setzte. Sie leistete Widerstand gegen das sogenannte Euthanasieprogramm. Dieses sah die systematische Tötung von behinderten und kranken Menschen vor. Nach der Ordensfrau wurde nun ein Abschnitt des Aa-Uferwegs benannt.
Schwester Laudeberta, die als Johanna von Hal im niederländischen Groenlo geboren wurde und 1910 in den Orden der Barmherzigen Schwestern in Münster eintrat, arbeitete in der westfälischen Provinzialheilanstalt Marienthal, der heutigen LWL-Klinik Münster. In ihrer Funktion als Stationsleiterin kam sie an Informationen über die vom NS-Regime geplanten Deportationen. Diese gab sie unter hohem persönlichen Risiko – denn sie stand unter Beobachtung eines Spitzels – heimlich an den damaligen Bischof Clemens August Graf von Galen weiter. In der Folge hielt von Galen im August 1941 seine berühmte Predigt gegen das „Euthanasie“-Programm. Die Machthaber stoppten daraufhin die Aktion. Auch Angehörige sprach Schwester Laudeberta an und riet ihnen, ihre Patienten nach Hause zu holen.
Auf diesen mutigen und menschlichen Einsatz machten im vergangenen Jahr elf Unterzeichnerinnen und Unterzeichner aus der katholischen Kirche, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der Geschichtswissenschaft und der Stadtgesellschaft aufmerksam. Im März beschloss dann die Bezirksvertretung Münster-Mitte die Benennung des Fußwegs an der Aa zwischen Spiegelturm und Petrikirche als Schwester-Laudeberta-Weg. In dieser Woche segnete Bischof Dr. Felix Genn das entsprechende Schild.
Zivilcourage und Mut beispielgebend
Weshalb man die Idee parteiübergreifend mittrage, erklärte für die Bezirksvertretung Kai Meyer vor dem Esche: „Schwester Laudeberta war ein vergleichsweise kleines Zahnrädchen, das ins Stocken geriet. Das übertrug sich auf ein größeres, das dann seine Position nutzte.“ Es sei wichtig, solche gesellschaftlichen Beiträge sichtbar zu machen. Denn das könne ausstrahlen und ermutigen, negative Entwicklungen durch kleine Beiträge ins Stocken zu bringen. Schwester Laudebertas Handeln sei ein Beispiel dafür, „Werte zu vertreten und danach zu handeln“, ergänzte der neue LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann. Es sei ihr um Werte gegangen, die zeitlos und so auch heute noch gültig seien. Ihre Zivilcourage und ihr Mut seien beispielgebend nicht nur für Christen, sondern für alle Bürger, gegen Spaltung in der Gesellschaft vorzugehen, so Bischof Genn. Jeder könne etwas tun, damit Gesellschaft zusammenhält.
Die Enthüllung des neuen Straßenschildes, bei der auch viele Clemensschwestern anwesend waren, übernahm mit Johannes Balthesen ein Großneffe der Ordensfrau. Er schilderte seine Erinnerungen an „Tante Johanna“. Sie habe ihn ermahnt, sich immer gesellschaftlich zu engagieren. Ebenso habe sie ihm mit auf den Weg gegeben, dass es immer Menschen mit menschenfeindlichem Gedankengut geben werde, dem man entgegentreten müsse. Wie viele Menschen die couragierte Ordensschwester retten konnte, ist nicht bekannt. Laudeberta blieb nach dem Zweiten Weltkrieg in Marienthal. Sie starb 1971 im Alter von 84 Jahren und ist wie alle Clemensschwestern auf dem Zentralfriedhof in Münster begraben.